Hamburg. In Dänemark war sein Film sehr erfolgreich. Ein Gespräch mit Regisseur Anders Thomas Jensen über seine Projekte und Drehbücher.

Im „Hauptberuf ist Anders Thomas Jensen, der 49 Jahre alte dänische Regisseur des Films „Helden der Wahrscheinlichkeit“, Drehbuchautor. Viele der Bücher hat seine Landsfrau Susanne Bier erfolgreich umgesetzt.

Für „In einer besseren Welt“ gab es sogar den Auslands-Oscar, „Brothers“ gewann den Kritikerpreis beim Filmfest Hamburg. Ab und zu aber will Jensen selbst inszenieren: „Adams Äpfel“, „Dänische Delikatessen“ – ohne schwarzen Humor kommt man als Zuschauer nicht davon. das ist bei „Helden der Wahrscheinlichkeit“ nicht anders. .

Hamburger Abendblatt: Es ist sieben Jahre her, dass Sie zuletzt Regie geführt haben. Warum hat das so lange gedauert?

Anders Thomas Jensen: Nach „Men & Chicken“ bin ich mit meiner Familie in die USA nach Los Angeles gegangen, um mich dort um Projekte zu kümmern. Jeder Filmemacher, ob man das nun zugibt oder nicht, hat den Traum, es dort zu schaffen. Ich musste das einfach ausleben, um zu erfahren, wie es sich anfühlt. Das habe ich getan.

Hat es funktioniert?

Jensen: Alle meine schlimmsten Vorannahmen haben sich erfüllt. Nur den Film „Dark Tower“ haben wir ganz gut hingekriegt. Insgesamt habe ich vier Jahre in L.A. verbracht.

Sind Sie denn jetzt wieder so ganz zurück?

Jensen: Ich habe da noch ein paar kleine Projekte laufen, aber ich lebe und arbeite sehr gern in Europa. Man hat hier größere Freiheiten, um zu tun, was man möchte. Kleiner Budgets bedeuten, dass man besser kontrollieren kann, was vorgeht. Auch hier gibt es so viele großartige Schauspieler. Alles, was Hollywood anzubieten hat, ist ein größeres Publikum. Ich glaube, ich werde hierbleiben.

Sie haben schon mehrfach bewiesen, dass Sie ein guter Teamspieler sind. Was macht den Unterschied aus, wenn man für sich selbst arbeitet?

Jensen: Natürlich sind meine eigenen Filme sehr viel persönlicher. Ich erlaube mir dabei auch Sachen, die andere Regisseure mir verbieten würden. Ich vermische zum Beispiel sehr gern Genres. Andere denken da mehr geradeaus. Den schwarzen Humor in meinen Filmen teile ich übrigens mit meinen Hauptdarstellern.

Es ist jetzt fast 20 Jahre her, dass Ihr erster Film in die deutschen Kinos kam. „Open Hearts“ von Susanne Bier. Haben Sie als Regisseur etwas von ihr gelernt?

Jensen: Mich auf wichtige Dinge zu konzentrieren. Als junger Regisseur denkt man noch, alles am Set muss perfekt sein: Story, Casting, Schauspielerei. Als ich noch Kurzfilme gedreht habe, wollte ich immer der Meister aller Klassen sein. Aber das schafft man nicht Man muss sich seine Kämpfe gut aussuchen. Das hat Susanne mir beigebracht.

Mehrere Ihrer Filme beginnen mit einem Unglück. Warum eigentlich?

Jensen: Habe ich das wirklich schon so oft gemacht? Es ist einfach ein gutes dramatisches Werkzeug, um die Geschichte in Bewegung zu setzen. Lass einfach auf Seite 10 etwas Schlimmes passieren.

Die Rachetragödie ist ein der Literatur eine ziemlich alte Form. Wollten Sie ihr mit diesem Film neues Leben einhauchen?

Jensen: Kann man so sagen. Ich wollte es zu etwas anderem entwickeln. Seit „Hamlet“ wissen wir doch, dass so etwas sehr schnell langweilig werden kann, wenn es nicht gut gemacht ist. Einige dieser Genres brauchen dringend ein bisschen frische Luft.

War der Film von der Pandemie beeinflusst?

Jensen: Unser letzter Drehtag war der 6. März, am 12. März ist Dänemark in den Lockdown gegangen.

Ist der Film in Dänemark schon gestartet?

Jensen: Sogar zweimal. Er ist sehr gut gelaufen, war sogar erfolgreicher als der Auslands-Oscar-Gewinner „Der Rausch“. Mehr als 600.000 Zuschauer haben ihn gesehen. Für dänische Verhältnisse ist das sehr viel.

Als Sie Ihre ersten Filme gedreht haben, redeten als über Dogma 95. Heute spricht niemand mehr darüber. Was interessiert die jungen Filmemacher stattdessen?

Jensen: Keine Ahnung, ich gehöre ja nicht dazu. Sie probieren sehr viele verschiedene Genres aus. Aber es gibt keine gemeinsame Bewegung, auch wenn ich mir das wünschen würde. Aber Talent gibt es da genug.

Wie in fast jedem Ihrer Filme gibt es auch hier wieder eine Kochszene. Stimmt es, dass Sie mal mit diesem Beruf geliebäugelt haben?

Jensen: Als ich noch zur Schule ging, musste ich ein zweiwöchiges Praktikum machen. Ich bin in ein Restaurant gegangen. Aber sie haben mich die ganze Zeit nur Pilze schneiden lassen. Aber Koch zu werden, war mal ein Traum von mir.

Sind Drehbücher Literatur?

Jensen: Nein. Sie sind Arbeitsinstrumente. Viele Drehbuchautoren arbeiten an ihren Texten, als ob sie abgeschlossene Kunstwerke wären, aber das sind sie nicht. Man gibt sie ab und sollte sie danach schnell vergessen, bis man den Film sieht.

Die Welt ist voll von frustrierten Drehbuchautoren, die sich darüber ärgern, dass man ihre Dialoge ändert.

Jensen: Daran muss man sich gewöhnen. Manchmal wird es dadurch besser, manchmal schlechter.