Hamburg. Vom 5. bis 19. Juni können sich Besucher im Kupferstichkabinett von der Virtuosität des Universalgenies überzeugen.

Weltweit wird der 500. Todestag von Leonardo da Vinci (1452-1519) gefeiert: als Gelehrter, Philosoph, Konstrukteur, Architekt, aber natürlich allem voran als wegweisender Künstler, der legendäre Werke wie „Mona Lisa“ oder „Salvator Mundi“ (Erlöser der Welt) schuf; letzteres erzielte jüngst bei einer Auktion 450 Millionen US-Dollar, gilt damit als teuerstes Gemälde der Welt, aber seitdem auch als verschollen.

Als „meisterhaften Zeichner, der technische Perfektion und erstaunliche Innovationskraft verbindet“, präsentiert die Hamburger Kunsthalle von heute an bis zum 19. Juni dieses Universalgenie in einer kleinen, feinen Ausstellung: „Leonardo da Vinci. Die Zeichnungen im Kupferstichkabinett“.

Das Haus besitzt vier der deutschlandweit neun existierenden Zeichnungen. „Sie stammen aus dem Besitz von Georg Ernst Harzen, der sie zwischen 1838 und 1861 auf dem Londoner Kunstmarkt erwarb und per Testament dem Museum schenkte“, erklärt Kurator David Klemm. „Die hochsensiblen Grafiken sind Meisterwerke der Zeichenkunst und zählen zu den wertvollsten Kunstschätzen des Hauses überhaupt.“

Erstaunlich freie Linienführung

Das Kupferstichkabinett beherbergt rund 140.000 Arbeiten auf Papier, darunter auch Werke von Albrecht Dürer, Rembrandt und Raffael.

Das Besondere an dieser Ausstellung: Die vier Blätter sind im Jubiläumsjahr nur für einen kurzen Zeitraum in Hamburg versammelt, weswegen die Ausstellungsdauer auf zwei Wochen begrenzt ist. Die hochempfindlichen Zeichnungen werden der Öffentlichkeit erstmals nach zehn Jahren wieder zusammenhängend präsentiert.

Die Nachfrage an Leonardo-Blättern ist groß: So war die „Studie für die Anbetung der Hirten“ (um 1480), eine mit wenigen Strichen ausdrucksstark und spannungsvoll gestaltete Szenerie auf violett präpariertem Papier, gerade in der Alten Pinakothek in München zu sehen. Sie ist mit 172 mal 110 Millimetern die größte der vier Zeichnungen und offenbart Experimentierfreude sowie eine erstaunlich freie Linienführung.

Ausgeprägter Sinn für Schönheit

Der „Heilige Sebastian“ (um 1478/1483), das Studium einer komplizierten Körperbewegung, die möglicherweise als Vorstudie für ein privates Andachts- oder Altarbild diente, wird ab Oktober in der großen Leonardo-Schau im Pariser Louvre ausgestellt. „Aristoteles und Phyllis“ (um 1475) zeigt den Moment, in dem sich der griechische Philosoph Aristoteles (384–324 v. Chr.) am Boden kriechend von seiner Geliebten Phyllis demütigen lässt, als damals populäre Szene der „Macht der Frauen über die Männer“.

Leonardos „Studie zu einer Anbetung der Hirten“, Feder in Schwarz über Metallstift.
Leonardos „Studie zu einer Anbetung der Hirten“, Feder in Schwarz über Metallstift. © Hamburger Kunsthalle / bpk Foto: Christoph Irrgang | Hamburger Kunsthalle / bpk Foto: Christoph Irrgang

„Kopf eines alten Mannes oder einer alten Frau im Profil“ (um 1495/1505) ist für den Kurator Ausdruck eines „suchenden, neugierigen Künstlers, dem ständig neue Ideen einfallen. Ich bewundere an Leonardo einen ausgeprägten Sinn für Schönheit und edle Proportionen, aber auch, dass er das vermeintlich Hässliche als bildwürdig erachtet.“

Auch wird darin sein Interesse an physiognomischen Studien deutlich, was im späten 15. Jahrhundert selten war. Insgesamt zeigen die unterschiedlichen Arbeiten die Facetten seiner kreativen und virtuosen Persönlichkeit.

Reproduktion der „Mona Lisa“

Ergänzt werden die Meisterwerke durch weitere 30 Reproduktionsgrafiken, Fotografien und Karikaturen – Arbeiten von Künstlern nach Gemälden und Zeichnungen Leonardos aus fünf Jahrhunderten. „Hierbei wird der Frage nachgegangen, auf welchen Wegen Leonardos Werke seit der Renaissance ihre Verbreitung fanden. Es brauchte teilweise Jahrhunderte, bis die von Leonardo geschaffenen Ikonen der Kunstgeschichte in guten Reproduktionen zur Verfügung standen. Wir zeigen in der Ausstellung einige davon, zum Beispiel von dem berühmten ‘Abendmahl’ oder der ‘Mona Lisa’“, so David Klemm.

Die Veranstalter rechnen mit einem großen Besucherandrang. Um einen angenehmen Ausstellungsbesuch zu gewährleisten, wird der Erwerb eines Zeitfenster-Tickets empfohlen.

„Leonardo da Vinci. Die Zeichnungen im Kupferstichkabinett“ bis zum 19.6., Hamburger Kunsthalle (U/S Hbf.), Glockengießerwall 5, Di–So 10.00–18.00, Do bis 21.00, Eintritt 14,-/8,- (erm.), Zeitfenster-Tickets an der Kasse oder über www.hamburger-kunsthalle.de