Hamburg. Darüber täuscht auch Start des Reeperbahn Festivals nicht hinweg: Hamburger Liveclubs können noch lange nicht tragfähig wirtschaften.

Das Reeperbahn Festival hat begonnen und präsentiert bis Sonnabend 120 Konzerte auf 20 Bühnen. Und neben Spielbudenplatz und Lattenplatz, Operettenhaus und Imperial Theater haben auch einige Clubs nach einem halben Jahr wieder ihre Türen geöffnet: Mojo Club, Molotow, Nochtspeicher, Knust, Bahnhof Pauli, Gruenspan und Uebel & Gefährlich sind zumindest für einige Tage aus dem langen Winterschlaf erwacht – bei extrem reduzierten Kapazitäten. Im Nochtspeicher zum Beispiel haben unter den aktuellen Auflagen statt 300 stehenden Gästen jetzt 60 Besucher in kleinen Tischgruppen Platz.

Kultursenator Carsten Brosda (SPD) sprach bei der Eröffnung des Reeperbahn Festivals in Hamburg.
Kultursenator Carsten Brosda (SPD) sprach bei der Eröffnung des Reeperbahn Festivals in Hamburg. © dpa | Christian Charisius

Wirtschaftlich tragfähige Bedingungen sind das natürlich nicht, wie auch Festival-Geschäftsführer Alexander Schulz dem Abendblatt sagte: „Das Reeperbahn Festival mag für die beteiligten Clubs wirtschaftlich gut ausgehen, aber ab dem 20. September ist es unter den derzeitigen medizinisch vernünftigen Auflagen wirtschaftlich unmöglich, ohne Unterstützung an Clubbetrieb zu denken.“

Knust und Nochtspeicher gehören zu den sehr wenigen Clubs, die seit Monaten Hygienekonzepte entwickelt haben und nach dem Festival weiter Programm bieten. Geld wird bei so wenigen Besuchern und entsprechend geringem Barumsatz nicht verdient, eigene Reserven, die die über 100 Hamburger Clubs vor der Corona-Krise noch gehabt haben mochten, sind längst aufgebraucht.

Logo: Rücklagen sind aufgebraucht

Noch mit am besten aufgestellt war vor der Krise das Logo an der Grindel­allee, ein traditionsreicher, seit 1974 bestehender Club, der die frühen Auftritte von Rammstein und Oasis erlebt hatte. Anders als andere Clubbetreiber ist Eberhard Gugel, der auch das Rockspektakel auf dem Rathausmarkt und die Hafenrock-Bühne beim Hafengeburtstag organisiert, Eigentümer von Clubgebäude und Grundstück und nicht von Mietkosten betroffen. So konnten Rücklagen von mehr als 100.000 Euro angespart werden, zum Beispiel für notwendige Renovierungen oder um Konzertausfälle abzufedern.

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Durch diese Rücklagen durfte das Logo allerdings auch nicht unter den Rettungsschirm des Senats, jetzt sind sie aufgebraucht und das Logo befürchtet die Pleite. Ein Club braucht nicht nur Kapital, um monatliche Fixkosten ohne Einnahmen zu stemmen, sondern auch um irgendwann wieder in den Neustart (Personal, Programm, Technik) zu investieren. Und es wird sehr lange, vielleicht Jahre dauern, bis an wirtschaftlich vernünftige Bedingungen für Livemusik wie vor Corona auch nur zu denken ist.

Logo hat Crowdfunding-Aktion gestartet

Um ein weiteres Jahr zu überleben, braucht ein Club wie das Logo 180.000 Euro, rechnet Logo-Programmmacher Chris August vor. Dem Vorbild von anderen Clubs wie dem Südpol folgend, hat das Logo eine Crowdfunding-Aktion unter gofundme.com/f/save-the-logo gestartet, über die bereits 50.000 Euro gesammelt werden konnten.

Und wenn selbst das Logo in Schieflage geraten ist, braucht man nicht viel Fantasie, um sich die Lage der anderen 100 Musikspielstätten in Hamburg vorzustellen. Auch die können jede Unterstützung gebrauchen, zum Beispiel durch Spenden an die Clubstiftung Hamburg, Informationen gibt es unter stiftung-private-musikbuehnen-hamburg.de.