Hamburg. Der 81 Jahre alte Autor, Kritiker und Journalist Hellmuth Karasek starb am späten Dienstagabend in seiner Wohnung in Harvestehude.
Der Literaturkritiker, Schriftsteller und Abendblatt-Kolumnist Hellmuth Karasek ist tot. Er starb am Dienstag im Alter von 81 Jahren, wie seine Familie in Hamburg bestätigte.
Zwölf Jahre lang hatte Karasek neben Marcel Reich-Ranicki (1920-2013) die ZDF-Sendung „Das literarische Quartett“ geprägt und war so einer breiten Öffentlichkeit bekanntgeworden.
Die Neuauflage des Fernsehklassikers kann er nicht mehr miterleben: Die startet das ZDF an diesem Freitag (2. Oktober) - fast 14 Jahre nach der letzten Sendung.
Immer wieder auf dem Bildschirm aufgetaucht
Selbst nachdem das „Quartett“ (1988-2001) nach 77 Folgen und 375 besprochenen Büchern eingestellt wurde, tauchte der umtriebige Kulturkritiker immer wieder auf dem Bildschirm auf, was ihm bisweilen Kritik einbrachte. „Ich kann an solchen Fernsehauftritten nichts Ehrenrühriges finden“, lautete sein Kommentar dazu.
Über mehr als 20 Jahre leitete Karasek beim Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ das Kulturressort. Seine Erfahrungen verarbeitete er in dem Roman „Das Magazin“.Seine journalistische Laufbahn hatte Karasek bei der „Stuttgarter Zeitung“ begonnen, danach war er Theaterkritiker bei der Wochenzeitung "Die Zeit“ in Hamburg. Bis 2004 war er Mitherausgeber des Berliner „Tagesspiegel“.
Buchautor und Abendblatt-Kolumnist
Neben zahlreichen Büchern („Süßer Vogel Jugend“, „Soll das ein Witz sein“) schrieb Karasek für das Hamburger Abendblatt und weitere Zeitungen. Im Abendblatt erschienen auch regelmäßig seine Glossen.
Unter dem Pseudonym Daniel Doppler verfasste Karasek auch Theaterstücke. Dabei war das Schreiben für ihn harte Arbeit, wie er zu seinem 75. Geburtstag mal erzählte.
"Das Fernsehen hat mein Leben am meisten verändert“, sagte er einmal. Seitdem kannten die Menschen sein Gesicht. Bis ins hohe Alter ging er auf Lesereise und schrieb weiter. Erst 2013 waren wieder zwei Bücher („Auf Reisen. Wie ich mir Deutschland erlesen habe“, „Frauen sind auch nur Männer“) von ihm erschienen.
Umtriebigkeit sorgte für Aus beim "Spiegel"
Sein Romandebüt hatte er 1998 mit „Das Magazin“ gegeben - über das intrigante Innenleben eines Hamburger Nachrichtenmagazins. Meist wurde das Buch verrissen, aber vereinzelt auch trotz Übertreibungen als wahre Schilderung anerkannt. Zwei Jahre zuvor hatte es zwischen ihm und dem „Spiegel“ das Aus gegeben.
Seine Umtriebigkeit hatte bei seinem Arbeitgeber für Argwohn gesorgt. Über einen abgelehnten Artikel zu Helmut Dietls Film „Rossini“ kam es 1996 zum vorläufigen Bruch.
"Ich habe zwei Diktaturen erlebt"
Geboren wurde Karasek 1934 als eines von fünf Kindern im mährischen Brünn. Ende des Zweiten Weltkrieges floh die Familie vor der Roten Armee nach Bernburg/Saale in Sachsen-Anhalt. Nach dem Abitur übersiedelte Karasek 1952 aus der damaligen DDR in die Bundesrepublik und studierte in Tübingen Germanistik, Geschichte und Anglistik. „Ich habe in zwei Diktaturen gelebt. Die erste habe ich gemocht und erst später gemerkt, dass das ein Schweineregime war. Die zweite habe ich von Anfang an gehasst.“
Ihn habe seine Kindheit im Dritten Reich am meisten geprägt, erzählte er. „Durch den Krieg hat man gelernt, dass kein Stein auf dem anderen steht, nichts Bestand hat und man immer misstrauisch bleibt.“ Der Schliff und Drill, der ihm als Junge in der Hitlerjugend und in einer Nazi-Eliteschule vermittelt worden sei, habe bei ihm weniger nachhaltig gewirkt.
Seine künstlerischen Gene gab Karasek, vierfacher Vater und in zweiter Ehe mit der Kulturredakteurin Armgard Seegers verheiratet, an seine Kinder weiter: Sohn Daniel aus erster Ehe ist Intendant am Theater in Kiel, Tochter Laura hat ihren ersten Roman („Verspielte Jahre“) veröffentlicht. „Sie wollte einen künstlerischen Beruf ergreifen, aber ich habe zu ihr gesagt: Lerne was Anständiges - und da hat sie Jura studiert.“ Als sie ihm die ersten 100 Seiten ihres Romans vorgelegt habe, war er jedoch überzeugt: „Das musst Du unbedingt weitermachen!“