Hamburg. Direktor Christoph Martin Vogtherr stellt Jahresprogramm vor. Er will zum ersten Mal in Deutschland Bilder des Barockmalers zeigen.

Mit sieben neuen Ausstellungen will die Hamburger Kunsthalle in diesem Jahr noch mehr Besucher als 2017 anlocken. Der große Star im neuen Programm ist Thomas Gainsborough (1727–1788), mit dem Direktor Christoph Martin Vogtherr Anfang März den eigenen großen Aufschlag wagt: Noch nie wurde der englische Maler des Barock in Deutschland gezeigt, Hamburg erwarte eine spektakuläre Ausstellung. Gainsborough habe versucht, die großen Umbrüche seiner Zeit in seinem Werk umzusetzen.

Er experimentierte mit Glasmalerei, zeichnete mit Milch, malte mit Glassplittern und begann mit der Auflösung der Form. Inhaltlich bemerkte er die sozialen Veränderungen und ließ seine Beobachtungen unmerklich in seine Bilder einfließen. Die Hamburger Kunsthalle präsentiert stattliche 80 Werke von Gainsborough, 50 Gemälde und 30 Arbeiten auf Papier. Als Landschaftsmaler sei der Künstler „experimenteller und spannender“ als in seinen Porträts, so Vogtherr.

Große Themenausstellung

Mit dem Künstler Heinrich Reinhold (1788–1825) will Vogtherr Ende des Jahres das Landschaftsthema und den Weg fortsetzen, den er mit den Zeichnungen von Claude Lorrain eingeschlagen hat, allerdings ohne dessen Bekanntheit: „Reinhold wird für die meisten eine Entdeckung sein.“ Die Kunsthalle verfüge über den wichtigsten Bestand seines Werkes, sie arbeitet für die Ausstellung mit der Klassik Stiftung Weimar zusammen, die einen Teil des Reinhold-Nachlasses erworben hat.

Die große Themenausstellung des Jahres kreist Ende Juni um die „Entfesselte Natur – Das Bild der Katastrophe seit 1600“ durch mehrere Jahrhunderte hindurch bis in die Gegenwart. In 120 Gemälden, Zeichnungen, Grafiken, Skulpturen, Fotos, Filmen und Videos werden diverse Katastrophen heraufbeschworen. Historisch handelt es sich auf den ausgewählten Gemälden um Vulkanausbrüche, Schiffsunglücke oder Deichbrüche. Die Schau kann angesichts der täglichen Katastrophenbilder in den Medien eine spannende Art sein, diese Gemengelage zu reflektieren.

Wichtige Neuerwerbungen

Im Rahmen der Triennale der Photographie Anfang Juni erarbeitet die Kunsthalle mit 80 Werken, die überwiegend aus den eigenen Beständen kommen, einen der größten Beiträge. Titel: „Control – No Control“. Hier geht es häufig um Überwachung, Sicherheitstechnologie, Macht und Unfreiheit. Die Neu-Präsentation der zeitgenössischen Sammlung geht im Februar unter dem Titel „Honey, I rearranged the collec­tion“ in die dritte Runde, als Einladung, die eigenen Bestände an Gegenwartskunst unter bestimmten Blickwinkeln neu zu erleben.

Von der Hamburger Künstlerin Lili Fischer, geboren 1947, ist für Oktober eine Ausstellung geplant, die ihrem zeichnerischen Werk und ihren Drehbüchern gewidmet ist. Im November wird mit dem Belgier Philippe Vandenberg ein Künstler erstmals groß präsentiert, dem das bislang versagt blieb. Vandenberg stoße „gegen die Mauer des Erlaubten“, sagt Vogtherr. Er berühre „Schmerzgrenzen in allen Bereichen. Ein sehr herausforderndes Werk.“ Neue Formen der Teilhabe hat Vogtherr bereits mit seiner Ausstellung „Open Access“ ausprobiert. Ähnliches will er fortführen als „wichtigen Akzent“.

Extreme Übersättigung

Auf die Frage, warum die bekannten großen Namen fast fehlten, sagte der Direktor, dass ein Punkt der extremen Übersättigung erreicht sei, weil immer dieselben großen Namen weitergereicht würden. Das habe der Austausch mit anderen deutschen Kunstmuseen ergeben. „Sie sehen keine Sparmaßnahme, sondern eine konzeptuelle Entscheidung.“ Dank diverser Stiftungen konnte erfreulicherweise einiges angekauft werden, etwa das Bild „Die Geburt der Minerva“ von Charles de La Fosse, eine Delacroix-Zeichnung, ein Hauptwerk von Dorothea Maetzel-Johannsen und Videos von Clemens Wedemeyer.

Zur Bilanz des Jahres 2017: Erhöhte Energie-, Reinigungs- und Personalkosten nach der Sanierung haben ein Defizit von einer knappen Million Euro hinterlassen, daran werde in engem Kontakt mit der Kulturbehörde gearbeitet. Auf dem Vorplatz sei in den vergangenen Monaten ein „unschönes Umfeld“ entstanden, so Vogtherr. „Da ist die Stadt aber schon dabei, uns zu helfen.“

340.000 Menschen in der Kunsthalle

Insgesamt kamen im vergangenen Jahr 340.000 Menschen in die Hamburger Kunsthalle. Interessant ist, aus welchen Ländern ausländische Besucher stammten – nämlich aus Italien, Frankreich oder Dänemark. „Das wird sich in unserer künftigen Vermarktung widerspiegeln“, sagt Geschäftsführer Norbert Kölle. Prominentester Gast war übrigens Brigitte Macron, die Frau des französischen Präsidenten Emmanuel Macron, die während des G-20-Gipfels die Kunsthalle besuchte.