Hamburg. Eliahu Inbal und das Philharmonische Staatsorchester mit der „Sinfonie der Tausend“ im Großen Saal der Elbphilharmonie.

Es war, das darf man wohl so sagen, ein historischer Termin für die Musikstadt Hamburg. Denn bislang gab es hier keinen akustisch angemessenen Raum, um Gustav Mahlers monumental große, riesig besetzte Achte Sinfonie so aufzuführen, dass ihre Klangmassen nicht den Rahmen des jeweiligen Aufführungsorts sprengen.

Vergeblich versucht wurde es dennoch immer wieder, zuletzt 2011 vom NDR-Orchester unter Leitung von Christoph Eschenbach in der damaligen 02-World. Schön war das nicht, damals. Aber laut und hallig. Kein Wunder also, dass dieses Stück in der Eröffnungssaison der Elbphilharmonie unbedingt auf den Spielplan kommen musste, als größtmöglicher Stresstest für die Akustik. Um es mit einer Anspielung auf den „Faust II“-Text im Schlusschor des zweiten Sinfonie-Teils auszudrücken: Das bislang Unzulängliche sollte, endlich, voll und ganz Ereignis werden.

Eliahu Inbal gelang sehr viel, aber nicht alles

Da Generalmusikdirektor Kent Nagano, ein direkter Hamburger Nachfolger in der Amts-Ahnenreihe von Mahler, kurz vor den drei Auführungen im Großen Saal erkrankt war, übernahm der seit Jahrzehnten als Mahler-Spezialist geltende Eliahu Inbal die Leitung der Philharmoniker-Konzerte. Ihm gelang am Freitag, dem ersten der drei Konzertabende, sehr viel. Aber auch nicht alles. Denn während der 81 Jahre alte Inbal zwar mit erstaunlich gelassener, energiegeladener Aufmerksamkeit die mehr als 300 Mitwirkenden straff auf Linie hielt, schaffte er es nicht immer, die Solisten in der Balance mit dem Tutti zur Geltung kommen zu lassen.

Das mag sich angesicht der kurzen Vorbereitungszeit – erst recht in einem so speziellen und neuen Konzertsaal wie diesem – bei den Aufführungen am Sonntag und Montag noch geben. Dafür entschädigte der buchstäblich überwältigende Hör-Eindruck bei den kritischen Stellen, in denen Mahler Orchester, Chöre, Fernorchester und Orgel himmelhochjauchzend entfesselte.

Weiße Haut zeigt, was sie leisten kann

In diesen extremem Momenten zeigte die Weiße Haut, was sie als Klangverfeiner an den Wänden und Balkonen des Saals leisten kann. Die dröhnenden Tutti-Passagen im ersten Teil blieben in der Tiefe des Raums durchhörbar; beim ersten, hauchleisen Choreinsatz im Finale fiel gottseidank keine Nadel, die man sonst gehört hätte.

Bei seiner Tempo-Gestaltung erdete Inbal das Riesen-Stück mit seinen Pathos-Wogen konsequent: Wo man keine bremsende Rücksicht auf wabernde Überakustik nehmen muss, sind zügigere Gestaltungsmöglichkeiten möglich.

Sanfte Farbverläufe flimmerten dezent

Eine weitere Gestaltungs- und Deutungsebene zog die aus sieben riesigen Stelen bestehende Lichtinstallation der Künstlerin rosalie ein. Auf ihnen, über der Bühne hängend wie ein Kirchenfenster-Panorama, flimmerten dezent sanfte Farbverläufe, die das musikalische Geschehen apart begleiteten. Nicht mehr, nicht weniger, und alles in allem eher eine aparte, weniger eine zwingende Ergänzung, da auch die saaleigenen Beleuchtungsmöglichkeiten schon erhellend wirkten. Mahlers Musik blieb im Vordergrund, so spektakulär und klar, wie sie es verdient.

Weitere Aufführungen: So, 30. April, 15.30 Uhr / Mo, 1. Mai, 20 Uhr. Die Konzerte im Großen Saal der Elbphilhamronie sind ausverkauft. Eine ausführliche Kritik lesen Sie in der Dienstag-Ausgabe des Hamburger Abendblattes.