Hamburg. Bei der Verleihung der Studio Hamburg Nachwuchspreise standen jene Filmschaffenden im Mittelpunkt, deren Karriere gerade beginnt.
Ein Dienstagabend versprüht auch in Hamburg normalerweise nicht allzu viel Glamour. Außer, im Thalia Theater werden die Studio Hamburg Nachwuchspreise verliehen. Dann defilieren Prominente und solche, die auf dem Weg dazu sind, über den roten Teppich, vor dem Eingang warten Autogrammjäger und Neugierige, die sich ob der vielen Anzüge und Abendkleider wundern, was wohl gefeiert wird. Die jungen Talente der Film- und Fernsehbranche, kurz gesagt.
Dass die bekannten Namen wie Mehmet Kurtulus, Axel Milberg und Judith Rakers einmal im Jahr nicht im Vordergrund stehen, sondern als Gratulanten oder Paten den Nachwuchsstars die große Bühne und den großen Applaus überlassen – das ist bei der inzwischen 18. Verleihung der Preise ebenso gute wie löbliche Tradition.
„Wir sind volljährig“, stellt Studio-Hamburg-Chef Johannes Züll lächelnd vor den gut 1000 Gästen fest. Genauso gehört die Moderation von NDR-Allzweckwaffe Alexander Bommes zum guten, lockeren Umgangston bei der Verleihung, die zum dritten Mal im Thalia zu Gast ist. Der Studio Hamburg Nachwuchspreis ist eine Auszeichnung mit viel hanseatischem Lokalkolorit. Aus den größeren und kleineren Grüppchen, die sich im Foyer zum Klönschnack treffen, hört man das ein oder andere „Moin“, am Tresen wird kein Radler, sondern Alster bestellt.
Da passt es umso besser, dass sich gleich zwei Absolventinnen der Hamburg Media School und ein Dozent über Preise freuen durften – und das auch ausführlich taten: Der vom Publikum verliehene Preis für den Besten Kurzfilm ging an Viviane Andereggen für „Schuld um Schuld“, die Auszeichnung für die Beste Produktion durfte Alexandra Staib für „Sadakat“ entgegennehmen. Und weil am großen Nachwuchsabend nebenbei auch noch der Filmpreis mit dem wohl längsten Namen überhaupt verliehen wird – der Hamburger Krimipreis der Freien und Hansestadt Hamburg zu Ehren Jürgen Rolands –, kam auch einer zu Ehren, der schon eine längere Karriere im Filmgeschäft vorzuweisen hat: Für die Regiearbeit am Fernsehkrimi „Momentversagen“ erhielt Friedemann Fromm die Trophäe. Kultursenatorin Barbara Kisseler (parteilos) moderierte die Vorstellung der Nominierten.
Die Beste Nachwuchsdarstellerin hat zumindest in ihrer Rolle als Rita Holbeck im „Tatort: Borowski und der stille Himmel über Kiel“ einen norddeutschen Bezug: Eigentlich ist Elisa Schlott aber gebürtige Berlinerin, sie studiert in Leipzig. Mit Yasin el Harrouk, der für seine Rolle als Nasir im „Tatort: Der Wüstensohn“ den Preis als Bester Nachwuchsdarsteller erhielt, verabschiedet sich die Jury aus norddeutschen Gefilden: El Harrouk wuchs in Stuttgart auf, und der „Tatort“, in dem er mitspielte, kommt vom Bayerischen Rundfunk. Der neu dazugekommene Förderpreis für den Besten mittellangen Film geht ähnlich weit weg: Siri Nitschke, der Kopf hinter „Porn Punk Poetry“ ist Absolventin der Filmakademie Baden-Württemberg. Sie konnte den Preis aber nicht selbst entgegennehmen. Die Beste Regiearbeit des vergangenen Nachwuchsjahrs geht an Patrick Vollrath, der gerade mit Auszeichnung sein Filmstudium an der Filmakademie Wien abgeschlossen hat.
Mit der Preisträgerin der Trophäe für das beste Drehbuch entfernt man sich noch weiter von Hamburg: Micah Magee, die für „Petting Zoo“ ausgezeichnet wurde, stammt aus Texas und studierte in Berlin. Wo sie auch an diesem Abend ist, des noch jüngeren Nachwuchses wegen: Sie doziert in Berlin und musste zu Hause bleiben.
Und während sich bei den großen Stars nach dem x-ten Preis sicher keine Langeweile, wohl aber eine gewisse Routine einstellt, wenn sie ihre Trophäensammlung einmal mehr erweitern können, ist die Freude beim Nachwuchs noch so ausgelassen wie ungetrübt. Man muss sich einfach mitfreuen. Begeisterung ist schließlich der schönste Teil des Glamour – gerade an einem Dienstagabend in Hamburg.