Hamburg. Der bekannte Schauspieler und Komödiant – nicht Comedian! – steht ab Sonntag in Hamburg auf der Bühne. Dann ohne Havaneser Utzy.

Wohin der Schauspieler Markus Majowski auch geht, sein Havaneser-Hund Utzy folgt auf dem Fuße. Nun stehen sie beide vor den Hamburger Kammerspielen. „Ich habe mir immer gewünscht an diesem Haus zu spielen. Ich bewundere die Biografie der alten Prinzipalin Ida Ehre. Das ist ein langjähriger Berufstraum von mir“, sagt er und lacht.

Ab Sonntag geht der Traum in Erfüllung. Dann steht Majowski in der Uraufführung von Lothar Schönes „Der koschere Himmel“ zum ersten Mal auf der Bühne an der Hartungstraße. Der künstlerische Leiter und Regisseur Sewan Latchinian habe ihn persönlich angerufen: „Du bist die Rolle!“.

Hamburger Kammerspiele: Markus Majowski als spießiger Lehrer

Gemeint ist der etwas spießige Lehrer Bernhard. Als seine Mutter Rosa stirbt, steht er vor der Aufgabe, ihren letzten Wunsch zu erfüllen und sie neben ihrem geliebten Ehemann zu bestatten. Das Problem ist nur: Rosa ist Jüdin, und ihr Mann war Christ. Eine Komödie entwickelt sich, die die gesamte zum Teil aus Israel anreisende Familie auf den Kopf stellt. Hinzu kommt, dass der Ehemann Rosas bei der Wehrmacht war, sich aber nicht hat scheiden lassen, um seine Frau nicht dem Risiko einer Deportation auszusetzen.

Markus Majowski berührt das Stück auf mehrfache Weise. Die Abhängigkeiten zwischen Mutter und Sohn, der Tod eines Elternteils, die unterschiedlichen Glaubensrichtungen. „In dem Moment, wo er seine Mutter verliert und kurz davor ist, sich mit einer langjährigen Freundin zu verloben, wächst er über sich hinaus und emanzipiert sich“, sagt Majowski. „Mich interessieren Figuren, die in Not geraten.“ Natürlich wird er die Uraufführung des Stückes auf Basis von Lothar Schönes Roman „Das jüdische Begräbnis“ mit seinem ureigenen Humor und komischen Momenten versehen. Dafür ist der in Berlin lebende Schauspieler und Komiker, Jahrgang 1964, schließlich bekannt.

Wegen Corona zum Alarmanlagenverkäufer geworden

Im Lockdown allerdings wäre ihm zwischendurch sein Humor beinahe abhandengekommen, aber nur beinahe. Zu einem frühen Zeitpunkt erkannte Majowski, was auf das Land und damit auch auf seine Zunft zurollt, und beschloss schon im Februar 2020, vorsichtshalber umzusatteln.

Er absolvierte eine Weiterbildung zum Alarmanlagen- und Sicherheitstechnikverkäufer. Wie kam er darauf? „Aus Abenteuerlust und Überlebensgeist“, sagt er. Seinen alten Beruf gab er nicht auf. Der zusätzliche gab ihm Sicherheit und obendrein die Möglichkeit, seine Leidenschaft für technische Dinge auszuleben. „Ich kann Rechner selbst reparieren und schraube Sachen einfach auf.“

Ein Buch schrieb Markus Majowski noch obendrein

Er selbst weiß von vielen Kolleginnen und Kollegen, die im Lockdown Eigentumswohnungen verkauft haben oder schwere Depressionen erlitten. Auch Majowskis Schauspielschule war von einem Tag auf den anderen dicht. Rollen wurden auf Eis gelegt. Doch der Schauspieler, der angibt, eine Beziehung zu Gott zu haben, versuchte trotz allem positiv in die Zukunft zu denken. Die Kunden, denen er fortan Anlagen verkaufte, waren begeistert, wenn er plötzlich in ihrem Wohnzimmer stand, und erkannten ihn meist schnell aus seinen populären Film- und TV-Rollen in „Der letzte Zeuge“ oder „7 Zwerge“ oder der Sat.1-Comedy-Serie „Die Dreisten Drei – Die Comedy-WG“. Einige erinnerten sich auch an einen populären Werbespot für eine Telekommunikationsfirma.

Weil aber Majowski ein wahrer Tausendsassa ist, schrieb er über den Sommer auch gleich ein Buch über seine Erfahrungen. „Markus mach mal: Runter vom roten Teppich und rauf auf die Leiter“ erscheint am 21. Oktober im Plassen-Verlag. Derzeit ist er bei seinem Arbeitgeber freigestellt, um verstärkt Auftritte absolvieren zu können. Die Engagements und Projekte sind zurück. Vielleicht will er eines Tages als Coach arbeiten und beide Berufe verbinden.

Eher Komödiant als Comedian: "Mache nicht gern Witze auf Kosten anderer"

Majowski ist einer, der von sich sagt, er sei Komödiant, nicht Comedian. „Wenn ich solo auftrete, ist das eine Mischung aus Erzählung und Personality-Show“, sagt er. „Ich mache nicht gerne Witze auf Kosten anderer. Die Leute lachen, wenn ich mich selbst zeige mit meinen Ecken und Kanten.“ Er sieht sich da eher in der jüdisch-amerikanischen Tradition. Auch weil eine seiner Schwestern in New York in eine russisch-jüdische Familie eingeheiratet hat.

Dieser Umstand kommt ihm auch in seiner Rolle als Bernhard zugute. „Mich fasziniert der Ursprung der christlich-jüdischen Religion. Hier darf ich mein Wissen vertiefen und erfahre viel“, sagt er. „Es ist eine Gratwanderung, aber Juden machen die besten Witze über sich selbst. Machen es andere, kann es anzüglich wirken. Ich habe eine liebevolle Beziehung zur jüdischen Kultur“, so Majowski. Dem Autor gelinge ein beinahe ökumenisches Zauberstück. Und das, obwohl die Familie von Bernhard unter zu wenig Kommunikation und Aggression leide.

Wie viele Komödianten sucht Majowski auf der Bühne eigentlich Ernsthaftigkeit und Tiefe. Er selbst habe viele eigene kleine Baustellen und ein präsentes inneres Kind, gibt er freimütig zu. Das Buch ist zu einem Drittel ein Traumtagebuch, das den Leser chronologisch durch die Phasen der Pandemie und das Leben des Markus Majowski führt. Im neuen Job verliert er auch schon mal seinen Autoschlüssel oder vergisst Werkzeug. „Ich bleibe ein verschusselter, lustiger Mann, den die Leute knuddeln und anfassen wollen“, sagt er. Dann muss er weiter. Und Utzy geht natürlich mit.

„Der koschere Himmel“ Premiere 19.9., 19.30, Vorstellungen bis 26.12., Hamburger Kammerspiele, Hartungstr. 9–11, Karten unter T. 413 34 40; www.hamburger-kammerspiele.de