Hamburg. Sozialdrama „Sorry We Missed You“ ist Abschlussfilm des Hamburger Filmfests. In die Kinos kommt der Film am 30. Januar.
Es war nicht ganz einfach für Ken Loach, von London zum Hamburger Filmfest zu kommen. Ein Flug wurde wegen des Wetters gestrichen, die nächste Maschine hatte einen Defekt, doch schließlich schaffte es der Regisseur doch noch in die Hansestadt, um seinen Film „Sorry We Missed You“ vorzustellen. Der Titel bezieht sich auf eine Karte, die Paketboten in Briefkästen werfen, wenn sie auf ihren Touren niemanden antreffen. Ricky Turner (Kris Hitchen) ist so ein Auslieferungsfahrer, der im Lieferwagen durch Newcastle kreuzt. „Ich wollte zeigen, wie verheerend sich das Leben dieser prekär arbeitenden Menschen auf ihren Alltag und ihre Familie auswirkt“, sagt Loach, der inzwischen 82 Jahre alte Meister des Sozialdramas.
Nicht nur Ricky ist von sieben bis 21 Uhr auf den Läufen, auch seine Frau Abbie (Debbie Honeywood) hetzt von Termin zu Termin. Sie arbeitet als mobile Altenpflegerin. Viel Dank bekommt sie für ihre aufopferungsvolle Arbeit nicht, und auch die Bezahlung ist nicht angemessen. Das Familienleben bleibt auf der Strecke, der 15-jährige Sohn Seb (Rhys Stone) schwänzt die Schule und kommt mit dem Gesetz in Konflikt, seine elfjährige Schwester Lisa Jane (Kathy Proctor) versucht, innerhalb der Familie vieles zu tragen, doch ist sie genauso überfordert wie die Eltern. Dieses System ist so fragil, dass ein kleines Unglück ausreicht, um es zusammenstürzen zu lassen.
Nominiert für Goldene Palme in Cannes
Premiere feierte „Sorry We Missed You“ in diesem Jahr bei den Filmfestspielen in Cannes, wo dieser aufwühlende Film im Wettbewerb um die Goldene Palme gezeigt wurde. Die Haupttrophäe bekam Ken Loach zwar nicht – zweimal war er bereits Goldener-Palmen-Gewinner –, doch sein Alltagsdrama erhielt glänzende Kritiken. In die Kinos kommt er in Deutschland am 30. Januar.
Dass Ken Loachs Film so authentisch wirkt, verdankt er auch seinen Hauptdarstellern, die er im wirklichen Leben gefunden hat. Rhys Stone hat gerade erst wieder mit der Schauspielerei angefangen, nachdem er viele Jahre als Klempner arbeitete. Debbie Honeywood ist Lehrerin und hat zuvor noch nie vor einer Kamera gestanden; Rhys Stone und Kathy Proctor sind Schüler. Und beim Anschauen des Films bekommt man Angst um das britische Sozialsystem. „Wenn der Brexit kommt, wird alles noch schlimmer“, so Ken Loach.
„Sorry We Missed You“ Sa 5.10., 19 Uhr, Cinemaxx (S Dammtor), Dammtordamm 1, Karten ab 11,50;- www.filmfesthamburg.de