Hamburg. Extrem nervig, extrem spröde, extrem gut gemacht: Enno Poppes Avantgardeklänge sorgten für Diskussionen.

Es ist gut, wenn über Musik diskutiert wird. Und genau das geschah mit ungewöhnlicher Intensität im Anschluss an das Konzert des Klangforums Wien am Mittwoch im Kleinen Saal der Elbphilharmonie.

Die jüngere Generation postete ihre Erlebnisse umgehend an Freunde: „Damit die wissen, was wir gerade durchgemacht haben.“ Reifere Besucher verarbeiteten das Erlebte gesprächsweise. Im Tonfall wahlweise analytisch („Das war wie das Klischee von Neuer Musik“) oder emotional: „Ich hab’s lieber harmonisch.“

Poppes Musik ist wirklich ex­trem

Anlass der Diskussionen war die Musik von Enno Poppes 90-minütigem Zyklus „Speicher“. Doch zu einem echten Skandal bringt es die Neue Musik heute nicht mehr. Wem es so gar nicht gefiel, der verließ leise den Saal. Wer blieb, lächelte vielsagend, verdrehte die Augen und spendete am Ende der fulminanten Leistung der Musiker herzlichen Applaus. Schlimmeres als gedämpfte Wortgefechte zwischen denen, die zuhören wollten, und denen, die ihren Unmut loswerden wollten, passierte nicht.

Dabei ist Poppes Musik wirklich ex­trem. Extrem nervtötend, extrem spröde, extrem gut gemacht, extrem kopflastig. In ihren besten Momenten hat sie die Energie von Free Jazz. Nur dass bei Poppe alles extrem abgezirkelt ist. Poppe dirigierte seine Musik, mit präzisen, kurzen, abgehackten Bewegungen. Die Arme angewinkelt wie ein Roboter. Ein Technokrat auf Ecstasy.

Viele kleine Glissando-Mauzer

In ihren schlimmsten Momenten klingt Poppes Musik buchstäblich wie Katzenmusik, weil ihr Autor eine Vorliebe für viele kleine Glissando-Mauzer kultiviert. Und dass er an dieser Stelle gar nicht umhinkommt, das dumme Klischee von der Katzenmusik zu bemühen, nimmt der Rezensent Enno Poppe mehr übel als die 90 Minuten extremer Langeweile.