Hamburg. Die großen kommerziellen Bühnen haben bislang keinen Anspruch auf die verschiedenen Not- und Rettungspakete.
„Der neue Lockdown ist für uns der alte Lockdown“, sagt Theaterproduzent und Mehr!Theater-Betreiber Maik Klokow, und es klingt Unmut aus seinen Worten. Tatsächlich haben die neuen coronabedingten Einschränkungen keine Auswirkungen auf seine Bühnenproduktion „Harry Potter und das verwunschene Kind“ – die Premiere dieser aufwendigen Sprechtheaterinszenierung hatte Klokow ohnehin bereits auf den 11. April 2021 verschoben.
Nun aber zeigt sich der Show-Unternehmer, der das Mehr!Theater am Großmarkt umfangreich umgebaut, 42 Millionen Euro investiert und zur geplanten Premiere im vergangenen März bereits 300.000 „Harry Potter“-Karten verkauft hatte, zunehmend verärgert. Er vermutet eine „Ungleichbehandlung bei der Rettung der Theater“: „Hilfsfonds und Rettungspakete sind für uns nicht anwendbar.“
Große Theater in Hamburg erfüllen nicht die Förderkriterien
Die großen kommerziellen Theater, zu denen in Hamburg auch die Stage-Musicalbühnen gehören, hätten bislang keine Gelder aus den verschiedenen Not- und Rettungspaketen erhalten, weil sie, so Klokow, die Förderkriterien nicht erfüllen: „Wir machen mehr als 50 Millionen Umsatz und beschäftigen über 250 Mitarbeiter. Damit erhalten wir keine Überbrückungsgelder. Dass wir nicht vor 650 Leuten spielen können, wird dabei ignoriert“, kommentiert Klokow und fragt: „Wer kompensiert mir das denn?“
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Ein gemeinsames Treffen mit Hamburgs Erstem Bürgermeister Peter Tschentscher, Finanzsenator Andreas Dressel und Kultursenator Carsten Brosda habe im Oktober stattgefunden – jedoch keine Lösung gebracht. Die laufenden Kosten habe er in Hamburg um mehr als 90 Prozent reduziert, rechnet Klokow vor, ein großer Teil davon durch die Kurzarbeit. Von derzeit rund 140 Mitarbeitern arbeiten zurzeit nur acht regulär. Und er räumt ein: Die Miete, die er an die Großmarkt GmbH zahlt, wird momentan gestundet. Das aber reiche auf die Dauer nicht: „Ich appelliere an den ökonomischen und politischen Verstand“, sagt Klokow, „wir haben dringend Handlungsbedarf.“
Auch das Musical-Unternehmen Stage Entertainment braucht Unterstützung
Auch das Musical-Unternehmen Stage Entertainment brauche Unterstützung, erklärt Sprecher Stephan Jaekel, für „Mieten, Sachkosten, Personal“, wobei alle Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, deren Arbeit gerade nicht stattfinde – inklusive Ensembles –, in Kurzarbeit sind. Das Unternehmen benötige jedoch eine „Absicherung unserer Investitionen für den Restart, sollten wir nach Wiederaufnahme erneut unterbrechen müssen“.
Es sei „gute Tradition bei uns, den staatlich geförderten Kulturbetrieb als gesamtgesellschaftlich überragend hohes Gut zu wertschätzen“, betont Jaekel. „Aber es kann doch nicht richtig sein, dass wir als private Kultureinrichtungen in der aktuellen absoluten Ausnahmesituation ganz ohne Unterstützung bleiben sollten.“ Immerhin: „Wirtschafts-, Finanz- und Kulturbehörde nehmen unsere Belange erstmals in gemeinsamem Schulterschluss auf“, so Jaekel. „Doch konkret ist noch nichts passiert.“
Klokow wünscht sich eine Einzelfallregelung
Kulturbehördensprecher Enno Isermann bestreitet das gar nicht: „Stage und Mehr!Theater leisten ohne Frage einen wichtigen Beitrag zum kulturellen Leben in Hamburg. Über die Hilfen hinaus, die die Wirtschaftsbehörde den Unternehmen gewährt, können wir als Kulturbehörde nur in einem sehr engen Rahmen helfen.“ Die Förderkriterien für die institutionelle Förderung der Privattheater seien Voraussetzung für Hilfen an Privattheater. Diese jedoch, so Isermann, würden von Stage und Mehr!Theater „teilweise nicht erfüllt“.
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Die Wirtschaftsbehörde (als Vermieterin über den Großmarkt und die Hamburg Port Authority Ansprechpartnerin von Mehr!Theater und Stage) verweist unter anderem auf den Wirtschaftsstabilisierungsfonds des Bundes, aber Maik Klokow winkt ab: „Wir wollen uns ja nicht weiter verschulden. Wir brauchen einen Zuschuss.“ Klokow wünscht sich eine Einzelfallregelung: „Wie kann man eine solche Struktur wie hier in Hamburg nur so leichtfertig in Gefahr bringen? Hamburg ist nach New York und London der drittgrößte Standort für kommerzielles Theater. Diese Theater spielen Steuergelder ein! Andere Städte würden sich die Finger danach lecken.“