Hamburg. Lange waren sie das Sorgenkind der Kulturlandschaft. Das hat sich geändert, aber manche Häuser haben großen Modernisierungsbedarf.

Mit der Eröffnung der Elbphilharmonie und dem damit verbundenen Besucheransturm wird Hamburg stärker als zuvor auch als Kulturstadt wahrgenommen. Damit kommen auch Menschen in die Stadt, die über den Besuch des Konzerthauses hinaus an kulturellen Angeboten interessiert sind. Für die Museen, die schon aufgrund ihrer Öffnungszeiten zur Elbphilharmonie kein konkurrierendes, sondern ein komplementäres Angebot offerieren, bietet das enorme Chancen. Sind die Stiftungen auch tatsächlich dafür gerüstet, oder besteht die Gefahr, dass sie die hohen Erwartungen enttäuschen?

Lange Zeit waren die Hamburger Museen das Sorgenkind, oft genug auch das Stiefkind der Hamburger Kulturpolitik. Die Umwandlung der sieben staatlichen Museen der Hansestadt in Stiftungen, die die damalige Kultursenatorin Christina Weiss 1999 durchgesetzt hatte, zog zunächst eine Menge Probleme nach sich. Vor allem die Finanzierung der Stiftungen erwies sich als problematisch, mehrfach mussten Entschuldungen politisch durchgesetzt werden, häufig stand der Vorwurf im Raum, die Museen könnten mit Geld nicht umgehen.

Hamburgs stärkste Ausstellungen

Dabei gab es in der Öffentlichkeit eine merkwürdige Diskrepanz zwischen der Maxime, dass die Museen möglichst kostensparend wirtschaften sollten, und der Erwartung, dass sie so attraktiv sein sollten wie die berühmten Häuser der großen Kulturmetropolen. Vor allem unter den CDU-Bürgermeistern von Beust und Ahlhaus produzierten Hamburgs Museen bundesweit oft negative Schlagzeilen.

Die halbherzigen, nie zu Ende gedachten Reformversuche von Kultursenatorin Karin von Welck machten alles nur noch schlimmer. Höhepunkt war 2011 die von ihrem Nachfolger Reinhardt Stuth angekündigte Schließung des Altonaer Museums, die „Kulturstadt“ war sogar international dem Spott ausgesetzt. Erst unter Stuths Nachfolgerin Barbara Kisseler begann eine Verbesserung der Situation, sowohl in struktureller und finanzieller, vor allem aber in atmosphärischer Hinsicht.

Kreative Lösungen

Nach und nach fanden Hamburgs Museen innerhalb der Rahmenbedingungen kreative Lösungen und wurden wieder positiver wahrgenommen. Von der Öffentlichkeit weitgehend unbeachtet hatte bereits der CDU-Senat schon 2003 ein millionenschweres Sanierungsprogramm in Gang gesetzt, die Museen wurden zumindest baulich instand gesetzt. Nicht zuletzt durch das Engagement privater Spender, aber auch durch große Investitionszusagen des Bundes verbesserte sich die Situation – und die Stimmung – erheblich.

Aber wie steht es jetzt, im ersten Jahr der Elbphilharmonie, um Hamburgs Museen? Ziemlich gut, muss man sagen mit Blick auf das größte der Häuser, die Kunsthalle. Erst vor gut einem Jahr war das Museum nach einer 17 Monate währenden Modernisierung und Umgestaltung am 28. April 2016 in völlig neuem Gewand wiedereröffnet worden. Ermöglicht hatte das eine 15-Millionen-Euro-Sachspende des Stifterehepaars Dorit und Alexander Otto, die von der Stadt um weitere sieben Millionen Euro aufgestockt worden war.

Hamburger Kunsthalle: Virtueller Rundgang

Damit ist Hamburgs größtes Kunstmuseum heute nicht nur bundesweit konkurrenzfähig, sondern kann auch international gut mithalten – selbst wenn, wie zurzeit, keine Blockbuster-Ausstellungen gezeigt werden. Gerade für auswärtige Besucher ist die wunderbar präsentierte Sammlung des Hauses mit weltberühmten Spitzenwerken wie Caspar David Friedrichs „Wanderer über dem Nebelmeer“ oder der „Nana“ von Edouard Manet ohne Zweifel attraktiv.

