Hamburg. Musicals und viele Privatbühnen haben den Spielbetrieb eingestellt. Premiere von „Harry Potter“ auf Oktober verschoben.

„Ich fühle mich befreit“, sagt Maik Klokow, Geschäftsführer der Firma Mehr-BB Entertainment, wenige Stunden nachdem er seine Mitarbeiter darüber informiert hat, dass die für dieses Wochenende geplante Premiere des Theaterstücks „Harry Potter und das verwunschene Kind“ in den Oktober verschoben ist. 300.000 Karten waren bereits verkauft, die Voraufführungen liefen, doch im Zuge der Corona-Krise blieb keine andere Wahl.

Maximal 1000 Besucher wären pro Aufführung erlaubt gewesen – ohnehin zu wenig, um profitabel zu sein: „Wir hätten jeden Tag Geld verloren.“ Außerdem sei es in der derzeitigen Situation auch schlicht nicht angemessen, weiterzumachen, als wäre nichts geschehen, sagt Klokow, der davon ausgeht, dass die Absage einen unteren zweistelligen Millionenbetrag kosten wird. Immerhin gibt es Kurzarbeitergeld für die Beschäftigen, wenigstens ein Trost in diesen Zeiten.

Stage Entertainment macht Bühnen dicht

Das reiche jedoch bei Weitem nicht aus, um die gesellschaftlichen Folgen zu mildern, die die Absage der meisten Kulturveranstaltungen nach sich zieht, erklärt er. „Nicht nur große, sondern auch kleinere Veranstalter bis hin zu Clubs sind existenziell bedroht.“ Was es brauche, sei eine Art von Garantieerklärung des Bundes für ausfallende Ticketeinnahmen. Dadurch würde „sofort viel Druck aus dem Markt genommen“.

Unter Druck standen in den vergangen Tagen auch die Musicals der Stage Entertainment: „König der Löwen“, „Pretty Woman“, „Tina“ und „Paramour“. Die Allgemeinverfügung der Gesundheitsbehörde, nach der keine Veranstaltungen mit mehr als 1000 Teilnehmern mehr erlaubt werden, machte eine Aufrechterhaltung des regulären Spielbetriebs unmöglich, auf eine Besucherbeschränkung konnte und wollte man sich gleichwohl nicht einlassen, also fiel hier am Donnerstagabend ebenfalls der letzte Vorhang. Am Freitagvormittag hieß es dann auf der Website von Stage Entertainment, der gesamte Spielbetrieb sei bis einschließlich 19. April eingestellt.

Museen und Theater schließen wegen Corona-Virus

Ebenfalls schließen werden alle Häuser der Hamburger Museumsstiftungen: die Hamburger Kunsthalle, das Museum für Kunst und Gewerbe, das MARKK am Rothenbaum, das Museum für Hamburgische Geschichte, das Altonaer Museum, das Museum der Arbeit, das Jenisch Haus, das Hafenmuseum Hamburg, das Speicherstadtmuseum, das Archäologische Museum und die Bergedorfer Museumslandschaft. Außerdem die Deichtorhallen, das Planetarium und die KZ-Gedenkstätte Neuengamme. Auch die Öffentlichen Bücherhallen stellen ihren Betrieb an allen Standorten ein. Sie schließen vom 16. bis zum 29. März, also bis zum Ende der verlängerten Schulschließzeit.

Noch bevor es eine gemeinsame Sprachregelung der Hamburger Privattheater gab, verschickte auch die ­Stäitsch Theaterbetriebs GmbH, zu der die Hamburger Kammerspiele, das Altonaer Theater, das Harburger Theater und das Theater Haus im Park in Bergedorf die Mitteilung „Spielbetrieb eingestellt“. „Das ist ja schon fast ein ethisches Gebot in diesen Tagen“, erklärt Intendant Axel Schneider, der für alle Bühnen die Verantwortung trägt. Seine unternehmerische Entscheidung gelte zunächst bis eine Entscheidung der Gesundheitsbehörde vorliegt. „Wir leisten einen kleinen Beitrag, dass der Virus sich nicht verbreitet. Zum Schutz der Mitarbeiter und zum Schutz des Publikums – und aller Kontaktpersonen.“

Auch viele Privatbühnen stellen den Spielbetrieb ein

Das Altonaer Theater hätte an diesem Sonntag Premiere gefeiert: „Alle Toten fliegen hoch – Amerika“, die Bearbeitung eines weiteren Romans von Joachim Meyerhoff. „Ich war in zwei Durchläufen, das war auf einem richtig guten Weg“, erzählt Axel Schneider und ergänzt im Hinblick auf die nicht fest angestellten Schauspieler an seinen Häusern: „Wir haben natürlich das Ziel, die Schauspieler für die ausgefallenen Vorstellungen zu bezahlen – wenn wir es können. Aber es muss uns geholfen werden.“ Das Wichtigste sei, dass wir „diese Krise alle zusammen überwinden“, betont nicht nur Schneider. „Und dann hoffe ich, dass wir mit neuer Energie bald wieder tolles Theater zeigen können.“

Auch das Ernst Deutsch Theater, das Ohnsorg-Theater, die Schmidt-Bühnen und das St. Pauli Theater stellen vorerst den Spielbetrieb ein. Am St. Pauli Theater befindet sich derzeit der ehemalige Thalia-Intendant Jürgen Flimm mitten in den Proben für die Premiere „Gefährliche Liebschaften“. Am Ohnsorg-Theater wurde noch am Freitag für die ursprünglich am Sonntag geplante Studio-Premiere „Kleiner Mann – was nun?“ geprobt. Auch in der nächsten Zeit soll nun zunächst weitergeprobt werden, sagt Intendant Michael Lang. „Aber man wird ja von den Ereignissen überrollt. Die Theater sind sich ihrer Verantwortung natürlich vollumfänglich bewusst.“

Veranstaltungsverbots ist existenzbedrohend

Weniger eindeutig war bei Redaktionsschluss die Lage weiterhin bei den privaten Konzertveranstaltern. Die können zwar in der mittlerweile geschlossenen Elbphilharmonie und Laeiszhalle keine Veranstaltungen mehr durchführen, nutzen aber nach Möglichkeit noch andere Clubs und Hallen für Konzerte mit weniger als 1000 Besuchern. Aus dem Hause Karsten Jahnke heißt es: „Wir werden den schriftlichen behördlichen Anordnungen Folge leisten und gehen ohnehin von einem baldigen kompletten Veranstaltungsverbot aus.“ Derzeit sei man finanziell noch gewappnet, je nach Dauer und Umfang eines allgemeinen Veranstaltungsverbots „kann es aber auch für uns zu einem existenzbedrohenden Punkt kommen“.

Von FKP Scorpio ist auf Nachfrage zu erfahren, man richte sich immer „nach den Bestimmungen der lokalen Behörden“ und verwende derzeit alle Energie darauf, „Lösungen für unsere Gäste zu finden“.