Hamburg. Warmer Applaus: Derya Yıldırım und das Ensemble Resonanz mit zwei Konzerten auf Kampnagel. Progressive Traditionspflege.

„Ich bin heute ganz schön aufgeregt“, sagt Derya Yıldırım kurz vor dem Ende des ersten von zwei Konzerten in der Kampnagel-Halle k6. Zu merken war das in der vorangegangenen Stunde zwar nicht, doch der Auftritt mit dem Ensemble Resonanz und drei weiteren Musikern (Flötist Deniz Mahir Kartal, Schlagzeuger Max Andrzejewski und Perkussionist Sebastian Flaig) ist tatsächlich ein besonderer für die gebürtige Hamburgerin. Erstmals führt sie „Derya’s Songbook“ vollständig auf, einen Liedzyklus, den sie gemeinsam mit den Resonanzlern erarbeitet hat.

Musik, deren Wurzel in der Türkei, in Griechenland oder Aserbaidschan liegt, die von Liebe und Sehnsucht, von Leid, Tod und gesellschaftlicher Befreiung erzählt. Zum Auftakt – ein Volkslied aus dem türkischen Kütahya, bei dem Derya Yıldırım die Bağlama, eine Langhalslaute, spielt und dazu singt – klingt das noch recht traditionell. Doch sobald das Ensemble Resonanz und die Gastmusiker einsteigen, ist das Klangbild ein ganz anderes.

Progressive Traditionspflege

Dann trifft Volksmusik auf bisweilen eher sperrige Bearbeitungen, die die Momente melancholischer Versunkenheit immer wieder aufbrechen. Traditionspflege der progressiven Art. Ausführliche Infos finden sich in einem kleinen Begleitheft, das auf jedem der belegten Plätze (etwa zwei Drittel bleiben wegen der Abstandsregeln frei) ausliegt, doch wenn es ihr besonders wichtig ist, erklärt Derya Yıldırım auch ganz direkt den Hintergrund.

Etwa bei „Keep Quiet And Dance“ von Komponistin Brigitta Muntendorf, das einen bisweilen collagenartigen Charakter hat und die Rolle der Frau in der Gesellschaft reflektiert. Eines von vielen Stücken an diesem frühen Sonntagabend, das zum sehr genauen Hinhören zwingt. Wer die 26-Jährige bisher nur von den Platten ihrer Psychedelic-Band Grup Şimşek kennt, dürfte überrascht sein von der künstlerischen Spannbreite dieser Künstlerin.

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Warmer Applaus nach knapp 75 Konzertminuten und für die Musiker eine zweite (schweißtreibende) Schicht ab 21 Uhr. Wer Derya Yıldırım noch mal in einem anderen Kontext erleben möchte: Am 3. September ist sie ab 18 Uhr solo auf dem Lattenplatz vor dem Knust zu hören. Karten zu zwölf Euro unter: knusthamburg.de