Hamburg. Am Donnerstag stellte Carsten Brosda den Nachfolger von Christoph Martin Vogtherr vor. Er kommt aus Wiesbaden nach Hamburg.
Die frohe Kunde aus der Behörde kam überraschend: „Kultursenator stellt neuen Direktor der Kunsthalle vor.“ Nicht einmal drei Monate nach dem Weggang von Christoph Martin Vogtherr präsentierte Carsten Brosda gestern Journalisten und Mitarbeitern des Museums seinen neuen Mann: Alexander Klar, zurzeit noch Chef des Museum Wiesbaden, wird am 1. August die Leitung der Hamburger Kunsthalle antreten. Gerade rechtzeitig, könnte man sagen, denn vier Wochen später feiert das Haus sein 150. Jubiläum.
Ein großes Aufatmen und eine gelöste Stimmung waren im Werner-Otto-Saal zu spüren. „Mit Alexander Klar übernimmt einer der spannendsten und vielseitigsten Museumsmacher Deutschlands die Leitung von Hamburgs größtem Museum. Ich freue mich sehr, dass wir mit ihm eine Persönlichkeit mit internationaler Erfahrung und viel Tatkraft gefunden haben“, sagte Kultursenator Carsten Brosda (SPD). Der studierte Kunsthistoriker und Archäologe, der 1968 in Waiblingen bei Stuttgart geboren wurde, kann mit gerade mal 50 Jahren prominente Stationen wie das Salomon R. Guggenheim Museum in New York, die Peggy Guggenheim Collection in Venedig und das Victoria and Albert Museum in London aufweisen. 2008 war er Gründungsdirektor des Emil-Schumacher-Museums in Hagen.
„Moderne und innovative Akzente gesetzt"
An seiner letzten Wirkungsstätte in Wiesbaden habe Klar „moderne und innovative Akzente gesetzt, mit denen das Museum heute weit in die Stadtkultur hineinwirkt“, so Brosda. Dem Lobgesang auf seine Person lauschte Alexander Klar mit einem Lächeln im Gesicht. Man merkte: Die Chemie zwischen Senator und Direktor in spe stimmt. Schon beim ersten Gespräch habe man sich „verquatscht“, erzählte Brosda. Für den gelernten Journalisten lag dann auch das Wortspiel auf der Hand: „Die Zukunft der Kunsthalle ist Klar!“ Tatsächlich könnte sich die Personalie als Coup für Brosda herausstellen – allen Unkenrufen, die Kunsthalle mit Millionen-Minus und Besucherzahlen im Sinkflug würde lange führungslos bleiben, zum Trotz. Die mit der Finanzbehörde vereinbarte Tilgung der Schulden sei übrigens nicht Verhandlungssache gewesen, so der Senator.
Um den richtigen Mann für diese wichtige Position zu finden, hatte er eine hochrangig besetzte Findungskommission zurate gezogen. Mit dabei: Christina Weiss, die ehemalige Hamburger Kultursenatorin und Kulturstaatsministerin des Bundes, Philipp Demandt, Direktor des Städel Museums und der Schirn Kunsthalle in Frankfurt am Main, sowie Wulf Herzogenrath, ehemaliger Leiter der Kunsthalle Bremen. Klar begann seine Rede mit dem Hinweis, er würde das Wiesbadener Haus „ohne Defizit“ verlassen und freue sich auf die Kunsthalle, die „50 Jahre jünger und sexier“ sei. An dieses Adjektiv müssten sich die Leute gewöhnen, scherzte er; schließlich hätte ihn sein Direktor in London stets gefragt: „Was ist sexy an dieser Ausstellung?“ Er werde nun aber nicht nur Helmut Newton zeigen, um möglichst viele Männer ins Museum zu locken. Aber er wolle durchaus „den Kanon der heutigen Zeit erspüren, das Museum, das schon immer ein gegenwärtiges Haus war, als gesellschaftlich relevanten Ort präsentieren“.
Er ist kein Paradiesvogel
Vor allem aber weiß der Museumsmacher die besondere Sammlung der Kunsthalle zu schätzen; diese will er „bewahren, zeigen, interpretieren und mehren“. Denn: „Ein Museum lebt von seiner Sammlung und seinen Mitarbeitern.“ An die Kuratoren gerichtet versprach er: „Obwohl ich wahnsinnig gern selber kuratiere, werde ich versuchen, mich zurückzuhalten.“ Dezent ist auch sein Look: grauer Anzug, weißes Hemd, dazu eine moosgrüne Krawatte. Kein Paradiesvogel, eher einer, der sich im Hintergrund hält, um dann mit einem Paukenschlag um die Ecke zu kommen, der zum Beispiel so klingt: „Die Kunsthalle hat das Potenzial, ganz an die Spitze zu kommen.“ Auch damit liegt Klar mit Brosda auf einer Linie, der die Kunsthalle als „prägendes Museum von internationalem Anspruch“ sieht.
Sein erstes Projekt wird das Bestimmen der 25 bedeutendsten Werke sein, um damit auch touristisch zu werben. Schließlich hat Klar die Wetterprognosen im Blick: „Im Supersommer geht leider auch der treueste Hamburger Museumsbesucher lieber an den Strand.“ Auch Kooperationen mit anderen europäischen Museen will Klar, der gute Kontakte mit Großbritannien, Italien und den USA unterhält, eingehen. Nach Blockbuster-Ausstellungen befragt, sagt er: „Natürlich können wir eine Matisse-Schau machen, aber ich frage mich, was das mit Hamburg zu tun hat.“ Es sei seiner Meinung nach auch nicht sinnvoll, so viele Menschen wie möglich durch die Räume zu schieben, und am Ende könne man als Besucher nur über eine Ausstellung sagen: „Ich war da.“ Vielmehr möchte er, dass man „sich gute Bilder ansieht und das Museum glücklich verlässt.“ Nach einem kurzen Fototermin auf der Plaza verschwand der Neue sogleich ins erste Meeting mit seinen künftigen Kuratoren, um das Wichtigste zu besprechen: „Gute Ausstellungen!“