Hamburg. Der Ex-Moderator feiert sein Hamburger Bühnendebüt – dem Aus im Fernsehen zum Trotz. Premiere in „Kerle im Herbst“.
Fesch schaut er aus, der Herr, der sich vom Tisch auf der Terrasse des Restaurants Winterhuder Fährhaus erhebt. „Fesch“ bedeutet umgangssprachlich „hübsch, flott, sportlich aussehend“ und kommt aus dem Österreichischen. Früher stand „fesch“ auch für „nett“ oder „freundlich“. Auf Max Schautzer – blaues Jackett, blaues Polohemd, grüne Jeans und blaue Segelschuhe (ohne Socken!) – trifft eigentlich alles zu. Doch Schautzer ist nicht etwa nur zum Essen im Fährhaus.
Der gebürtige Kärntner spielt in der Komödie Winterhude Theater. Das überrascht zunächst. Mit seinen 78 Jahren ist Schautzer, noch als Fernsehmoderator und – mit Verlaub – Quiz-Onkel bekannt, gewissermaßen der Benjamin neben Horst Janson (83, „Der Bastian“) und Christian Wolff (81, „Forsthaus Falkenau“). Als „Kerle im Herbst“ machen sie in diesem Frühjahr in Hamburg Station. Am heutigen Freitag ist Premiere in Winterhude – für Schautzer gleichzeitig sein Hamburger Bühnendebüt.
„Hamburg ist meine heimliche Liebe“
Lampenfieber? „Das ist ja eine Art Krankheit“, sagt Schautzer beim Gespräch im inneren Foyer der Komödie. „Ich habe allenfalls erhöhte Temperatur.“ Der ausgebildete Schauspieler (am Konservatorium in Wien) fühlt sich sichtlich wohl, sein bekanntes Lächeln wirkt keineswegs aufgesetzt. Köln sei seine zweite Heimat, „Hamburg ist meine heimliche Liebe, die weltoffenste Stadt Deutschlands und Brücke zum Angelsächsischen“, sagt Schautzer.
Hier begann seine Karriere als TV-Moderator. „Ich habe ja beim NDR im Fernsehen angefangen.“ Als Gastmoderator der Reihe „Musik aus Studio B“ machte er 1975 erstmals in einem ARD-Unterhaltungsformat auf sich aufmerksam, kurioserweise als ein Nachfolger der Hamburger Lästerzunge Henning Venske, der im ZDF gesagt hatte, es sei „eine Sendung für Blöde“.
Stets ein Grenzgänger
Ein Blöder ist der Unterhaltungsprofi Schautzer gewiss nicht – für so manche Kritiker war er auf seine Gentleman-Art indes ein Langweiler. Dabei ist Schautzer stets ein Grenzgänger gewesen: Journalist, Sprecher, Schauspieler, Medienmanager, Filmproduzent, Autor und Herausgeber mehrerer Bücher. Seine Vita reicht für zwei bis drei Leben.
Mit der vom NDR verantworteten Live-Spielshow „Allein gegen alle“ kam für Schautzer vor 40 Jahren „seine große Chance“. Er schraubte die Quoten der Sonnabendabendshow von mäßigen 16 bis auf 48 Prozent. „Ich fühlte mich wie ein Fußball-Trainer, der einen abstiegsbedrohten Club auf Vordermann bringt“, sagt der ehemalige Hobbykicker.
Schautzer moderierte fast alles
Quasi Champions League, es war ja eine Eurovisions-Show. „,Allein gegen alle‘ war das anspruchsvollste Format der Unterhaltung, das ich je moderiert habe“, sagt Schautzer noch heute. „Ich habe die Sendung total umgekrempelt.“ Er machte das vorherige Hörfunk-Format fernsehtauglich. „Ich wollte nicht nur der Kellner sein, sondern daran mitwirken, was die Küche zubereitet“, erläutert er. „Schließlich hielt ich ja auch vor dem Publikum meinen Kopf dafür hin!“
So, wie er es in den folgenden zweieinhalb Jahrzehnten immer wieder tun sollte. Was er mitgestaltete, geriet zu Dauerbrennern: „Alles oder nichts“, „Ein Platz an der Sonne“, „Goldene Eins“, „ARD-Wunschkonzert“, „Immer wieder sonntags“. Schautzer moderierte fast alles, galt als der „Feuerwehrmann der ARD“, obschon er von 1980 bis 1983 zwischenzeitlich auch Deutschland-Chef von Radio Luxemburg war.
