Hamburg. In „Helden der Wahrscheinlichkeit“, einer herrlich absurden Thriller-Komödie mit viel Wärme, spielt unter anderem Mads Mikkelsen.

Alles beginnt ganz harmlos: Ein kleines Mädchen wünscht sich in Finnland zu Weihnachten ein blaues Fahrrad. Schwupps, wird in Dänemark ein blaues Fahrrad geklaut. Dessen Besitzerin muss nun von der Mutter mit dem Auto zur Schule gebracht werden. Weil dieses aber nicht anspringt, müssen Mutter und Tochter die S-Bahn nehmen, die aber einen furchtbaren Unfall hat, bei der die Mutter stirbt und das Mädchen verletzt wird.

Alles nur Zufall? Nein, ist der Mathematiker Otto (Nikolaj Lie Kaas) fest überzeugt. Seit 26 Jahren beschäftigt er sich schließlich (na ja, mehr oder weniger erfolglos) mit der Berechnung von Wahrscheinlichkeiten, und da ausgerechnet er Mutter und Tochter in jener S-Bahn den (am Ende tödlichen) Sitzplatz angeboten hat, wird die Suche nach dem großen Zusammenhang hinter der Tragödie zu seiner ganz persönlichen Sache. Zusammen mit dem übergewichtigen Computer-Nerd Emmenthaler (Nicolas Bro) und dem psychopathischen Hacker Lennart (Lars Brygmann), der in 25 Jahren stolze 40 Psychologen aufgebraucht hat, macht er sich auf die Suche nach der Wahrheit.

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Und als sie auf dem Bild einer Überwachungskamera der S-Bahn das Mitglied einer berüchtigten Biker-Gang namens „Riders of Justice“ zu entdecken glauben, konfrontieren sie den trauernden Witwer Hansen (Mads Mikkelsen) mit ihrer gewagten These. Der wortkarge Soldat ist gerade aus einem Auslandseinsatz zurückgekehrt – und schwört den „Riders of Justice“ blutige Rache.

Die spinnen, die Dänen. Und das wieder einmal auf höchst vergnügliche Weise. Anders Thomas Jensen hat mit „Helden der Wahrscheinlichkeit“ eine absurde Thriller-Komödie gedreht, die Weltverschwörungsfantasien, paranoide Männer und trauernde Teenager zu einem fulminanten Mix verrührt. Dabei schreckt er sowohl vor ausgiebig blutigen Actionszenen als auch höchst ­gefühlvollen Momenten nicht zurück und bildet damit die ganze Bandbreite fehlgeleiteter Männlichkeit ab – einschließlich unglaublich hässlicher Weihnachtspullover, wie sie nicht einmal Colin Firth in „Bridget Jones“ zu tragen gewagt hat.

Jensen setzt auf das ganz große Kino

Während in dieser längst zu Kult gewordenen US-Komödie der männliche Fettnapf in Sachen Romantik quasi nur ein kleines optisches Gimmick ist, setzt Jensen beim quasi selben Thema auf das ganz große Kino. Männer auf der völlig falschen Spur? Das können die Dänen anders. Natürlich sind die drei Computer-und Wahrscheinlichkeits-Nerds mit ihren rauschenden Bärten und wuscheligen Haaren chancenlos gegen die tätowierten und alle Rocker-Klischees erfüllenden Biker.

Doch der Kampf gegen Goliath endet genauso überraschend wie der Versuch der Trauerbegleitung bei Hansens Teenager-Tochter Mathilde (Andrea Heick Gadeberg). Natürlich ist Psycho-Lennart hier der schlechteste Kinderpsychiater auf der Welt – aber wie er mit seinen Nerd-Freunden und dem ukrainischen Sex-Sklaven Bodashka (Gustav Lindh), der quasi als „Beute“ vom Rachefeldzug gegen die Biker-Gang übrig bleibt, nach und nach eine schräge Ersatzfamilie für die trauerende Mathilde bildet, das ist schon ganz großes Kino.

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Denn die hohe Kunst der Komödie ist ja bekanntlich das Fischen in der tragischen Beschaffenheit des Menschen. Und deshalb führt Jensen seine irisierenden Männer nicht nur vor, sondern auch dank starker Darsteller hin zu großen Gefühlen mit viel menschlicher Wärme.

Dass der Weg dorthin über einen blutigen Schusswechsel im Vorgarten, ein hochtragisches S-Bahn-Unglück und die tiefe Einsamkeit trauernder und trauriger Männer geht – na, das ist wohl der speziell dänische Weg der Komödie, die das Nebeneinander des Unvereinbaren zum lustigen Prinzip erhebt.

„Helden der Wahrscheinlichkeit“, ­Action/Drama, ab 16 J., 112 Min., läuft im Abaton, Studio, Zeise