Hamburg. Die Stadt Hamburg stellt den Popkonzertbühnen finanzielle Überbrückungshilfen zur Verfügung – vorerst bis zum 30.4.
Eine gute Nachricht für die Popmusikveranstalter: Vom städtischen, insgesamt 25 Millionen Euro schweren Kulturhilfspaket gehen anderthalb Millionen Euro an die Hamburger Musik-Clubs. Das teilte die Kulturbehörde am Dienstag mit. Gemeinsam mit der Hamburger Clubstiftung will die Stadt damit den durch die Corona-bedingten Schließungen in ihrer Existenz bedrohten Clubs schnell und unbürokratisch unter die Arme greifen.
Die Mittel sollen ab sofort in Kooperation mit der Clubstiftung vergeben werden. Das aktuelle Budget ist für die Geschäftseinbußen bis 30. April vorgesehen. Antragsberechtigt sind alle Hamburger Musikclubs, die in den vergangenen zwölf Monaten mindestens 24 Konzerte veranstaltet und ein Fassungsvermögen von nicht mehr als 1600 Besuchern haben.
Kulturelle Vielfalt Hamburgs retten
Terry Krug, die Vorsitzende der Clubstiftung, betonte die Bedeutung des Corona-Schutzschirms für die Musik-Clubs. Dieser sei eine „überlebenswichtige Rettungsmaßnahme“, die die Betriebe „zumindest bis Ende April vor dem Aus“ schütze.
Die Interessensvertreterin der Konzertbühnen machte im Zusammenhang mit den jetzt bewilligten Geldern deutlich, für wie gefährdet sie die Clubszene hält: „Wir bangen um die gewachsene kulturelle Identität unserer Stadt. Kulturbetriebe sind äußerst fragile Gebilde und einem Biotop gleichzusetzen: Wenn es einmal tot ist, geht es in seiner Form unwiederbringlich verloren.“ Es gehe darum, die kulturelle Vielfalt Hamburgs zu retten, „wir freuen uns, dass wir mit der Kulturbehörde einen starken Partner an der Seite haben, der diese Dringlichkeit erkennt.“
Clubbetreiber sind pessimistisch
Ein „starker Partner“, auf den sich die Clubs im Übrigen, das ist jetzt bereits klar, wohl noch länger verlassen wollen und müssen. Bei den Clubbetreibern geht derzeit eigentlich niemand davon aus, dass demnächst wieder die Pforten geöffnet werden. Constantin von Twickel, der künstlerische Leiter des Nochtspeichers, glaubt an die Wiederaufnahme der Veranstaltungen frühestens im September, wenn überhaupt. „Deswegen rechnen wir alle damit, dass wir bald wieder mit der Kulturbehörde reden – über weitere finanzielle Unterstützung ab Mai“, erklärte Twickel im Gespräch mit dem Abendblatt.
Gleichzeitig verdeutlichte er, dass er nicht mehr an Großveranstaltungen glaube, „allenfalls könnte es kleine Termine geben in Räumen wie denen des Nochtspeichers“. Aber selbst da könne im Falle des Falles niemand sagen, ob die Programmwiederaufnahme beim Publikum überhaupt die entsprechende Resonanz hervorrufe, „vielleicht bleiben die meisten ja erst einmal vorsichtig“.
Konzertagenturen haben für viele ihrer Bands für Sommer und Herbst abgesagt
Wie Twickel sagt auch Andi Schmidt vom Molotow, wie wichtig es sei, dass die Hilfe über den April hinausgehe -- „die Konzertagenturen haben für viele ihrer Bands bereits für Sommer und Herbst abgesagt“. Beim Molotow seien im Mai alle Rücklagen aufgebraucht. Schmidt: „Kredite können wir uns nicht leisten, da wir die über den laufenden Betrieb nicht zurückzahlen können.“
Susanne Leonhard, die Betreiberin von Docks und Prinzenbar, begrüßte in ihrer Reaktion den Schutzschirm, verwies dabei aber gleichzeitig auf die nur gestundete sorglose Zeit: „In den Frühlingsmonaten verdiene ich eigentlich das, was ich später für die Überbrückung des Sommerlochs brauche.“ Selbst wenn die Clubs wieder öffnen dürften irgendwann, erwarte sie Zurückhaltung bei den Bands und Tourveranstaltern.
Ein Trost bleibt
Heißt: Auch wenn die Festivals allesamt ausfallen sollten, auf die viele Bands gebucht sind oder waren, plant derzeit niemand in absehbarer Zeit eine Konzertreise. Zu groß ist berechtigterweise die Vorsicht, was neuerliche Schließungen und Verbote angeht. Man geht davon aus, dass es vielleicht im Herbst wieder losgeht, aber planbar ist selbst da gar nichts. „Dafür habe ich 2021 praktisch jeden Tag ein Konzert“, sagt Leonhard, die weiß, dass ihre Kollegen von anderen Clubs ähnliche Probleme haben.
So bleibt fürs Erste nur ein Trost: Hamburg ist in Zeiten des Quasi-Zusammenbruchs des kulturellen Lebens auch für seine Clubs da. Finanziell und, was auch manche Veranstalterseele streicheln wird, mit eindringlicher Rhetorik. Kultursenator Carsten Brosda (SPD), dessen privates Faible für Populärmusik belegt ist, fand anlässlich der Überbrückungsmaßnahmen warme Worte. Die gegenwärtige Ruhe in den Musik-Clubs sei „notwendig, aber schwer zu ertragen“, so Brosda. Und weiter: „In den Clubs stehen die Bühnen, die den Nährboden unserer Musikstadt ausmachen. Zusammen mit der Clubstiftung wollen wir dabei helfen, dass uns die einzigartige Clubkultur erhalten bleibt.“
Informationen zum Coronavirus:
- Die Stadt Hamburg informiert die Bürger auch online über das Coronavirus. Zusätzlich gibt es eine Hotline: 040 42828-4000
- Das Robert-Koch-Institut beantwortet häufig gestellte Fragen zu SARS-CoV-2
- Auch das Bundesgesundheitsministerium hat eine eigene Informationsseite zum Virus eingerichtet