Das gilt auch für das Museum für Kunst und Gewerbe, das ebenfalls für zweistellige Millionenbeträge baulich instand gesetzt und unter der Leitung von Sabine Schulze auch inhaltlich komplett neu ausgerichtet worden ist. Nichts ist mehr von der Betulichkeit eines konventionellen Kunstgewerbemuseums zu spüren. Statt sich als „Schatzkästlein“ für ergraute Sammler zu präsentieren, wird der Bestand – etwa unter dem Blickwinkel der Weltreligionen – in Beziehung zu aktuellen Fragen gesetzt. Und immer wieder locken auch Sonderausstellungen zu gesellschaftlich relevanten Themen, wie jetzt zum Beispiel „Food Revolution 5.0“, Menschen ins Haus, die nicht zum klassischen Museumspublikum gehören.

Kunstmeile im Stadtbild nicht wahrzunehmen

Mit den Deichtorhallen, deren Halle für aktuelle Kunst erst vor zwei Jahren für 13 Millionen Euro saniert worden ist, verfügt Hamburg in Verbindung mit dem Haus der Photographie und der Sammlung Falckenberg außerdem über eines der europaweit reizvollsten Ausstellungshäuser für aktuelle Kunst. Die Kunstmeile Hamburg ist zwar nach wie vor im Stadtbild nicht wirklich wahrzunehmen, ihr Angebot, das auch das von der „Zeit“-Stiftung betriebene Bucerius Kunst Forum mit seinen attraktiven Ausstellungsformaten einschließt, braucht den Vergleich mit dem Angebot von Metropolen nicht zu scheuen.

Und wie steht es um die kulturhistorischen Museen, die 2008 zur Stiftung Historische Museen Hamburg zusammengefasst wurden? Das Museum für Hamburgische Geschichte, Flaggschiff der Stiftung und bundesweit größte stadtgeschichtliche Sammlung, ist im Moment eher etwas für Traditionalisten, das imposante, von Fritz Schumacher entworfene Gebäude am Holstenwall, verströmt mit seinen in die Jahre gekommenen Ausstellungen nostalgischen Charme. Kinder finden das meist gut, und gerade in der Ferienzeit geht es oft lebhaft in dem Haus zu, zu dessen Höhepunkten der vermeintliche Schädel des Piraten Klaus Störtebeker gehört. Aber konkurrenzfähig ist das Haus in seinem heutigen Zustand nicht.

36 Millionen schwere Finanzzusage

Doch dank einer 36 Millionen schweren Finanzzusage, die zu gleichen Teilen von der Stadt und dem Bund gezahlt wird, steht eine grundlegende Erneuerung bevor. Neben einer kompletten inhaltlichen Neukonzeption soll das Haus auch zur Parkanlage Planten un Blomen geöffnet werden und eine attraktive Gastronomie erhalten. „Es ist eine einmalige Chance, das Haus vom Keller bis zum Dach völlig neu zu gestalten. Dabei wollen wir neue Per­spektiven auf die Stadtgeschichte eröffnen. Wir werden unser Angebot auf allen Etagen neu organisieren und in neue Zusammenhänge stellen“, sagt Museumsdirektor Hans-Jörg Czech. Die Planungen laufen, der Baubeginn steht jedoch noch nicht fest. Spätestens 2022, zum 100. Jubiläum der Eröffnung des Schumacher-Baus, soll aber alles fertig sein.

Dann dürfte auch die Eröffnung des Deutschen Hafenmuseums in greifbare Nähe gerückt sein, für das Bundesmittel in Höhe von 120 Millionen zur Verfügung stehen. Noch steht nicht fest, wo sich das neue Museum, das gleichfalls zur Stiftung Historische Museen Hamburg gehören wird, ansiedeln wird, aber vieles deutet darauf hin, dass es das Gelände am Hansa-Hafen mit den 50er-Schuppen sein wird. Dort wäre auch ein günstiger Standort für die gerade aus New York zurückgeholte Viermastbark „Peking“, die als Wahrzeichen und Eyecatcher des neuen Museums dienen soll.

