Hamburg. Seemannslieder und maritime Folklore: Der legendäre Schlagersänger wurde in einer Bar in St. Pauli entdeckt. Über seinen Werdegang.
Wohl kein anderer Künstler hat die Sehnsucht nach der Ferne und das Gefühl von Heimweh für die Deutschen in der Nachkriegszeit so verkörpert wie Freddy Quinn. Maritime Folklore und wehmütige Lieder über einsame Seefahrer wurden in den 50er-Jahren das Markenzeichen des in Österreich geborenen Sängers, der in einer Bar im Hamburger Hafen- und Amüsierviertel St. Pauli entdeckt worden sein soll und die Hansestadt zu seiner Wahlheimat machte.
Zu seinem 90. Geburtstag am heutigen Montag wird es gleichwohl keine großen Bühnenshows geben. Quinn schwor dem Rampenlicht vor vielen Jahren ab. Doch noch immer gilt der Künstler mit der markanten Baritonstimme als einer der erfolgreichsten deutschen Solokünstler.
Freddy Quinn auch als Schauspieler tätig
60 Millionen Tonträger verkaufte der Musiker, der die Bezeichnung Schlagerstar immer ablehnte. Seine melancholischen Lieder – darunter „Die Gitarre und das Meer“, „La Paloma“ und „Junge, komm bald wieder“ - waren Hits der westdeutschen Wirtschaftswunderzeit der 50er- und 60er-Jahre.
Daneben pflegte Quinn, in dessen Oeuvre auch eher bizarre Lieder wie sein Anti-Hippie-Song „Wir“ gehören, sein Seefahrerimage auch in Musikfilmen und Musicals, etwa in dem Streifen „Freddy, die Gitarre und das Meer“ von 1959 oder deutlich später ab den 80er-Jahren in dem Hans-Albers-Musical „Große Freiheit Nr. 7“. Dazu kamen Rollen in Filmen und Fernsehserien. Einen Namen machte sich Quinn auch als Entertainer mit Zirkusshows im Fernsehen.
Freddy Quinn systematisch als Star aufgebaut
Gefördert wurde Quinns Image von einer Biografie, die ihn als unsteten Weltenbummler ausweist. Details aber sind umstritten, es gibt teils widersprüchliche Angaben. Nach Einschätzung von Beobachtern ist dies wohl auch darauf zurückzuführen, dass er einer der ersten deutschen Künstler war, den Plattenfirmen systematisch zum Star aufbauten – samt maßgeschneiderter Vita. Quinn selbst räumt zumindest später unumwunden ein, dass sein Seemannsimage rein künstlich gewesen sei und er es nie geliebt habe. Man habe es ihm „verpasst“, aber er sei dabeigeblieben, weil sein Publikum es eben gewollt habe, sagte er 1999 der „Zeit“.
An den Einzelheiten seines schillernden Lebenslaufs allerdings hielt Quinn ansonsten fest: Demnach kam er 1931 als uneheliches Kind einer Österreicherin und eines irischen Kaufmanns unter den Namen Manfred Franz Eugen Helmuth Nidl in Österreich zur Welt und lebte als Kind einige Jahre mit seinem Vater in den USA. Dann holte ihn die Mutter zurück. Später riss er gegen Ende des Zweiten Weltkriegs als Teenager allerdings von zu Hause aus. Als 16-Jähriger schloss er sich demnach einem Zirkus an, schlug sich als Entertainer für US-Soldaten in Italien und Nordafrika durch und versuchte es kurzzeitig auch bei der Fremdenlegion. Am Ende landete er dieser Erzählung zufolge in Hamburg, wo er in der Washington-Bar nahe der Reeperbahn als Sänger auftrat. 1951 entdeckte ihn dort der damals für den Rundfunk tätige Regisseur Jürgen Roland. Kontakte zu Plattenfirmen folgten.
Freddy Quinn beendete 2008 seine Karriere
Der Höhepunkt von Quinns Karriere war mit Ende der 70er-Jahre bereits überschritten, allmählich wurde es danach ruhiger um den Sänger. Er absolvierte allerdings noch bis 2004 Tourneen sowie Fernseh- und Bühnenauftritte. Im selben Jahr wurde er wegen Steuerhinterziehung zu zwei Jahren auf Bewährung verurteilt.
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2008 zog sich Quinn endgültig und praktisch komplett aus der Öffentlichkeit zurück. Damals starb seine langjährige Managerin Lilli Blessmann, mit der er jahrzehntelang verheiratet war – was der angebliche Junggeselle Quinn allerdings erst 2002 verriet. „Sie war mein guter Stern, sie hat mich geführt“, sagte er nach ihrem Tod im Interview. Zu seinem 80. Geburtstag 2011 schloss er eine Rückkehr noch einmal explizit aus. Er danke seinen Fans für ihre Treue, „aber jeder hat das Recht, Schluss zu machen“.