Hamburg. Das erste Duo-Programm von Mary Roos und Wolfgang Trepper brauchte im Schmidt Theater etwas Anlaufzeit.

Eines gleich mal vorweg: Zum Mitklatschen gibt es jetzt im Schmidt nicht so viel, wie der Schlager-Fan gemeinhin gewohnt ist – zu beklatschen jedoch einiges. Und zu lachen, zu hören und zu sehen. Links auf der Bühne die Instrumente, in der Mitte ein Mikrofonständer und rechts zwei Clubsessel, ein Nierentisch mit einer Flasche Jägermeister und Tütenlampen aus den 60er-Jahren, so sieht die Kulisse für die etwas andere Reise durch die Welt des deutschen Schlagers aus.

„Nutten, Koks und frische Erdbeeren“ haben Mary Roos und Kabarettist Wolfgang Trepper ihr erstes Duo-Programm – in Anlehnung an Klauseln in Konzertverträgen Heinos – betitelt. Der Sangesbarde kommt diesmal beim bekennenden Schlagerhasser Trepper gut weg, weil kaum vor. Von Berg (Andrea) und Borg (Andy) bis zu Whitaker (Roger) mitsamt deren sinnentleerten Texten („Ein bisschen Aroma, ein bisschen Paloma“) hat Trepper auch ohne Heino genug Stoff für seine Tiraden.

Die fallen gegenüber Mary Roos persönlich aus. „Die Helene Fischer der Bronzezeit“ (Trepper) weiß den so provozierten Applaus schon mit ihrem ersten Lied „Wie lang woll’n Sie das noch machen?“, gekonnt zu kontern. Nicht nur hier zeigt Mary Roos, begleitet von vier versierten jungen Musikern, die ihre Söhne sein könnten, Selbstironie.

Auch beim Talk mit Trepper am Tisch kommt erfrischende Distanz zum Musikgeschäft, deren Teil die zweimalige Grand-Prix-Teilnehmerin seit 55 Jahren selbst ist, immer wieder durch. Sie erzählt dann von alten heckschen „Hitparaden“-Zeiten, Abstürzen in der Hotel-Bar (genannt „Todeszelle“) und Bernhard Brink, dem damals größten Weiberheld. Da fügt es sich, wenn Trepper böse sagt: „Gott kann manchmal ganz schön ungerecht sein: Udo Jürgens hat er zu sich gerufen, und Bernhard Brink ist kerngesund.“

Eine etwas straffere Regie (Corny Littmann) sowie etwas weniger Wortschwall Treppers – und das Programm hätte mit Roos’ 60er- und 70er-Jahre-Medleys (u. a. „Nur die Liebe lässt uns leben“, „Arizona Man“) bei der Hamburg-Premiere bereits im ersten Teil voll gezündet. Die Funken sprühen dann im zweiten Teil, in dem auch Mary Roos’ Zusammenarbeit in den 80ern mit Produzent Dieter Bohlen zur Sprache kommt, laut Trepper „Deutschlands schlecht geföntester Brackvogel“. Roos’ Nummer ihres Modern-Talking-Covers „Ich bin stark nur mit dir“ („You’re My Heart, You’re My Soul“) mit einem spontan aus dem Publikum gecasteten Endfünfziger namens Peter gerät zum Disco-Fox mit ungeahnten Volten und komischen Highlight.

Nach dem 90er-Medley gab es am Ende Mary Roos pur mit Songs wie „Unbemannt“ oder dem nur vom Schlagzeug begleiteten „Ein Hund, eine Katze und eine Maus“, die bisher leider in kein Radioformat passten. Und Standing Ovations von ihren und Treppers’ Fans für alle Beteiligten.

„Nutten, Koks und frische Erdbeeren“ bis 18.8, Schmidt Theater, einzelne Restkarten: T. 31 77 88 99