Denkmalgerechte Sanierung

Während das noch Zukunftsmusik ist, vollziehen sich in den beiden anderen Häusern der Stiftung schon sehr bald Veränderungen: Bereits Mitte September wird im Altonaer Museum ein neues Café eröffnet, das auch auswärtiges Publikum in das einst von der Schließung bedrohte Haus locken soll. Und auch das vor 20 Jahren eröffnete Museum der Arbeit steht vor einer umfassenden Modernisierung, die Direktorin Rita Müller als „Paradigmenwechsel“ bezeichnet.

Den Auftakt bildet die denkmalgerechte Sanierung des historischen Torhauses auf dem Barmbeker Museumsgelände, für die Bundesmittel in Höhe von 4,2 Millionen Euro zur Verfügung stehen. Dort sollen museumspädagogische Räume, Werkstätten und Labs für Schüler wie für Erwachsene entstehen und neue Vermittlungsformate erprobt werden. „In der Zukunft plant das Museum einen interaktiven Raum, der die Besucherinnen und Besucher einlädt, sich selbstständig auf verschiedenen Ebenen und mit allen Sinnen mit dem Thema ‘Was ist Arbeit?’ auseinanderzusetzen“, sagt Rita Müller.

Der Domplatz soll Hammaburg-Platz heißen

Auch das Archäologische Museum Hamburg arbeitet an neuen Konzepten, die zurück in die Frühgeschichte Hamburgs führen – und damit in die Innenstadt. „Wir haben die Geschichte der Hammaburg und die Anfänge der Hansestadt gründlich erforscht“, sagt Museums­direktor Rainer-Maria Weiss, der sich darum bemüht, den Domplatz in Hammaburg-Platz umzubenennen.

Die neuen Erkenntnisse über die Hammaburg sollen am authentischen Ort erlebbar gemacht werden. „Zusammen mit der HCU Hamburg beschreiten wir neue Wege des kulturellen Storytellings und testen aus, wie Archäologie und Geschichte digital und smart Besucher und Passanten faszinieren können“, erklärt Weiss. Sobald die Pläne im Herzen der Stadt umgesetzt sind, dürfte auch das eigentlich in Harburg ansässige Museum von Hamburg-Besuchern viel stärker wahrgenommen werden als bisher.

Probleme im Museum für Völkerkunde

Wie groß dagegen der Modernisierungsbedarf am Museum für Völkerkunde ist, hat dessen neue Direktorin Barbara Plankensteiner kürzlich im Abendblatt-Gespräch erklärt. „Das Museum ist ausgeblutet, es gibt sehr viel zu tun“, sagte die Direktorin, die ihr Amt im April angetreten hat. Das heißt freilich nicht, dass Wissenschaftler des Hauses in den vergangenen Jahren nicht substanzielle und international beachtete Forschungsarbeit geleistet hätten. Nur konnte sich das nicht in ambitionierten Ausstellungsprojekten widerspiegeln.

Für die meisten Besucher wirkt das Haus an der Rothenbaumchaussee recht angestaubt, wobei die Wahrnehmung der einzelnen Abteilungen durchaus unterschiedlich ist. Grundsätzlich steht außer Frage, dass sich hier eine Menge ändern muss. Da diese Einschätzung von der Kulturbehörde offenbar geteilt wird, kann man davon ausgehen, dass Barbara Plankensteiner die dafür notwendigen Mittel erhalten wird. Mit ihr habe man jedenfalls „die richtige neue Museumsdirektorin“ für eine „Neupositionierung“ gefunden, erklärte Kultursenator Carsten Brosda.

Die europäischen, vor allem aber außereuropäischen Sammlungen dieses traditionsreichen Museums sind jedenfalls so vielfältig und bedeutend, dass es sich für Hamburgs immer zahlreicher werdende Kulturtouristen künftig zum echten Magneten entwickeln könnte. Warum sollte es nicht als kleineres, vielleicht auch feineres Gegenstück zum bombastischen Berliner Humboldt-Forum von sich reden machen?