Hamburg. Feine Verrisse vom Übelsten, garniert mit Schauspieler Gustav Peter Wöhler und einem Klaviertrio.

Ein weiteres Mal musste man sich, tief erschüttert und stellenweise angewidert, fragen, was dieser sogenannte „Schauspieler“ und „Sänger“ Gustav Peter Wöhler eigentlich beruflich macht – denn singen, was er in diesem, trotz seiner angekündigten Anwesenheit restlos ausverkauften Konzert unterließ, kann der höchstens in kleinen Teilen Hamburgs weltbekannte Pausenclown ja auch nicht, ohne dass es ihn davon abhielte, es dennoch zu simulieren.

So in etwa wäre die Flughöhe der Anwürfe mit verschwurbelt hinterhältigem Verbaldreck gewesen, würde sich dieser Text an die Foul-Regeln halten, die für einen ganz besonderen Kammermusikfreunde-Abend im Resonanzraum galten. „Musik, die man stinken hört“ war das von Herzen kommende Leidmotiv. Es gab eine fröhlich unter die Gürtellinie tretende Textcollage aus historischen Verrissen, brachialen Fehlurteilen und prallen Beschimpfungen, mit denen Komponisten vergangener Jahrhunderte aufeinander oder ignorante Kritiker auf damals für sie neue Stücke losgingen.

Das Publikum amüsierte sich wie Bolle

Wöhler, am Spielfeldrand des Klaviertrios sitzend, wechselte sich mit Maria Hartmann beim Verlesen der kurzen Gemeinheiten ab. Und da war viel Schönes dabei. Camille Saint-Saëns’ durchaus teilbare Meinung zu Max Regers Musik: „Das fängt nicht an, das hört nicht auf, das dauert nur.“ Oder Wagner, das Herzchen, der Schubert für ein „drittklassiges Talent“ hielt. Die Klaviertrio-Kostproben und die Fantasie für Geige und Klavier mit Tanja Becker-Bender, Sebastian Klinger und Péter Nagy sprachen eine andere Tonsprache.

Dass Haydn für Tschaikowsky „nichts Geniales“ vorzuweisen hatte, wurde mit einer Portion Wiener Klassik widerlegt; auch die „aufgeblähte Mittelmäßigkeit“, die der rabiate Russe in der Musik von Brahms erkannt haben wollte, ließ sich in den Klaviertrio-Auszügen nicht heraushören. Dafür waren sie einfach zu gut – und zu gut gespielt. Das Publikum, das sich den Abend an der Resonanzraum-Pausenbar nicht schön trinken musste, amüsierte sich jedenfalls wie Bolle. Und wenn Musik, wie der berüchtigte Wiener Wagner- und Bruckner-Hasser Eduard Hanslick schrieb, tatsächlich „stinken“ kann – zumindest in diesen zwei Stunden war davon weit und breit nichts zu riechen gewesen.