Sein größter Erfolg
Auf seinen größten Erfolg werde er noch heute immer wieder angesprochen, erzählt er: „Pleiten, Pech und Pannen“. Das Format, das er 1984 für den Bayerischen Rundfunk entwarf, lief fast 20 Jahre im ARD-Hauptprogramm. Die Zuschauer lieferten erstmals das Material für die Sendungen, eine revolutionäre Idee des TV-Mannes. „Ich sei der Vorreiter von YouTube, hieß es mal beim Festival Goldene Rose in Montreux“, erinnert er sich gern. „User generated content“, sagt er.
Und, noch so eine Überraschung, in Montreux war Schautzer bereits 1989 mit dem 2. Preis für seinen WDR-Film „Von New York zum Mississippi“ ausgezeichnet worden – ein Roadmovie mit deutschen Jazz-Heroen wie Albert Mangelsdorff und Klaus Doldinger. Jazz und Rock ’n’ Roll seien die Musik seiner Generation, der Best Ager, so Schautzer. Nicht etwa die Volksmusik, die er im Fernsehen allerdings auch präsentiert hat.
„Früher gab es mehr Altersdiskriminierung“
Als die ARD dem damals 63-jährigen Schautzer („Ich habe immer freiberuflich gearbeitet“) 2004 mitteilte, er solle aufgrund seines Alters nicht mehr die Familienshow „Immer wieder sonntags“ moderieren, schrieb er das Buch „Rock ’n’ Roll im Kopf, Walzer in den Beinen – Antworten auf den Jugendwahn“. Mit seinem sozialkritischen Werk sorgte er für Aufsehen. „Früher gab es mehr Altersdiskriminierung“, meint Schautzer jetzt. Er hatte eine Diskussion mitangeregt: „Nach meinen Vorträgen und Lesereisen sind auch Unternehmer zu mir gekommen und sagten, dass sie wieder auf über 50-Jährige setzen wollen.“ Und Fachkräftemangel? „Den gab es schon vor Jahren und jetzt vermehrt – auch in der Unterhaltung beim Fernsehen“, scherzt Schautzer.
Zur Zeit seiner Buchveröffentlichung fand er wieder zum Schauspiel, nach fast 40 Jahren Pause. Margit Bönisch, Direktorin der Komödie im Bayerischen Hof, sprach den Fernsehmann an. Schautzer übernahm die Rolle des Kommissars in der interaktiven Krimikomödie „Scherenschnitt oder Der Mörder sind Sie“, tourte durch Deutschland, Luxemburg und die Schweiz. Es folgten der Neil-Simon-Klassiker „Sonny Boys“ mit Dietz-Werner Steck („Tatort“) und immer mehr Theater-Engagements.
Autobiografie geplant
Was ihm die Schauspielerei bringt? „Ich sehe das auch als Gedächtnistraining“, sagt Schautzer. In seiner Rolle sei er „eher der sportliche Typ“. Und zum Stück: „Auf Mallorca kommt unter den dreien alles Mögliche ans Tageslicht, auch Macken und deren Manierismen. Die Dialoge sind sehr gut geschrieben, hier hat eine Frau in Männerseelen geblickt.“ Die Autorin Katrin Wiegand also.
Er selbst, so lässt er durchblicken, hat die Daten und Stationen seines vielfältigen Lebens auch deshalb so gut parat, weil er seine Autobiografie plant. Im nächsten Jahr wird Max Schautzer 80. Dann ist er ein Very Best Ager. Und in jedem Fall einer, hinter dessen freundlichem Lächeln klare Gedanken stecken.