Hamburg. Klaus Florian Vogt erweist Franz Schuberts „schöner Müllerin“ beim Kammerkonzert in der Elbphilharmonie die Ehre.

Der Tenor Klaus Florian Vogt ist der bodenständigste Weltstar, der sich denken lässt. Neun Jahre war er Hornist beim Philharmonischen Staatsorchester Hamburg, bevor er eine sensationelle Gesangskarriere hinlegte. Doch von den Opernbühnen in Salzburg, Bayreuth und Co. kehrt er immer wieder zu den früheren Kollegen zurück. Gemeinsam haben sie am Sonntag im Kleinen Saal der Elbphilharmonie Franz Schubert die Ehre erwiesen.

Schubert hat mal ein Oktett für Klarinette, Fagott, Horn und Streicher geschrieben, ein heiteres, melodienseliges, zärtliches Stück, ein Sehnsuchtswerk für jeden Kammermusiker. Und was macht Vogt? Nimmt genau diese Besetzung und lässt für sie einen Schubert gleichsam neu schreiben: Andreas N. Tarkmann hat den Klavierpart des berühmten Liedzyklus „Die schöne Müllerin“ bearbeitet. Der Zyklus leuchtet das ganze Spektrum der Qualen unerwiderter Liebe aus. Vogt gibt dem Leid des jungen Müllerburschen Fassung.

Er badet nicht darin, er zeichnet dessen Hoffen und Sehnen, die Eifersucht auf den feschen Jäger und die Verzweiflung mit hellem Timbre, haarfeiner Empfindung und einem so sparsamen wie wirksamen Einsatz von Gestik und Mimik in einer Weise nach, die den Hörer durch die Genauigkeit des Mitfühlens ergreift.

Tarkmann lässt Schuberts Nuancen hervortreten

Die Wirkung ist auch der Genauigkeit des Zusammenspiels mit den Musikern geschuldet.

Wer die originale „Müllerin“ im Ohr hat, muss sich an das Klangbild der Bearbeitung erst gewöhnen. Aber dann fesselt sie den Hörer. Es ist, als hätte Tarkmann den Klavierpart unter die Lupe gelegt. Aus dem Gewebe treten völlig andere Strukturen und Farben hervor. Der Freund des Müllerburschen ist ein Bächlein, mit dem er alle 20 Lieder hindurch im Gespräch ist. Schubert hat unzählige Nuancen gefunden, das Wasser murmeln, sich kräuseln und schäumen zu lassen. Wenn der Müllerbursche im Bach Erlösung sucht, dann spielt das Horn wie aus weiter Ferne ein Jagdmotiv: Das so diskret herauszuheben, zeigt die instrumentale Raffinesse des Bearbeiters. Fast mit einem Lächeln bettet das Bächlein den Erschöpften zur ewigen Ruhe. Die traurigsten Dinge pflegt Schubert in Dur zu sagen.