Hamburg. Die Sopranistin bewältigt regelmäßig einige der schwersten Partien des Opernrepertoires. Am 7. Juni auch in der Elbphilharmonie.

Als Diana Damrau einmal im Großen Saal der Laeiszhalle einen Liederabend gab, da unterlief ihr bei den französischen Zeilen ein winziger Textdreher. Hinterher kommentierte sie backstage: „Ich hab gedichtet!“ Und kicherte leise.

Damrau kichert oft. Kleine, glucksende, fast überraschte Lacher sind das, sie wirken so unverstellt wie die ganze Person. Und genauso gut gelaunt. Kein Brimborium, nirgends.

Dabei muss sie die höchsten Erwartungen einlösen. Wer wird schon von der internationalen Presse als „weltbeste Koloratursopranistin“, als „Kultfigur unserer Zeit“ bezeichnet? Damrau, Jahrgang 1971, gehört zu den wenigen ihres Fachs, die sich seit Jahrzehnten an der Weltspitze halten. Regelmäßig singt sie an der New Yorker Met oder der Mailänder Scala, die Bayerische Staatsoper oder Covent Garden London dürfen es auch mal sein. Wer Damrau einmal auf der Bühne erlebt hat, wird nicht mehr vergessen, wie mühelos diese silbrige Stimme strömt und wie subtil Damrau gestaltet. Noch die akrobatischsten Koloraturen haben bei ihr eine musikalische Aussage.

CD-Tipps

Zum Abendblatt-Interview kommt die „Kultfigur“ ganz unglamourös vom HNO-Arzt. Damrau ist erkältet. Was sie nicht davon abhält, in ihrem schwäbisch gefärbten Singsang zu plaudern, natürlich auch von ihrem Herzensprojekt, einem Album mit Arien von Giacomo Meyerbeer, das sie gerade herausgebracht hat. Am 7. Juni gastiert sie in der Elbphilharmonie. Mit ihr singt ihr Mann, der Bass-Bariton Nicolas Testé, es spielt die Prague Philharmonia unter der Leitung von Emmanuel Villaume. „Belcanto drammatico“ hat Damrau das Programm überschrieben. Ob sich dahinter Meyerbeer verbirgt? „Meyerbeer und Freunde und Feinde“, erwidert sie. Und kichert.

Giacomo Meyerbeers Kompositionen schicken Sängerinnen immer wieder in unvorstellbar hohe Lagen. Diese irre hohen Töne ...

Diana Damrau: Meine Stimme verändert sich, das merke ich. (schweigt kurz) Jetzt konnte ich dieses Repertoire noch sehr gut aufnehmen. Das soll auch noch einige Zeit so bleiben. Aber ich merke, die Stimme will doch mehr und mehr ins lyrische Fach gehen. Irgendwann gilt es dann umzuschalten.

Diesen irgendwann anstehenden Fachwechsel, den Sie ansprechen, beschließt also der Körper?

Damrau: Das ist eine ganz natürliche Entwicklung. Es ist ganz selten, dass die hohen Stimmen wirklich hoch bleiben.

Wagner hat gegen Meyerbeer gehetzt, Schumann auch und sogar Heine. Der Vorwurf war ungefähr der, er als Jude habe ja kein eigenes künstlerisches Empfinden, er könne nur nachahmen. Auch wenn man heute weiß, dass das hanebüchener Unsinn ist, hört man ihn immer noch selten. Warum ist das so?

Damrau: Naja ... Es ist halt unglaublich schwer …

Extremsport also? Wie sieht denn eigentlich Ihr Trainingsprogramm als Sängerin aus?

Damrau: Die Technik hat man sich irgendwann angeeignet, die ruft man ab. Man muss dafür sorgen, dass der Körper gesund und fit bleibt.

Sie trällern nicht jeden Tag Kolora­turen?

Damrau: Nein, um Gottes willen! Ich sing mich ein, da mach ich alles, von lyrischen Bögen bis Koloratur, wie ein Tänzer seinen Körper aufwärmt. Das mach ich aber nicht täglich. Man kann nicht jeden Tag einen Marathon laufen. Das geht auf die Substanz.

Sie haben Ihr Instrument ja immer dabei. Wie sehr denken Sie daran, dass Ihre Stimme auch Ihr Arbeitsgerät ist, etwa wenn Sie gerade Ihre Kinder anbrüllen?

Damrau: Das kann man lernen (lacht).

Ihre Kinder sind jetzt vier und sechs. Die fragen wahrscheinlich nicht danach, ob Sie einen anstrengenden Opernabend hinter oder vor sich haben?

Damrau: Ich kann natürlich nicht sagen, ich spreche heute den ganzen Tag nicht. Oder, Kinder, lasst mich in Ruhe, ich schließ mich in meinem Zimmer ein, ich muss morgen singen. Die Familie ist mir wichtiger.

Sie sind jetzt Mitte 40 und haben längst alles erreicht, was ein Sänger erreichen kann. Wie fühlt sich das an, auf dem Gipfel zu stehen?

Damrau: Beruflich bleibt’s immer spannend. Da bin ich auf dem Zenit. Ich singe die schwierigsten Sachen für meine Stimme. Doch auch die Stimme ändert sich irgendwann, alles entwickelt sich weiter. Aber man darf das nicht negativ sehen. Es wird dann anders. Der Zenit kann ja auch ein anderer Zenit sein. Aber wenn jemand alles auf die Stimme und die Karriere und sich selber setzt – was ist dann drumrum? Nichts! Luftleerer Raum.

Auch für Sie ist Ihre Kehle Ihr Kapital. Schmücken Sie sie? Bisschen was Mondänes, bisschen Blingbling?

Damrau: Nönö, die soll man hören.

Keine Federboa?

Damrau: Fusselt zu sehr.

Was ist mit Ihrem Publikum? Geben Sie ihm die Diva, wenn es die Diva will?

Damrau: Es kommt drauf an, welche Rolle ich auf der Bühne spiele. Ich geb denen aber, wenn es die Rolle so vorsieht, auch die Nutte. Und beim Signieren hinterher, da gibt’s Diana.

Das Konzert in der Elbphilharmonie am
7. Juni ist ausverkauft.

Am 8.2.2018 singen Diana Damrau und Jonas Kaufmann in der Elbphilharmonie aus Hugo Wolffs Italienischem Liederbuch.
Der Kartenvorverkauf beginnt am 12.6. Infos: www.elbphilharmonie.de