Endlich in die Unesco-Liste aufgenommen werden - eine Vortragsreihe im August und September informiert über die Chancen Hamburgs.
Hamburgmuseum. Der Anspruch ist hoch, das Verfahren kompliziert und der Weg ziemlich lang. In der Regel dauert es viele Jahre, bevor ein Bauwerk mit dem Gütesiegel Unesco-Weltkulturerbe geadelt wird. Was zählt, ist allein die Ehre. Geld von der Unesco gibt es dafür nicht, stattdessen muss sich die jeweilige Stadt einer ganzen Reihe von Auflagen unterwerfen, die sicherstellen, dass das in die renommierte Liste aufgenommene Bauwerk oder Gebäudeensemble in Wirkung und Ausstrahlung dauerhaft geschützt wird.
Wer grob gegen die Auflagen verstößt, dem droht der Entzug des Titels, was einen enormen Imageschaden nach sich zieht, wie es Hamburgs Partnerstadt Dresden vor drei Jahren erleben musste: Weil die sächsische Landeshauptstadt kompromisslos am Bau ihrer Waldschlösschenbrücke festhielt, entzog die Unesco dem Elbtal den Welterbe-Status, ein europaweit bislang einmaliger Fall.
+++ Die Themen und Termine +++
Bis jetzt ist Hamburg als einziges deutsches Bundesland noch ein weißer Fleck auf der Unesco-Liste, auf der die Bundesrepublik mit insgesamt 37 Welterbestätten ansonsten weit überproportional vertreten ist. Doch nun soll auch Hamburg endlich zum Zuge kommen, pünktlich vor Ablauf der Bewerbungsfrist hat die Hansestadt Ende Juli mit der Hamburger Sternwarte Bergedorf mit dem Jüdischen Friedhof Altona zwei aussichtsreiche Kandidaten für die nationale Vorschlagsliste bei der Kultusministerkonferenz (KMK) eingereicht. Die KMK wird schließlich darüber entscheiden, mit welchen Kandidaten die Bundesrepublik in das offizielle Bewerbungsverfahren für den Zeitraum ab 2016 eintreten wird.
Jetzt nimmt das Museum für Hamburgische Geschichte die aktuelle Bewerbungslage zum Anlass für eine Vortragsreihe. Sie beginnt an diesem Donnerstag unter dem Titel "Architektur von Weltrang - Hamburgs Kandidaten für das Unesco-Weltkulturerbe".
Zum Auftakt der Reihe, die in Kooperation mit dem Denkmalschutzamt stattfindet, wird Agnes Seemann, in der Kulturbehörde zuständig für das Projekt Welterbe, über Bedingungen und Chancen des Bewerbungsverfahrens sprechen. Daran hat sich Hamburg bereits seit Ende des 20. Jahrhunderts beteiligt.
Schon seit 1998 stehen nämlich das 1922 bis 1924 von dem Architekten Fritz Höger erbaute Chilehaus, ein bedeutendes Beispiel der expressionistischen Baukunst, und die historische Speicherstadt auf der sogenannten nationalen Tentativliste. Am 30. August wird Ralf Lange vom Speicherstadtmuseum sowohl über die Geschichte des Gebäudeensembles als auch über das weitere Verfahren sprechen. Und das verspricht spannend zu werden, denn am 1. Februar 2014 wird die Bundesrepublik Chilehaus und Speicherstadt offiziell bei der Unesco einreichen. Damit ist eine weitere wichtige, aber noch lange nicht die letzte Hürde genommen. Ein Jahr später, nämlich im Frühsommer 2015, trifft dann das Welterbekomitee seine Entscheidung.
Frühestens zu diesem Zeitpunkt könnte Hamburg erstmals in die Welterbeliste aufgenommen werden.
Bereits am 23. August spricht der Historiker Michael Studemund-Halévy vom Institut für die Geschichte der deutschen Juden, über den Jüdischen Friedhof Altona, der zu den bedeutendsten jüdischen Kulturdenkmalen Europas zählt. Als Neuling auf der Tentativliste hat der hervorragend erforschte und dokumentierte Friedhof gute Erfolgschancen, da er im Rahmen einer transnationalen seriellen Bewerbung mit einem ganz ähnlichen Friedhofskomplex in dem südamerikanischen Land Surinam ins Rennen geht. Studemund-Halévy ist der beste Kenner des Altonaer Friedhofs, den er seit Jahren intensiv erforscht.
Erst vor wenigen Monaten war er mit Unterstützung der Hermann-Reemtsma-Stiftung in Surinam, wo er die dortige Jodensavanne, ein im 17. Jahrhundert gegründeter Wohnort sefardischer Juden mit drei Friedhöfen, besuchte und erstaunliche Verbindungen zu Altona feststellen konnte.
Zwischen den ehemals iberischen Juden, die ihre Heimat im 17. Jahrhundert verlassen mussten, gab es auch später noch enge persönliche und geschäftliche Beziehungen, ganz gleich ob sie sich in Deutschland, den Niederlanden oder in Südamerika angesiedelt hatten. Stanley Sidoel, der Kulturstaatssekretär der Republik Surinam, hatte Studemund-Halévy versichert, dass sich sein Land eine gemeinsame Bewerbung mit Altona vorstellen kann. Da Surinam bisher noch keine Welterbestätte hat, stünden die Erfolgschancen für diesen seriellen Antrag besonders gut.
Zum Abschluss der Reihe stellt am 6. September der Astrophysiker Matthias Hünsch, der stellvertretende Vorsitzende des Fördervereins, die Hamburger Sternwarte in Bergedorf vor, die gleichfalls gemeinsam mit einem internationalen Partner nominiert werden soll, nämlich mit der berühmten Sternwarte La Plata in der Nähe der argentinischen Hauptstadt Buenos Aires. Die von 1906 bis 1912 erbaute Bergedorfer Sternwarte ist weitgehend original erhalten. Mit ihren optischen Instrumenten dokumentiert sie in weltweit fast einzigartiger Weise die technische Entwicklung der Teleskoptechnik von der Mitte des 19. Jahrhunderts bis zur Gegenwart.
Da technische Denkmale auf der Unesco-Liste noch immer weit unterrepräsentiert sind, halten Experten die Bergedorfer Sternwarte gleichfalls für einen besonders aussichtsreichen Kandidaten.