Hamburg. Der Produzent aus Kanada überzeugt beim Hamburger Sommerfestival-Auftritt. Elf Grammy-Musikpreise hat er abgeräumt.

Wenn Rockmusiker unter die Produzenten gehen, gerät die eigene Musik gerne mal in den Schatten. Das war auch bei Daniel Lanois so. Ohne den Kanadier gäbe es einige der wichtigsten Alben der jüngeren Rockgeschichte nicht. „The Joshua Tree“ von U2 zum Beispiel. Oder Peter Gabriels „So“. Oder Bob Dylans „Oh Mercy“. Elf Grammy-Musikpreise hat Lanois im Laufe seines Lebens abgeräumt. Gleichzeitig war er immer auch Musiker, der einer besonders eigenwilligen Stil-Mischung aus Experimentalrock und Elek­tronik huldigte.

Die Besucher seines Auftritts in der großen Kampnagelhalle anlässlich des Internationalen Sommerfestivals bekommen die ganze Bandbreite der Stilvielfalt des Musikers in angemessener Lautstärke auf die Ohren. Lanois selbst steht an der Gitarre, das Gesicht hinter Bart, Brille und tief gezogener Mütze verborgen, die Arme muskulös. Er ist umringt von elektronischen Gerätschaften. In der Mitte ruht fast ein wenig anachronistisch seine Pedal-Steel-Gitarre, die ihn seit der Kindheit begleitet.

Vertrackte Sounds

Gemeinsam mit seinen beiden Mitstreitern, Drummer Kyle Crane (bekannt als Double aus dem Musikdrama „Whip­lash“) und Bassist Jim Wilson entfesselt er zunächst ein Rock-Ungeheuer. Vertrackte Sounds, schräge Melodien, heiserer Gesang. Schwerblütig erklingt „Slow Giving“ und das wuchtige „I Love You“ vom Album „Shine“. Bei den zahlreichen Duett-Momenten mit Jim Wilson bekommt der Gesang einen lebensweisen, hippiesken Anstrich.

Es folgt eine Episode mit allerlei vertrackten Electronica, die an Soundtracks abgefahrener Psychothriller erinnern. Zum Beispiel „Sioux Lookout“ vom Album „Flesh and Machine“. Lanois dreht an seinen aufgetürmten Gerätschaften. Basslastiger Bombastsound ertönt, der nie ins Klebrige abgleitet und man hört heraus, warum so viele Überbands diesen Mann für den Feinschliff ihrer Alben engagiert haben. Lanois macht aus mittelmäßigem Klang große Oper.

Mehr Abwechslung geht kaum

Erneuter Instrumentenwechsel. Lanois begibt sich an sein Lieblingsinstrument, die Pedal-Steel-Gitarre und lässt sie „Panorama“ und „Frozen“ vom früheren Werk „Belladonna“ singen. Auch das klingt bei ihm eher nach Film- als nach Countrymusik. Mehr Abwechslung in einem einzigen Konzert geht kaum.

Eine Zugabe muss reichen. „Ich gehe jetzt einen Whiskey trinken“, sagt La­nois. Er hat ihn sich verdient.