Hamburg. Bürgermeister Olaf Scholz würdigt Hellmuth Karasek. Reaktionen auf den Tod des Literaturkritikers und ein Nachruf.
Seine letzte große Rezension war der Ikea-Katalog. So viel Witz, so viel Selbstironie und ja, Charme, muss man erst mal haben. Von allem hatte der Autor, Literaturkritiker und große Charakter Hellmuth Karasek reichlich. Wortgewaltig kam er daher, voller Leidenschaft, wenn er sprach, schrieb, lobte oder verriss. Hellmuth Karasek war, um eines seiner oft gebrauchten Attribute zu verwenden, ein hinreißender Journalist. An diesem Dienstagabend ist Karasek in seiner Hamburger Wohnung im Stadtteil Harvestehude im Alter von 81 Jahren gestorben.
Der Literaturbetrieb, die Medienbranche und die Millionen Leserinnen und Leser erinnern sich gerne an einen Mann, der Tiefgang hatte, Humor und längst zu einer öffentlichen Figur geworden war. Auch die Redaktion des Hamburger Abendblatts trauert. Seine wöchentlichen Kolumnen waren beim Publikum besonders beliebt.
Er prägte das Literarische Quartett mit
Ja, er konnte stundenlang Witze erzählen, hat Bücher mit und über Humor geschrieben, eine herausragende Biografie über den genialen Billy Wilder und und und. Den meisten aber ist der frühere Kulturchef des "Spiegel" noch immer präsent als Mit-Diskutant der ZDF-Büchersendung "Das Literarische Quartett" mit Marcel Reich-Ranicki, Sigrid Löffler und einem Gast. Von 1988 an gab es die zur Kultsendung avancierte Literaturbesprechung 13 Jahre lang. Karasek schrieb nach seinem Ausstieg beim "Spiegel" weiter Bücher, Kolumnen, Essays, trat in Quiz-Shows und in Koch-Sendungen auf und war ein gefragter Interviewpartner, eben weil er so belesen, so erfahren war und immer eine Pointe aus der Hinterhand zaubern konnte.
Reaktionen auf den Tod Hellmuth Karaseks
Was hätte er wohl gesagt zur Neuauflage des Literarischen Quartetts, die in dieser Woche geplant ist? Karasek, dessen Familie aus Brünn in Mähren stammt, wurde 1934 als eines von fünf Kindern geboren. Die Familie floh gegen Ende des Zweiten Weltkrieges nach Bernburg an der Saale in Sachsen-Anhalt. Nach seinem Abitur übersiedelte Karasek 1952 in die Bundesrepublik und studierte in Tübingen Germanistik, Geschichte und Anglistik.
Hellmuth Karasek hat sogar den Ikea-Katalog rezensiert
Er kam zur „Stuttgarter Zeitung“, wurde Theaterkritiker bei der "Zeit“ in Hamburg, ging zum "Spiegel", war später Mitherausgeber des Berliner „Tagesspiegel“. Für das Hamburger Abendblatt und andere Zeitungen schrieb er Kolumnen, kleine Beobachtungen oder große, quasi weltpolitische Spitzfindigkeiten. Immer wieder lehnte er seine Gedanken an literarische Vorbilder an und führte seine Leser zu historischen Beispielen, Begebenheiten und Anekdoten.
Karasek war in zweiter Ehe verheiratet und hat vier Kinder. Sein Sohn Daniel ist Intendant am Theater in Kiel, seine Tochter Laura, mit der er sich häufig in der Öffentlichkeit zeigte, hat selbst einen Roman („Verspielte Jahre“) veröffentlicht. Zunächst jedoch hatte sie Jura studiert.
Seine Rezension des Ikea-Katalogs war wieder so komisch, dass man es kaum glauben kann. Im Stile seiner Kritiken rezensierte Karasek den populären Katalog. Er sagte in einem Video, es kämen nur wenige Figuren im Katalog vor und er sei ja "vollgemüllt" mit Gegenständen. Aber der Katalog sei eben "ein möblierter Roman". Und es sei ein Skandal, „dass das meistverbreitete Buch der Welt mit einer Auflage von fast 220 Millionen Exemplaren bisher nie rezensiert wurde“.
Abendblatt-Chefredakteur Haider: Ein großartiger Kollege
Karaseks Tod reißt eine Lücke, die nicht zu füllen ist. Abendblatt-Chefredakteur Lars Haider sagte: "Wir sind fassungslos und tief traurig. Wir verlieren unseren beliebtesten Kolumnisten, vor allem aber einen großartigen Kollegen. Unsere Gedanken sind bei seiner Frau, die ja auch beim Hamburger Abendblatt arbeitet, und bei seiner Familie."