Hamburg. Was Börries von Notz, Alleinvorstand der Historischen Museen, mit den Millionen vom Bund für das Hamburg Museum und den Hafen plant.

Am 12. November hat der Bundestagshaushaltsausschuss 120 Millionen für den Bau eines Hafen­museums und 18 Millionen für die Modernisierung des Hamburg Museums freigegeben, hinzu kommen weitere 18 Millionen von der Stadt für das Haus am Holstenwall. Börries von Notz, ­Alleinvorstand der Stiftung Historische Museen, spricht über Perspektiven und mögliche architektonische Vorbilder.

Hamburger Abendblatt : Herr von Notz, als Sie Ihr Amt im Februar 2014 antraten, haben Sie von einem so kräftigen Geldsegen vermutlich nicht einmal geträumt?

Börries von Notz: Ich hatte natürlich die Hoffnung, dass sowohl Mittel für die Modernisierung des Hamburg Museums als auch für den Bau eines Hafenmuseums irgendwann und irgendwie zur Verfügung stehen würden. Dass das so schnell und in einer solchen Größenordnung geschieht, habe ich aber nicht geahnt.

Wissen Sie schon, wie Sie das viele Geld ausgeben wollen?

von Notz: Für das Hamburg Museum gab es schon Vorüberlegungen und Pläne, die bereits in den vergangenen Jahren entwickelt worden sind. Davon wird sicher einiges mit einfließen, zumal viele Dinge ohnehin auf der Hand liegen, etwa die Öffnung des Museums nach Planten un Blomen, die Schaffung einer Sonderausstellungsfläche und eines neuen historischen Rundgangs. Die konkrete Planung und Realisierung wird aber in den Händen der neuen Direktorin oder des neuen Direktors liegen, den wir bald vorstellen werden.

Kommen wir zum Hafenmuseum, dafür hat das Büro Andreas Heller 2011 einen Masterplan erarbeitet. Wie maßgeblich wird er für die Realisierung sein?

von Notz: Zunächst einmal werden nicht nur wir allein uns um das Hafenmuseum kümmern. Die Federführung liegt natürlich bei der Kulturbehörde. Inhaltlich befinden wir uns im Moment sozusagen vor einem weißen Blatt Papier.

Trotz des vorhandenen Masterplans?

von Notz: Das Heller-Konzept hat seinen Schwerpunkt auf der Technikgeschichte und stellt den Hafen vor allem als Erlebnis- und als Arbeitsort vor. Wir müssen dieses Konzept aber auf jeden Fall um die sehr spannenden Aspekte der Wirtschaftsgeschichte bereichern und sie auch zu einem Schwerpunkt machen. Denn der Hamburger Hafen ist nicht zuletzt auch unter musealen Gesichtspunkten so interessant, weil er einen neuralgischen Faktor für die Entwicklung unserer Gesellschaft darstellt, die wiederum stark von der Wirtschaft bestimmt wurde und wird. Das betrifft vor allem den Handel. Aktuell zeigt sich das etwa an den Debatten um das geplante TTIP-Abkommen. Hier können wir zum Beispiel zeigen, dass die Debatte um den Freihandel und dessen gesetzliche Festschreibung auch für Hamburg schon eine lange Geschichte hat.

Geht es hier nur um Hamburger Geschichte?

von Notz: Da es sich um ein Deutsches Hafenmuseum handelt, geht es nicht nur um die lokale Geschichte. Der Hamburger Hafen ist natürlich regional, aber auch national von enormer Bedeutung. Deshalb wollen wir kein Technikmuseum schaffen, sondern einen Ort, an dem sich auch die Wirtschaftsgeschichte anschaulich darstellen lässt. Natürlich spielen hier auch technische Entwicklungen eine sehr große Rolle. Das zeigt sich zum Beispiel an der Einführung der Container, die den Hafen radikal verändert hat, aber auch als Ausdruck kühler ökonomischer Logik.

Da dürfte für Hafenromantik kaum Platz bleiben.

von Notz: In der Arbeits- und Technikwelt gibt es in der Tat wenig Romantisches, gleichwohl ist der Hafen ein Identifikationspunkt auch von Fernweh und von Hafenromantik, was ganz sicher für uns ein Thema sein wird.

Ist der Standort 50er Schuppen/Hansahafen jetzt endgültig festgelegt?

von Notz: Wie ich schon sagte: Es handelt sich um eine gesamtstädtische Aufgabe, bei der die Kulturbehörde federführend ist. Aus meiner Sicht bedeuten 120 Millionen Euro Investitionssumme eine so große Verantwortung, dass die Bedingungen an dem Standort auch tatsächlich hundertprozentig stimmen müssen. Unabdingbar ist eine gute und gesicherte Verkehrsanbindung. Auf jeden Fall bedarf es eines wirklich tragfähigen Konzeptes.

Es gibt die BallinStadt, den Museumshafen, das Internationale Maritime Museum und künftig das große nationale Hafenmuseum. Wie viele maritime Museumsangebote verträgt Hamburg, ohne dass sich die Häuser gegenseitig Konkurrenz machen?

von Notz: Hamburg verträgt sehr viele maritime Themen und entsprechend viele museale Angebote. Gemeinsam haben wir das Kulturnetzwerk maritimes Hamburg mit insgesamt zwölf Institutionen gegründet. Da zeigt sich eine enorme Vielfalt, die auch sehr unterschiedlichen Besucherinteressen Rechnung tragen kann. Wichtig ist, dass diese Institutionen auch mit ihrem Know-how eingebunden werden.

Aber besteht nicht doch eine Gefahr, dass das Hafenmuseum einer großen Einrichtung wie dem Internationalen Maritimen Museum Konkurrenz machen könnte?

von Notz: Nein, denn das Maritime Museum erzählt die Geschichte der Schifffahrt, das Hafenmuseum die Entwicklung des Hafens. Im Kaispeicher B geht es gewissermaßen um die Seeseite, im Hafenmuseum um die Landseite. Das ergänzt sich geradezu ideal. Wir werden ganz sicher kein weiteres Schifffahrtsmuseum aufbauen.

Und doch soll ein Schiff in Gestalt des nach Hamburg zurückgekehrten Viermasters „Peking“ der Blickfang des neuen Hafenmuseums werden. Wird die Stiftung Historische Museen Hamburg für die „Peking“ zuständig sein oder die Stiftung Hamburg Maritim?

von Notz: Das gehört zu den vielen Fragen, die im Moment noch offen sind.

Was geschieht im kommenden Jahr?

von Notz: Zunächst wird ein museales Konzept erarbeitet, aus dem sich der konkrete Baubedarf ableiten lässt.

Wird es einen Neubau geben?

von Notz: Ich gehe davon aus, dass es ein deutliches architektonisches Signal geben muss, welches auch der Modernität des Hafens gerecht wird.

Könnten Sie sich ein so spektakuläres Projekt wie das von dem Hamburger Büro gmp für die Stadt Lingang entworfene China Maritime Museum vorstellen, das von zwei 58 Meter hohen Schalen­dächern in Segelform überspannt wird?

von Notz: Im Prinzip schon, obwohl ich persönlich die symbolische Form moderner Architektur nicht besonders schätze, auch wenn es insgesamt ein grandioses Gebäude ist. Aber bei einem Projekt von 120 Millionen Euro gibt es natürlich klare Vergabeverfahren, zu denen auch Architektenwettbewerbe gehören.

Haben Sie für beide Museen schon Wunsch-Eröffnungstermine?

von Notz: Die habe ich, werde ich aber nicht verraten.