Hamburg. Christoph Martin Vogtherr geht nach nur zwei Jahren im Amt und wacht künftig über Schlösser wie Sanssouci und Charlottenburg.

Er hat hoch gepokert und nun gewonnen. Seit Donnerstagnachmittag steht fest: Christoph Martin Vogtherr (53) verlässt nach nur zwei Jahren als Direktor die Hamburger Kunsthalle. Vogtherr wird neuer General­direktor der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg (SPSG), in dieser Position wacht er über 30 Museumsschlösser wie etwa Sanssouci und Charlottenburg, 800 Hektar Parkanlagen und 100.000 Einzelkunstwerke. Zu seinem Stab gehören künftig statt 160 rund 550 Mitarbeiter.

In einer öffentlichen Sitzung entschied der Stiftungsrat unter Vorsitz von Brandenburgs Kulturministerin Martina Münch über den begehrten Posten – gegen den Mitbewerber Matthias Wemhoff, Direktor des Berliner Museums für Ur- und Frühgeschichte, und für Vogtherr: „Mit der Entscheidung für Prof. Dr. Christoph Martin Vogtherr können wir die wichtige Position des Generaldirektors der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg mit einer exzellent qualifizierten Persönlichkeit sehr gut und zeitnah besetzen. Der Stiftungsrat freut sich auf die Zusammenarbeit mit Christoph Martin Vogtherr und erhofft sich eine weitere positive Entwicklung der SPSG, die als eine der bedeutendsten Kulturinstitutionen der Hauptstadtregion weltweit Anerkennung und Aufmerksamkeit genießt“, so die Kultur­ministerin.

Der Posten ist schon knapp ein halbes Jahr vakant

Um den genauen Starttermin – im Gespräch ist der 1. Januar 2019 – dürften sich die nun folgenden Verhandlungen zwischen Hamburg und Berlin drehen. Denn der Posten des Generaldirektors ist schon knapp ein halbes Jahr vakant: Am 1. Juni wechselte Vorgänger Hartmut Dorgerloh nach 16 Jahren zum Humboldt-Forum. Seitdem regelt sein Ständiger Vertreter Heinz Berg die Geschäfte kommissarisch. „Grundsätzlich ist der Posten ab sofort frei“, sagt Stephan Breiding vom Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kultur. Aber natürlich müsse man auch auf die Bedürfnisse in der Hamburger Kunsthalle Rücksicht nehmen.

Von der erwarteten Katastrophenstimmung am Glockengießerwall war zunächst nichts zu spüren. Vielmehr: totale (Funk-)Stille. Vom scheidenden Direktor gab es keine Stellungnahme. Vogtherr reiste nach dem Termin in Berlin direkt weiter zu einer Tagung. Es hieß, er sei erst am kommenden Montag wieder zu sprechen.

Kulturbehörde ist wenig amüsiert

In der Hamburger Kulturbehörde zeigte man sich wenig amüsiert über die Personalie. Kultursenator Carsten Brosda (SPD) ließ lediglich durch seinen Sprecher Enno Isermann verlauten: „Angesichts der Biografie von Christoph Martin Vogtherr ist das persönlich plausibel. Wir bedauern die Entscheidung, gratulieren Herrn Vogtherr aber dazu, für diese durchaus besondere Position im deutschen Kulturleben ausgewählt worden zu sein. Gemeinsam mit dem Stiftungsrat und Herrn Vogtherr werden wir nun die weiteren Schritte besprechen.“

Es dürfte auch nicht so einfach sein, einen Nachfolger für Vogtherr zu finden. Zwar ist der Posten innerhalb der norddeutschen Museumslandschaft sehr renommiert. Doch offensichtlich liegt etwas im Argen, wenn der Direktor nach nur zwei Jahren die Leitung des wichtigsten Hamburger Museums abgibt, kurz vor dem 150. Jubiläum seines Hauses. Sind es persönliche Differenzen zwischen Museumsdirektor und Kulturbehörde? Oder interne, strukturelle Probleme, wie häufig vermutet?

Freunde der Kunsthalle sind betrübt

Beim „Freunde der Kunsthalle e.V.“ ist man sehr betrübt, dass Vogtherr, ein „gebildeter, belesener und von Kunst begeisterter Mann mit exzellenten Beziehungen nach Frankreich und England, der sich so gut in der Stadt eta­bliert hat“, nun geht. „Aber ich kann ihn verstehen“, sagt Ekkehard Nümann, Freundeskreis-Vorsitzender, gegenüber dem Abendblatt. „Auch ich würde einen Fünf-Jahres-Vertrag mit hohen Auflagen und Leistungsnachweisen eintauschen.“ Seit Jahren könne die Kunsthalle keine Ankäufe mehr tätigen; und nur durch die jährlichen Zuwendungen des Freundeskreises von bis zu 500.000 Euro könnten überhaupt noch Sonderausstellungen gezeigt werden. „Die Misere in der Kunsthalle ist mit dem Weggang Vogtherrs nun offensichtlich, einen neuen Direktor zu finden umso schwieriger“, so Nümann.

Zumal der Neue in Hamburg auf jeden Fall mit der Bürde eines Finanzlochs starten wird: Durch aufwendige Umbauarbeiten am Gebäude und die Besucherverluste während des „Super-Sommers“ geht die Kunsthalle mit einem Minus von geschätzten 300.000 Euro ins Jahr 2019.

Schon von 1998 bis 2007 arbeitete Vogtherr für die Stiftung

Vogtherr indes kann sich über eine bestens durch den Bund und die Länder Berlin und Brandenburg finanzierte Stelle freuen. Die Stiftung erhält zurzeit jährlich knapp 41 Millionen Euro, hinzu kommen weitere Mittel aus dem Investitionsprogramm der Länder. Der neue Generaldirektor ist bei seinem künftigen Arbeitgeber übrigens kein Unbekannter. Schon von 1998 bis 2007 arbeitete Vogtherr für die Stiftung, bevor er nach London ging und dort die Wallace Collection leitete. 2016 kam er nach Hamburg. Diese sehr kurze Ära Vogtherrs ist nun auch Kunstgeschichte