Hamburg. Bund Deutscher Architekten kürt vier „vorbildliche Neubauten“. Publikumspreis mit dem Abendblatt geht nach St. Pauli.
Sie tragen klangvolle Beinamen wie Terrassen oder Decks: Aber ausgezeichnet wurden Hamburgs beste Bauwerke allein für ihren architektonischen und kulturellen Wert. Bei der Verleihung des Hamburger Architektur Preises am Donnerstagabend würdigte der Bund Deutscher Architekten und Architektinnen (BDA) im 20. Jahr vorbildliche Neubauten in der Stadt. Bei der Krönungsmesse für Planer und Bauingenieure vergab die Jury vor 250 Gästen im Empire Riverside Hotel zudem den gemeinsamen Publikumspreis von BDA und Hamburger Abendblatt. Insgesamt lagen der Jury für die aktuelle Verleihung 79 Bewerbungen aus den Baujahren 2014 bis 2016 vor.
Den Publikumspreis erhielt dabei mit großem Vorsprung der Resonanzraum St. Pauli. Gut 2000 Leserinnen und Leser hatten bei abendblatt.de über die Bauwerke abgestimmt: Mit 48 Prozent ging der neue Konzertsaal im Feldstraßenbunker als Publikumsliebling aus dem Bewerberfeld hervor.
Warum? Nun, im Resonanzraum St. Pauli (Prof. Jörg Friedrich, PFP Planungs GmbH) wird Architektur nicht nur hörbar, sondern ist auch avantgardistisch-funktional. Konzipiert wurde der Raum als Konzertsaal eines selbst verwalteten Kammerorchesters, das die Möglichkeit bekam, in den Hochbunker auf dem Heiligengeistfeld zu ziehen. Die Planer standen hier vor der Herausforderung, Lösungen im Inneren des Monumentalbaus zu finden. Nicht nur nach Ansicht der BDA-Jury ist ihnen das vorzüglich gelungen. Auch das Publikum konnten sie mit ihrer Umsetzung gewinnen. Das variable Raumkonzept bietet 250 Zuschauern und 25 Musikern Platz
Die Jury kurvte im VW Bus zwei Tage durch Hamburg
Zum zweitbesten Entwurf kürten die Leser das Projekt Jaffe 12, einen modernen Gewerbebau am Jaffe-David-Kanal in Wilhelmsburg (A-Quadrat Architekten + Ingenieure). Auf dem dritten Rang der Zuschauergunst landete das Elbdeck am Hafenrand (Carsten Roth Architekt), ein „Heiterkeit“ verströmendes Wohnhaus an der „Perlenkette“ entlang der Elbe in Altona.
Zuvor hatte eine Fachjury schon ihre Wahl für den Architektur Preis getroffen. Mit dem VW-Bus sei sie zwei Tage lang durch die Stadt gefahren, um Gebäude zu begutachten, sagte Prof. Ludwig Wappner, Vorsitzender der Jury und Architekt aus München. Die Alster, die Elbe – das sei schon groß –, da sei die Isar in München ja nur ein Gebirgsbach. Hamburg brauche deshalb auch eine ganz andere Architektur.
Mit dem jeweils gleichrangigen 1. Preis wurden dabei vier Objekte ausgezeichnet. Das Elbdeck am Hafenrand konnte auch die Jury überzeugen, ebenso wie das Ensemble am Alten Hafenamt in der HafenCity, das aus drei Gebäuden besteht – dem Neubau eines Ausstellungspavillons, dem Neubau des Wohnturms Cinnamon sowie dem Umbau des denkmalgeschützten Alten Hafenamts zu einem Hotel (Bolles + Wilson GmbH). Weitere 1. Preise erhielten die Runde Sache, ein geschwungenes achtgeschossiges Büro- und Geschäftshaus an der Ecke Heuberg/Hohe Bleichen (André Poitiers Architekt GmbH) sowie die Hansaterrassen (Blauraum Architekten GmbH) in Hamm, ein Wohnhaus mit 131 Einheiten.
Baukulturpreis für Meinhard von Gerkan und Volkwin Marg
Seit 20 Jahren vergibt der BDA den Preis, insgesamt 800 Teilnehmer haben seitdem ihre Arbeiten eingesandt. Mit der Verleihung soll verdeutlicht werden, dass Architekten nicht nur Bauten, sondern Beiträge zur Kultur in Hamburg schaffen. Insgesamt erhielten 36 Gebäude Auszeichnungen und Würdigungen. Alle setzten „Qualitätsmaßstäbe in der zeitgenössischen Architektur“. Und sie seien „handwerklich und ästhetisch überzeugend“, wie Stadtentwicklungssenatorin Dorothee Stapelfeldt (SPD) urteilte.
Architektur präge eine Stadt oft für Jahrzehnte – das sei eine große Verantwortung für Architekten und Bauherren. Hamburg brauche noch mehr Qualität beim Bauen. „Und davon sehen wir bei dieser Preisverleihung reichlich“, so Stapelfeldt. Volker Halbach, Vorsitzender des BDA Hamburg, sagte „dass Architekten engagierte Vertreter und Förderer von Baukultur sind“. Die Verleihung sei ein wichtiger Beitrag, um Architektur öffentlich zu machen – und um die Diskussion darüber zu fördern.
Nicht grundlos ging der ebenfalls verliehene Baukulturpreis an zwei erwiesenermaßen große Architekten: Mit Meinhard von Gerkan und Volkwin Marg würdigte die Jury ihr „außerordentliches und kontinuierliches baukulturelles Engagement“. Beide, heißt es in der Begründung, haben in Verantwortung gegenüber der Mitwelt und Nachwelt national und international in mehr als fünf Jahrzehnten Bauten von gleichbleibend hoher Architekturqualität geschaffen. Beharrlich, zuweilen unbequem, aber immer glaubwürdige Vertreter baukultureller Werte seien sie. Ihr Schaffen sei in der bundesrepublikanischen Geschichte in diesem Ausmaß einzigartig.
Mit dem Architekturpreis will der BDA Hamburg die Qualität des Bauens fördern. Im Abstand von zwei Jahren bewertet die Jury Neubauten und wählte mehrere Preisträger aus.
Der Katalog mit 36 Bauwerken zur Preisverleihung ist im Hamburger Dölling und Galitz Verlag unter dem Titel „BDA Hamburg Architektur Preis 2016 – Die Baujahre 2014–2016“ erschienen und zum Preis von 19,80 Euro im Buchhandel erhältlich. Die Ausstellung zur Preisverleihung ist vom 9. bis 28. Februar 2017 in den Räumen des BDA Hamburg, Shanghaiallee 6, zu sehen.