Hamburg. 360-Grad-Beschallung mit Meyerbeer-Raritäten in der Elbphilharmonie. Die Sopranistin feierte ein bejubeltes Debüt.

In der internen Bühnenanweisung für die Elbphilharmonie sollte von nun an in der Konzert-Kategorie „Opern-Star (m/w) mit Begleitorchester“ ein Foto von Diana Damrau als Maßeinheit abgebildet werden. So geht das nämlich. So wickelt man in Sekunden mehr als 2000 Menschen um den kleinen Finger, lässt sie zappeln, mitleiden, mitlieben, mitspielen fast. Denn so hin- und mitreißend, wie Damrau ihr Können präsentierte, wirkte es spielerisch im musikdramatischen Sinne. Ungekünstelt und unmittelbar. ­Albern leicht geradezu. Was es natürlich überhaupt nicht ist.

Toll zu singen ist ein Teil dieses ­Abräum-Tricks, doch den beherrscht die Sopranistin mit beispielhafter Brillanz. Für ihr bejubeltes Debüt im Hamburger Neubau, kurz nachdem Jonas Kaufmann dort so seine Raumklang-Not hatte, kam Damrau unter anderem mit einer Repertoire-Herzensangelegenheit: Raritäten von Meyerbeer, Größtmeister der virtuos auftoupierten Historienspektakel-Oper, den der junge Wagner nicht ausstehen konnte, weil er ­erfolgreicher war und besser.

Einfallsreich und effektvoll

Diese ­Musik ist so toll, so ­gefühlsprall, so einfallsreich und effektvoll gewirkt, dass sie keine Rehabilitation braucht. Interpretinnen wie Diana Damrau genügen. Und die ­betrat die Bühne nicht, sie stürmte und eroberte sie, smart begleitet von Prager Philharmonikern unter der kompetenten Leitung von Emmanuel Villaume.

Vollgas und Spaß dabei vom ersten Ton an, und dazu, zur verständlichen Freude in allen Rängen, ein 360-Grad-Damrau-Genuss. Sie kostete es voll aus, Volumen und die Flugfähigkeit ihrer Stimme beim Ausleben ihrer Partie-Kostproben in alle Himmelsrichtungen auszuprobieren. Das „Ombre légère“ aus „Dinorah“: ein Traum, jeder Ton, jede Phrase. La Damrau gurrte und schäkerte allerliebst, die Saal-Akustik lieferte.

Samtig gereifter Konversationston

In den Auszügen aus Massenetes „Manon“ beeindruckte ein samtig gereifter Konversationston, und auch als Verdi-Heldin überzeugte Damrau voll und ganz. Ihr Duett-Partner und Ehemann, der Bassbariton Nicolas Testé, erfüllte die undankbare Aufgabe des Sidekicks mit noblem Anstand und dunkler Größe, wusste aber hörbar stets, wer Publikums- und Applausmagnet war. Hier waren, einen Abend lang, zwei ganz bei sich und dem, was sie lieben.