Hamburg. Die Berliner Band spielte in Hamburg beim Cruise Inn für 900 Fans Klassiker wie „Delmenhorst“ und „Vier Stunden vor Elbe 1“.
Grunde sind die Mitglieder von Element Of Crime längst Ehren-Hanseaten. Nicht weil die Berliner Band so häufig in Hamburg spielt, dass man denken könnte, sie sei hier zu Hause, nicht weil Sänger und Trompeter Sven Regener in Bremen aufgewachsen ist (was ihm in Hamburg eh wenig Freunde verschafft). Sondern weil Element Of Crime grundsätzlich Hafen-Musik macht, mit manchen Texten, vor allem aber mit den Melodien und Rhythmen. Oft wird die Band in die Neo-Chanson-Ecke einsortiert, in Wahrheit aber spielt sie Seemannslieder, die melancholisch die Elbe hinab schunkeln, „Über dir der Mond“, „Schwere See“, so was.
Weswegen der von 900 Fans besuchte Auftritt am Donnerstagabend perfekt zu dem mit Akkordeon und Saxofon verstärkten Quartett passt: im Cruise Inn genannten Kreuzfahrtterminal Steinwerder, vor einem riesigen Containerfrachter am Kai.
Natürlich sind Konzerte in Corona-Zeiten schwierig: Tanzverbot, feste Plätze, Abstand halten haben wenig mit Musikgenuss zu tun, die bittere Kälte am Abend tut ihr Übriges, dass keine echte Live-Stimmung aufkommen mag. Aber die Songs! „Immer da, wo du bist, bin ich nie“, „Straßenbahn des Todes“, „Narzissen und Kakteen“, als Zugabe „Delmenhorst“, diese wunderbare Hymne auf die niedersächsische Provinz und auf die Langeweile des platten Landes! Die Arrangements, der glasklare Klang (anders als beim Auftritt vor zwei Jahren in der Elbphilharmonie), die virtuose Wurstigkeit, mit der Jakob Ilja ein Slide-Gitarren-Solo so gekonnt verschludert, dass es als kleines Meisterwerk durchgeht, mit der David Young einen stoischen Bass zupft und mit der Richard Papik das Schlagzeug bearbeitet. Und nicht zuletzt die Freude des großen Muffelkopfes Regener, der tatsächlich glücklich darüber zu sein scheint, dass nach der Pandemie-Zwangspause endlich wieder live gespielt werden kann.
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Element Of Crime spielt das traurigste Seemannslied
Regener ist bei den Zwischenmoderationen unsicher wie eh und je. Mal reißt er die Arme in die Höhe und brüllt anlasslos „Romantik!“, mal kündigt er einen Song an: „Das nächste Lied ... spielen wir jetzt gleich.“ Und mal erzählt er, weswegen er eigentlich nichts erzählen möchte: „Man könnte jetzt natürlich irgendwelchen Scheiß über den Hafen sagen.“ Das wäre aber möglicherweise ein Fehler, Regener ist nämlich ein sensibler Mensch. „,Irgendwelchen Scheiß über den Hafen‘, das ist vielleicht ein unfreundlicher Akt, wo man schon mal in einer Stadt ist, die so einen Hafen hat.“ Da hat er recht: Gäbe es den Hafen nicht, gäbe es auch nicht die atemberaubende Kulisse für den Auftritt.
Als letzte Zugabe dann: der uralte Song „Vier Stunden vor Elbe 1“, mit zitterndem Akkordeon und jammernder Mundharmonika. „Scheiß doch auf die Seemannsromantik / ein Tritt dem Trottel, der das erfunden hat“, singt Regener da, ein paar ältere Männer spielen das traurigste, unromantischste Seemannslied der Musikgeschichte, und im Hintergrund wird ein Frachter entladen. Wunderschön.