Hamburg. Die im Koalitionsvertrag formulierten Absichten kommen noch weitgehend ohne Corona-Bezug aus. Was geplant ist.

Auf sechs Seiten zwischen „Demokratie“ und „Religiöse Vielfalt in der Weltstadt Hamburg“, ab Seite 149 der 206 Seiten – dort lässt sich entdecken, was der neue Hamburger Senat im Bereich der Kultur plant, wünscht, anstrebt. Der Name des Virus taucht in der Einleitung auf: „Kunst und Kultur sind von den Beschränkungen des öffentlichen Lebens zur Eindämmung des Coronavirus in besonderer Weise betroffen.“ Man wolle Förderprogramme entwickeln, die „die Produktion von Kunst und Kulturangeboten für unsere neue Normalität unterstützen“. Danach jedoch ist weder ein weiteres Mal von Corona die Rede, noch davon, wie sehr der Maßnahmenkatalog davon infiziert und finanziell geschwächt sein könnte. Es scheint also das Prinzip Hoffnung zu herrschen. Für konkretes Umrechnen ist es jetzt aber auch noch zu früh.

In vielen Bereichen, so vermittelt es die Übersicht, soll konzeptionell im Prinzip weitergemacht werden wie bisher, womöglich mit etwas anders formuliertem Anspruch. Nach wie vor liegt ein starker Akzent auf dem Thema Musikstadt: Elbphilharmonie, Orchester, Vielfalt, Niveau – diese Impulse sollen „noch stärker in die Stadt hineingetragen werden“. Und damit an vielen Theatern vorbei, denn die Bühnen werden deutlich zurückhaltender erwähnt. Sie, ob staatlich oder privat, sind „in Qualität, Vielfalt und Dichte einzigartig und können sich der weiteren Unterstützung sicher sein“. Wie viele, wie sehr, wie schnell, wie lang, wofür, mit welchen Zielsetzungen? Das alles gibt der Vertrag nicht her.

Neuer Ausstellungsbereich im Haus der Fotografie

Eine Perspektiv-Ansage zum Auftakt jedenfalls ist zuversichtlich: „In den kommenden Jahren wird ein Fokus auf die Förderung kultureller Produktion in der freien Szene, der bildenden Kunst, der Musik und der Literatur gelegt. Eine Kulturstadt braucht Räume und Ressourcen, zu denen Künstler*innen und Kreative zu angemessenen Bedingungen Zugang haben. In die kulturelle Infrastruktur wird nachhaltig investiert.“ Keine Konjunktive, aber auch: keine konkreten Zahlen, an denen man gemessen werden könnte. Die Musik-Förderbedingungen in der Breite sollen „weiter verbessert“, Unterstützung von Musikclubs und Proberäumen wird „sichergestellt“.

Bürgermeister Tschentscher stellt den Koalitionsvertrag vor:

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Außerdem auf der To-do-Liste: Im Haus der Fotografie soll ein neuer Ausstellungsbereich für die Sammlung von F. C. Gundlach geschaffen werden. Das Hafenmuseum und die „Peking“ werden genannt, auch die Absicht, John Neumeiers Sammlung in der HafenCity anzusiedeln sowie der Wille, die Sammlung Falckenberg in der Stadt zu halten.

Konkret wird es im Bereich der Clubs: Hamburgs Status als „international beachtete Clubhauptstadt Deutschlands“ werde ausgebaut, heißt es, und jährlich durch das Reeperbahn Festival unterstrichen. Zur „Existenzsicherung“ soll ein „Schallschutzfonds“ für dringend benötigte Sanierungsmaßnahmen eingerichtet werden. Der Live-Concert-Account solle ausgebaut werden. Mehr noch: Man wolle den Clubs für gemeinschaftliche Aktionen zur finanziellen Abmilderung des jährlichen Sommerlochs eine geeignete Freiluftveranstaltungsfläche zur Verfügung stellen und die Abschaffung der Stellplatzabgabe prüfen.

Strahlkraft des Filmfests soll ausgebaut werden

Vor einigen Monaten wäre das viel Grund zur Freude gewesen, inzwischen haben die verstummten Clubs aber existenziellere Probleme als Ärger mit Schallschutz. Dazu kommt der Wille, die „schon lange notwendige 4000er-Musikhalle auf dem ehemaligen Thyssengelände in der Nähe des Bahnhofs Diebsteich und neben dem neuen Stadion für Altona 93 zu ermöglichen“. Musikfestivals wie dem Dockville – das gerade seine 2020er-Ausgabe wegen Corona absagte – soll eine langfristige Perspek­tive in Hamburg geboten werden. Und man möchte, dass nach dem Beispiel Bremens [...] „Free Open Airs kurzfristig, kostenfrei und mit wenig Verwaltungsaufwand angemeldet und durchgeführt werden können“.

Der schon ohne Corona-Problematik chronisch darbenden Freien Szene wird nicht versprochen, sondern (undefiniert) zugesagt: „Die Produktionsbedingungen für frei arbeitende Künstler*innen werden verbessert.“ Dazu gäbe es „neue Förderinstrumente“ und ausgebaute Fördermöglichkeiten. Alles ohne Größenangaben.

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Zahlen, auch Jahreszahlen, fehlen bei der Ankündigung, die Zentralbibliothek zum europaweiten Vorzeige-Konzept zu machen und sie in das angestrebte „Haus der digitalen Welt“ zu integrieren. Die gedanklich benachbarte kulturelle Bildung will man „perspektivisch stärken“, den Projektfonds „Kultur und Schule“ beibehalten. Das Rahmenkonzept für die Kinder- und Jugendkultur werde überarbeitet und es werde „angemessene Finanzierung“ bereitgestellt. Die Strahlkraft des Filmfests soll ausgebaut werden und die der kleineren Festivals bei der Gelegenheit gleich mit.

Was ist erlaubt, was nicht? Fragen an den Bürgermeister:

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Bleiben noch die Museen, „eine der vielfältigsten Museumslandschaften in Deutschland“, sie sollen zu „relevanten Orten“ für Touristen werden. Die „inhaltliche Entwicklung wird fortgeführt, durch innovative Angebote, moderne Formen der Vermittlung und der Fortführung digitaler Strategien“. Geplant, aber nicht erklärt ist die „perspektivische Einführung“ eines eintrittsfreien Sonntags (es heißt: pro Monat) in staatlichen Museen. Der Denkmalschutz soll „mehr Beachtung finden“. Und, kurz vor der „religiösen Vielfalt“, wird, gemeinsam mit einigen Initiativen, ein Denkmal für die sexuelle Vielfalt angekündigt.