Hamburg. „Show Me A Good Time“ beim Internationalen Sommerfestival ist charmant, perfekt – und ein bisschen harmlos.
Tatiana Saphir ist glücklich. Sechs Monate lang musste die Performerin auf Auftritte verzichten, keine Theaterbühnen, kein Publikum, kein Applaus. Aber jetzt! Kampnagel ist beim Gob-Squad-Gastspiel „Show Me A Good Time“ coronabedingt zwar nur spärlich gefüllt, doch man nimmt, was geht. Und lacht. Und tanzt. Und freut sich. „Könnte mir mal jemand einen schwachen Applaus spenden?“ Das Publikum klatscht müde, das Publikum buht. Und Saphir ist glücklich.
„Show Me A Good Time“ feierte im Juni als Online-Performance Premiere. Eine Nacht begleitete man die ursprünglich deutsch-britische Gruppe Gob Squad durch die Großstadt, man sah, wie die Performer Entfremdung zeigten und Einsamkeit, wie sie Kontakt zu Passanten aufnahmen, wie sie skurrile, herzerwärmende, beängstigende Szenen aufbauten und wieder auflösten. Zwölf Stunden, intim, schön, klug und manchmal auch ein bisschen lang. Beim Internationalen Sommerfestival auf Kampnagel haben sie diese Nacht auf vier Abende verteilt: Viermal beobachtet man jeweils unterschiedliche Gob-Squad-Mitglieder drei Stunden bei ihren Abenteuern in Hamburg, zusammengerechnet ergibt das die zwölf Stunden der Online-Version.
Perfekte Mischung aus Live-Film und Performance
Jeder Abend entwickelt sich entsprechend anders, dennoch ist „Show Me A Good Time“ live ganz ähnlich aufgebaut wie im Netz – wer das Projekt schon im Internet verfolgt hat, erfährt wenig Neues von der Aufführung auf der Bühne. Bei der Premiere jedenfalls steht Saphir in der Kampnagel-Halle und hält die Handlung zusammen. Sean Patten nähert sich Hamburg mit dem Auto von Osten und verliert immer mehr die Orientierung, je dichter er dem Stadtzentrum kommt. Sharon Smith schaltet sich aus dem englischen Nirgendwo zu und irrlichtert beunruhigend zwischen Übersexualisierung und Provinzkoller. Und Berit Stumpf erinnert sich, wie sie als Teenager das erste Mal nach Hamburg kam, unglücklich verliebt und angefüllt mit jugendlichem Überschwang.
Das ist erwartbar charmant, und handwerklich macht der Gruppe ohnehin niemand etwas vor – die Mischung aus Live-Film und Performance funktioniert auch auf Kampnagel perfekt. Es ist allerdings auch ein wenig harmlos. Zumindest der Premierenabend bietet wenig Verstörendes; zeigte die Internet-Aufführung im Juni noch emotionale Tiefschläge wie Sarah Thom, die sich vom Besuch bei ihrer sterbenden Mutter zuschaltete, so sieht man jetzt Smith, die sich eine gelinde gesagt ekelhafte Gesichtsmaske aus Roter Bete auf den Körper schmiert. Und auch die Reallife-Erfahrungen bleiben freundlich. Als sich Stumpf im Juni auf einer Parkbank zum Schlafen bettete, war sie plötzlich umringt von angetrunkenen Vergnügensuchern, da spürte man, dass der Kontakt mit der echten Welt gefährlich werden konnte. Hier allerdings trifft die Künstlerin ausschließlich auf ultrasympathische Reeperbahnbummler, die sich zwar irritiert, aber dennoch kooperativ aufs Mitspielen einlassen. Hamburg ist einfach zu nett.
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Aber, wer weiß: Jede „Show Me A Good Time“-Aufführung ist anders, womöglich entdeckt man während des Wochenendes noch ein paar Abgründe. Und bis dahin hat man erst mal schlicht: eine gute Zeit. Gob Squad zeigen, wie man die findet.
„Show Me A Good Time“ wieder Sa 22.8., 15.00, und So 23.8., 12.00. Kampnagel (Bus 17), Jarrestraße 20, Tickets unter T. 27 09 49 29, www.kampnagel.de; das Internationale Sommerfestival läuft noch bis 30.8.