Hamburg. Börries von Notz, der Chef der Historischen Museen, über den Stand der Planungen für das Großprojekt.

Für Hamburgs Kulturpolitik war es eine Sensation, als der Kulturausschuss des Bundestags im November vergangenen Jahres 120 Millionen Euro für die Errichtung eines Deutschen Hafenmuseums zusagte. Jetzt findet ein internationales Symposium dazu statt.

Wie hat sich das Projekt bisher entwickelt?

Börries von Notz: Es ist eine in Europa einzigartige Situation, dass für die Neugründung eines Museums so viele Mittel zur Verfügung gestellt werden. Im vergangenen Jahr haben wir uns vor allem mit der Ausrichtung des Museums beschäftigt und dabei bereits die wichtigsten inhaltlichen Festlegungen getroffen.

Welche sind das konkret?

Es wird um die Geschichte der See- und Binnenhäfen in Deutschland gehen, um den Hafen als Arbeitswelt, um Schiffbau in Hamburg, um den Mythos Hafen und – als ganz wesentlichen Teil – um den Hafen als Verknüpfungsort der Wirtschaft.

Viele Hamburger rechnen damit, dass das Museum am 50er Schuppen entstehen wird. Sie sind da eher zurückhaltend. Was spricht denn Ihrer Meinung nach gegen diesen authentischen Standort?

Die recht schwierige Erreichbarkeit spricht dagegen. Aber das war es auch schon, sonst spricht nichts dagegen.

Macht es nicht Sinn, schon die Anfahrt mit der Barkasse als maritimes Erlebnis zu gestalten und den scheinbaren Nachteil gewissermaßen in einen Vorteil zu wenden?

Absolut, wenn das Deutsche Hafenmuseum an den 50er Schuppen entsteht, muss es auch durch einen Barkassen-Fährdienst erschlossen werden. Dafür brauchen wir eine eigene Verbindung, zusätzlich muss es aber auch an die Routen der bestehenden Hafenfähren angeschlossen werden.

Schon jetzt gibt es ein Hafenmuseum Hamburg innerhalb Ihrer Stiftung. Wie viel davon wird man im künftigen Deutschen Hafenmuseum wiederfinden?

Die Themen, die man heute schon am 50er Schuppen findet, nämlich vor allem der Hafen als Arbeitswelt etwa zwischen 1920 bis 1960, werden selbstverständlich auch im großen Konzept wieder eine Rolle spielen. Aber es wird eben nur einer von etwa fünf Schwerpunkten sein.

Sprechen Sie sich bereits inhaltlich mit den Kollegen vom Internationalen Maritimen Museum ab?

Das wird in der konkreten Planung in Zukunft noch viel intensiver geschehen, aber die Gefahr von inhaltlichen Überschneidungen ist recht gering: Während das Deutsche Hafenmuseum die maritime Geschichte und Gegenwart von der Landseite aus betrachtet, tut das Internationale Maritime Museum das von der Seeseite aus.

Welche Erwartungen knüpfen Sie an das Symposium zu den Perspektiven eines Hafenmuseums, das Sie Ende der Woche veranstalten?

Wir versprechen uns davon drei Dinge. Erstens wollen wir erfahren, was vergleichbare Einrichtungen in Deutschland und Europa für die nächsten zehn Jahre strategisch planen, um uns besser positionieren zu können. Zweitens erwarten wir ein Feedback der Museumskollegen zu unseren eigenen Ideen und ersten Überlegungen. Und drittens erwarten wir auch ein Feedback von jenen Partnern, die schon heute mit dem Hafen zu tun haben: von der Hamburg Port Authority bis hin zu Logistikunternehmen und dem Zentralverband der deutschen Seehafenbetriebe.

Braucht das neue Hafenmuseum eine signifikante Architektur, oder wird die Viermastbark „Peking“ diese Aufgabe übernehmen?

Diese Frage muss in einem Architektenwettbewerb beantwortet werden. Nach meinem Dafürhalten steht ein Deutsches Hafenmuseum auch für die Modernität des Hamburger Hafens, was architektonisch zum Ausdruck kommen sollte.

Von den 120 Millionen Euro, die für das Projekt zur Verfügung stehen, gehen bereits 26 Millionen für die Rückholung der „Peking“ und deren Restaurierung ab. Da bleiben für Architektur und Ausstellungsgestaltung 94 Millionen übrig, wofür Sie keine zweite Elbphilharmonie bekommen.

Einerseits wäre es bestimmt kein Pro­blem, 180 Millionen Euro zu verplanen. Aber wenn wir ehrlich sind, hätten wir uns vor zwei Jahren auch über 60 Millionen Euro gefreut. Und für 40 bis 55 Millionen Euro an reinen Baukosten kann man schon eine ganze Menge machen.

Als Alleinvorstand
der Historischen
Museen ist
Börries von Notz
auch für das
künftige Hafenmuseum
zuständig
Als Alleinvorstand der Historischen Museen ist Börries von Notz auch für das künftige Hafenmuseum zuständig © HA | Andreas Laible

Mit welchen Zeiträumen kann man denn von jetzt an rechnen?

Die Planungsphase wird bestimmt weitere drei Jahre in Anspruch nehmen, gefolgt von einer etwa zweijährigen Bauphase. Wenn man alle möglichen Unwägbarkeiten mit in den Blick nimmt, wären fünf Jahre schon fast unrealistisch wenig. Ich glaube, wir sollten insgesamt mit sechs oder sieben Jahren rechnen. Die Eröffnung könnte als zwischen 2021 und 2023 stattfinden.

Der Bund finanziert den Bau, die Betriebskosten muss die Stadt aufbringen. Wie hoch dürften die im Jahr sein?

Museen in vergleichbarer Größe produzieren Betriebskosten von etwa 8,5 Millionen Euro, wenn nicht noch mehr. Ein wesentlicher Teil sind Kosten für Personal, Gebäudeerhalt und natürlich den laufenden Betrieb. Gegenwärtig gehen wir von mindestens 25 Mitarbeitern aus.

Mit welchen Besucherzahlen rechnen Sie?

Die ersten Prognosen, die allerdings noch nicht verifiziert werden konnten, liegen zwischen 200.000 und 400.000 Besuchern.

Und welchen persönlichen Wunsch verknüpfen Sie mit dem Deutschen Hafen­museum? Was ist Ihnen dabei besonders wichtig?

Ich wünsche es mir als einen spektakulären, aber auch offenen und leicht zugänglichen Ort, der möglichst vielen Menschen Lust macht, sich mit diesem spannenden Thema zu beschäftigen. Und ich wünsche mir ein Museum, das in Teilen auch ohne Bezahlschranke besucht werden kann und dort nicht nur von zehn bis 18 Uhr geöffnet sein wird, sondern eine hohe Attraktivität und Aufenthaltsqualität weit darüber hinaus bietet.

Für Hamburgs Kulturpolitik war es eine Sensation, als der Kulturausschuss des Bundestags im November vergangenen Jahres 120 Millionen Euro für die Errichtung eines Deutschen Hafenmuseums zusagte. Jetzt findet ein internationales Symposium dazu statt.