Hamburg. Seine Krimis mit Kommissar Dupin haben einen Stammplatz auf den Bestsellerlisten. Was Bannalec an der Bretagne fasziniert.
Seine Kriminalromane mit Kommissar Dupin haben einen Stammplatz auf den Bestsellerlisten, zehn Bände sind bislang erschienen. Doch Jean-Luc Bannalec, der eigentlich Jörg Bong heißt, erzählt nicht nur spannende Geschichten, vielmehr zeichnet er in seinen Büchern vielschichtige Bilder von Land und Leuten, vom Wesen der Bretagne, die ihm am Herzen liegt. Am 2. November eröffnet Bannalec das Hamburger Krimifestival.
Hamburger Abendblatt: Sie haben die Bretagne während einer Reise Anfang der 1980er-Jahre für sich entdeckt. „Liebe auf den ersten Blick“, haben Sie einmal gesagt. Was hat Sie denn sofort fasziniert?
Jean-Luc Bannalec: Immens vieles. Eigentlich alles, ausnahmslos. Zunächst der beinahe allgegenwärtige Atlantik, die Bretagne ist eine Halbinsel und besitzt, schritte man jede Bucht ab, rund 2700 Kilometer Küste – 2700 Kilometer unmittelbarer Kontakt mit dem Meer! Zudem zwei weitere bretonische Wunderdinge: Das außerordentliche Licht und die außerordentlichen Farben, beides einzigartig, das Natürliche wird übernatürlich. Die größten Maler haben sich in diese Lichtmagie verliebt.
Krimifestival: Bannalec schwärmt von Bretagne
Sie geraten ins Schwärmen …
Bannalec: Ein weiteres Faszinosum besteht in der Vielfalt der Natur, mal denken Sie, Sie seien am Mittelmeer, mal in der Karibik, in den schottischen Highlands, an südirischen Steilküsten … Es gibt traumhafte Strände, verwunschene Täler und Wälder, mystische Felsen, atemberaubende Fjorde … Dann natürlich die Geschichte, die Kultur und die Bretonen selbst, großartige Menschen. Nicht zuletzt ist die Bretagne ein kulinarischer Himmel auf Erden.
Dachten Sie eigentlich schon damals, dass Sie einmal über diese Region schreiben würden?
Bannalec: Nicht im Traum, nein. Meine Liebe zur Bretagne ist viel älter als Commissaire Dupin, Dupin ist eine Fügung dieser Liebe …
Klassische Krimis sind Bannalecs Leidenschaft
Jüngst ist mit „Bretonische Idylle“ der 10. Band mit Kommissar Dupin erschienen. Warum haben Sie 2012, als Sie mit „Bretonische Verhältnisse“ debütierten, überhaupt das Genre des Kriminalromans gewählt?
Bannalec: Eine ganz alte Leidenschaft von mir, ein echter Spleen: „klassische“ Krimis. Wie Agatha Christie, Patricia Highsmith, Raymond Chandler oder Sir Arthur Conan Doyle, vor allem mein größter Held: Georges Simenon. Seit ich 16 bin, lese ich sie rauf und runter. Die reine Leselust, eine Lesesucht: wunderbar! Ein ganz eigenes Glück. Und, auch, wenn es seltsam scheinen mag, aber sie machen mich ganz ruhig.
Was man nicht unbedingt von Krimis erwarten sollte …
Bannalec: An sich bin ich ein nervöser Mensch. Einen Krimi zu lesen hat dieselbe Wirkung auf mich wie ein langer Spaziergang am Meer. Eine Art Meditation. Und eines Tages habe ich festgestellt, dass es mir beim Schreiben genauso geht. Eine Form der Kontemplation geradezu.
Es gibt in der Bretagne ja eine Ortschaft
namens Bannalec. War sie Namensgeberin für Ihr Pseudonym?
Bannalec: Ja. Mein Sohn hatte die Idee. Wir fuhren da eines Tages vorbei.
"Ich bin der Bretagne verfallen"
Sie haben in der Bretagne eine Reihe bedeutender Auszeichnungen erhalten, die Verfilmungen Ihrer Romane laufen auch in Frankreich erfolgreich, Sie haben Bretonisch gelernt, einen Fotoband über die Bretagne herausgebracht – fühlen Sie sich als halber Bretone?
Bannalec: Diesen ehrenvollen Titel kann man sich nicht selbst verleihen, das dürfen nur die Bretonen tun. Ich kann nur eines sagen: Ich bin der Bretagne verfallen.
Es ist fast 40 Jahre her, dass Sie die Region erstmals besucht haben. Was hat sich seitdem an Ihrem Verhältnis zur Bretagne verändert?
Bannalec: Es hat sich Jahr für Jahr weiter intensiviert. Für mich ist die Bretagne ein Paradigma für das „Europa der Regionen“, das Europa der Differenzen, wie ich es mir vorstelle: eine starke lokale und regionale Identität, die zugleich dezidiert offen und europäisch ist. Nicht „identitär“, sondern in universellen Ideen und Werten begründet, in fundamentalen Bekenntnissen.
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Dupin ermittelt an faszinierenden Orten. Für die Region sind Sie auch eine Art touristisch-literarischer Botschafter, oder?
Bannalec: Ich schreibe über Orte und Dinge, die mich begeistern. Das ist das Kriterium. Nur aufrichtiges Schwärmen gilt. Meine Fiktion dabei ist: Die Bretagne ist der Autor, nicht ich. Ich bin ihre Schreibmaschine – die Bretagne tippt auf mir. Die Idee ist, so viel wie möglich von der Bretagne in die Bücher zu bringen. Deswegen schreibe ich die Bücher auch dort, weil ich die Bretagne sehen, hören, riechen und schmecken muss. Wenn ich andere Menschen mit der Begeisterung anstecken kann – umso besser.
Eröffnung 14. Hamburger Krimifestival mit Jean-Luc Bannalec und Joja Wendt, Di 2.11., 19.30, Kampnagel, Karten zu 25/21 Euro bei Heymann, in der Abendblatt-Geschäftsstelle, Gr. Burstah 18-32 und unter der Abendblatt-Tickethotline 040/30309898; www.krimifestival-hamburg.de