Hamburg. Die Hamburger Schriftstellerin Sabine Peters blickt in „Ein wahrer Apfel leuchtete am Himmelszelt“ weit zurück.
Die Kinderperspektive ist keine leichte Übung. Sie gelingt, wenn das Beschriebene als wahrhaftig erscheint. Die älter gewordene Erzählerfigur darf das Kind, das sie war, durchaus hin und wieder überblenden. Wie im Falle des Kindheitsromans der Hamburger Schriftstellerin Sabine Peters („Feuerfreund“, „Narrengarten“), der soeben erschienen ist. In „Ein wahrer Apfel leuchtete am Himmelszelt“ (Wallstein, 20 Euro) überformt die Erzählerin stilistisch stellenweise die Wahrnehmungen von einst. Aber allermeistens herrscht hier auch sprachlich die reine Kinderperspektive vor. Das neue Buch der vielfach ausgezeichneten Autorin ist ein Erinnerungstext, in dem die ästhetische Position der Erwachsenen den Erlebnissen des Kindes folgt.
Erzählt wird das Aufwachsen von vier Töchtern in einem katholischen Elternhaus im Rheinland mit Großmutter. Der Vater schreibt als Journalist über archäologische Themen, und wenn die Töchter Pech haben, müssen sie mit auf Exkursion- und Recherchetour. Im Mittelpunkt steht Marie, sie ist das Alter Ego von Sabine Peters, deren Herkunft hier aufscheint. Peters wurde 1961 in Neuwied geboren. Marie nun erlebt den Alltag eines kleinbürgerlichen Lebens in der Provinz, und er offenbart sich in diesem mit 180 Seiten relativ schmalen Buch in sich meist über zwei oder drei Seiten erstreckenden Vignetten.
Der Text lebt vom Blick auf das gewöhnliche Detail
Es geht um Schule, Gottesdienst, Krankheiten, um Besuche bei Verwandten und Familienurlaube, die Kapitel tragen programmatische Titel wie „Schulweg“, „In Mutters Stube“, und „Mittagessen“. Unaufdringlich wird dies dann auch zur Erzählung der alten Bundesrepublik. Die Gräben in den 70ern waren nicht zu übersehen. Auch nicht für eine Heranwachsende, die den großtönenden Reden eines Bekannten nicht entkommen kann: „Er nannte Kanzler Willy Brandt den Frahm und ritt auf einem Kniefall herum, der war schon längst vorbei.“
Lesen Sie auch:
- Zwei für den Klaus-Michael Kühne-Preis
- Das Harbour Front Literaturfestival steht am Scheideweg
- Die Literatur bekommt in Hamburg wieder ein Publikum
Der Text lebt vom Blick auf das gewöhnliche Detail und ist eine Fundgrube für alle Generationsgenossen, aber auch jenen zu empfehlen, die an der Mentalitätsgeschichte Deutschlands interessiert sind und eine Ader für die Entdeckungen haben, die unser aller Jugend waren.