Hamburg. Am Baakenhafen entsteht das Herzstück des Festivals Theater der Welt 2017 – auch ein ehemaliger Kakaospeicher wird bespielt

Noch herrscht am Baakenhöft ziemliche Leere, an manchen Ecken kann man jedoch schon geschäftiges Treiben beobachten. In wenigen Wochen verwandelt sich dieses von den Hamburgern noch weitgehend unentdeckte Areal in das Zentrum des Festivals „Theater der Welt“. Am Baakenhafen wird sich die HafenCity in einem nächsten Schritt erweitern. Immerhin: Das Thalia-Zelt, bekannt aus zahlreichen Sommerbespielungen, steht bereits. Und der ehemalige Kakaospeicher ist natürlich ohnehin da. Die 9000 Quadratmeter große Halle wird unter anderem für die Eröffnungsproduktion, Lemi Ponifasios „Children of Gods“, genutzt werden. So roh und unrenoviert und mit Graffiti-Schriftzügen bemalt wie sie eben seit Jahren am Afrika-Terminal steht.

Die Eröffnungsproduktion wird im 9000 Quadratermeter großen ehemaligen Kakaospeicher gezeigt
Die Eröffnungsproduktion wird im 9000 Quadratermeter großen ehemaligen Kakaospeicher gezeigt © Andreas Laible | Andreas Laible

Dazwischen ist jedoch Platz und den soll Claudia Plöchinger bespielen. „Haven“ soll das dort entstehende Festivalzentrum heißen, Plöchinger ist in Hamburg die Organisatorin für anspruchsvolle Projekte im Raum. Zuletzt hat sie für das Schauspielhaus auf der Veddel im Zuge des preisgekrönten Projektes „New Hamburg“ ein Welcome’s Höft errichtet. Auch für „Haven“, das neue Festivalzentrum, sprüht sie vor Einfällen. „Ich bin interessiert an lustvollen Versuchen, Dinge zeitlich begrenzt zu ermöglichen und vielleicht auch etwas anzustoßen“, sagt Plöchinger. Sie informiert sich ausführlich über den Ort, das Vorhaben, die Geschichte, um dann etwas zu erschaffen.

Festivalzentrum soll einladend sein

Für „Theater der Welt“ hat Plöchinger mit dem Gestaltungsduo Georg & Paul, bestehend aus den Bühnenbildnerinnen Eva-Maria Henschkowski und Lolita Dolores Hindenberg, ein Gewächshaus-Konzept entwickelt. Es entsteht ein stabiles Glas-Foyer, das auch einer Windstärke 8 trotzen soll. Der Besucher soll sich in einer Landschaft aus Rollrasen, Bars und Sitzgelegenheiten heimisch fühlen und nach der Vorstellung lange verweilen. „Das ganze Festivalzentrum soll eine einzige Einladung sein“, so Plöchinger. Sie spricht von einem „Dorf“, das sie errichten will, „mit einem richtigen Dorfplatz. Ich möchte, dass die Menschen einen Raum haben, um sich zu zeigen und zusammen etwas zu tun.“ An der Spitze des Platzes wird der Raumkünstler Jens Gottschau einen Leuchtturm errichten.

Natürlich stößt Plöchinger mit ihren Ideen auch auf Hindernisse. Für alles braucht man eine Genehmigung. „Erst denkt man, geil, so viel Platz, doch je mehr man sich damit beschäftigt, desto enger wird es, weil alles so reguliert ist.“ Doch gerade dann läuft Plöchinger, die nach eigenen Angaben einmal als „schlecht ausgebildete Autodidaktin“ startete, aber inzwischen ein reiches Wissen durch Erfahrung und Weiterbildung hat, zu Hochform auf.

Hafengrill, Wuastbude und Fingerfood aus Uganda

Drei Caterer hat sie ins Boot geholt, die alle für etwas Besonderes stehen. Der Klütjenfelder Hafengrill, der von Empfängen bis zur Flüchtlingsunterkunft schon unterschiedlichste Gäste bekocht hat, wird eine offene Küche errichten, die zum gemeinsamen Zubereiten einlädt. Die regionale Wuastbude hat alles im Angebot, auf das der Nordländer nicht verzichten will. Und Luisa Natiwi, Köchin, Buchautorin, Tausendsassa, ergänzt das Angebot um ugandisches Fingerfood. „Essen ist mehr als Konsum. Es bedeutet etwas auf vielen Ebenen und hat etwas Gemeinschaftliches“, sagt Claudia Plöchinger. Sie möchte, dass sich die Besucher neben der Nahrungsaufnahme auch begegnen und vernetzen.

Das ist noch nicht alles. Es gibt ein kleines kuratiertes Extraprogramm mit Führungen, Workshops und mehr, das in den letzten Planungen liegt und sich mit dem Hafen und mit Stadtentwicklung beschäftigt. Plöchinger hat hierzu den Architekten und Stadtplaner Rolf Kellner vom Planungsbüro Übernormalnull einbezogen. Er wird eine Fahrradtour zu den Rändern der City leiten und einen Rundgang in die unbebaute HafenCity. Wohnen auf kleinem Raum ist ein weiteres Thema. Dazu wird der Prototyp eines „Tiny Houses“ zu besichtigen sein. Und Claudius Schulze wird mit seinem Hausboot neben der MS Stubnitz festmachen und Bauanleitungen für das Wohnen auf dem Wasser geben. Die MS Stubnitz liegt an der Kaimauer vor Anker und lädt zu spätabendlichen Konzerten und Partys.

Verbindung zwischen Hafen, HafenCity und Stadt

Für die Festivalleitung aus Amelie Deuflhard, Sandra Küpper, Joachim Lux und András Siebold bilden Kunst und Kultur den Ausgangspunkt von Stadtentwicklung. „Wir wollen mit dem Beispielen des Baakenhöft-Geländes kreative Verbindungslinien zwischen Hafen, HafenCity und Stadt schaffen. Das Areal ist auf einzigartige Weise dafür geeignet, zur Bühne zu werden.“ Die Zeit nach „Theater der Welt“ haben die Festivalmacher dabei fest im Blick: „Im Hafen entsteht derzeit von der Elbphilharmonie über den Museumshafen, vom Afrika-Terminal über den Lohsepark bis zum Oberhafen und den Deichtorhallen eine wunderbare Kulturmeile mit Potenzial für die Zukunft. Diese wollen wir mit Theater der Welt 2017 sichtbar machen.“

Wie es mit dem Areal nach dem Festival weitergeht, ist derzeit offen. Erst einmal muss der „Haven“ zum Leben erweckt werden und da ist noch jede Menge zu tun bis zur Eröffnung. Claudia Plöchinger ist optimistisch, sie freut sich auf den Festival-Ausnahmezustand. Für die Aufbauten hat sie vor allem einen Wunsch: „Wenn jetzt noch die Sonne herauskäme, das würde definitiv helfen.“

Theater der Welt 2017 25.5. bis 11.6., u. a. Baakenhöft mit Thalia-Zelt, Kakaospeicher, Haven – Das Festivalzentrum, MS Stubnitz, Oberhafenquartier, Infos und Eintrittskarten unter www.theaterderwelt.de