Wegen Tätowierungen mit Nazi-Symbolen hat Bassbariton Evgeny Nikitin seinen Auftritt bei den Bayreuther Festspielen kurzfristig abgesagt.

Bayreuth. Eklat kurz vor der Premiere: Wegen Tätowierungen mit nationalsozialistischen Symbolen hat der Bassbariton Evgeny Nikitin seinen Auftritt bei den Bayreuther Festspielen kurzfristig abgesagt. „Mir war die Tragweite der Irritationen und Verletzungen nicht bewusst, die diese Zeichen und Symbole besonders in Bayreuth und im Kontext der Festspielgeschichte auslösen“, erklärte der 38-jährige Russe am Samstag in einer schriftlichen Stellungnahme.

+++ Dunkle Festspielgeschichte: Judenfeindlichkeit in Bayreuth +++

Nach einem Gespräch mit der Festspielleitung habe er sich dazu entschieden, auf seinen Auftritt auf dem Grünen Hügel zu verzichten. Die Verantwortlichen sind nun auf der Suche nach einem geeigneten Ersatz. Der Regisseur befürchtet einen künstlerischen Schaden durch die Absage.

Nikitin, der zahlreiche Tattoos auf seinem Oberkörper trägt, sollte die Titelrolle in Richard Wagners „Fliegendem Holländer“ singen. Mit der Oper sollen die Bayreuther Festspiele am kommenden Mittwoch (25. Juli) eröffnet werden.

Die Festspielleitung war nach eigener Aussage durch Recherchen der „Bild am Sonntag“ auf die kritischen Tattoos aufmerksam geworden. In der ZDF-Kultursendung „Aspekte“ am Freitagabend waren ältere Aufnahmen Nikitins zu sehen, die ihn als Schlagzeuger einer Heavy-Metal-Band zeigen. Auf seiner Brust ist ein Hakenkreuz-Tattoo zu erkennen, das mit einem anderen Motiv überdeckt ist. „Ich habe mir die Tattoos in meiner Jugend stechen lassen. Es war ein großer Fehler in meinem Leben und ich wünsche mir, dass ich es niemals getan hätte“, schrieb Nikitin.

Regisseur sorgt sich um Qualität der Inszenierung

Die „künstlerische Beschädigung der Inszenierung“ sei selbst nach Einarbeitung eines Ersatzes immens, sagte Regisseur Jan Philipp Gloger. Es sei fraglich, ob der Ausfall Nikitins bis zur Premiere restlos aufgefangen werden könne. Die Festspielleitung akzeptierte die Absage des Bassbaritons. Dies stehe im Einklang mit der konsequent ablehnenden Haltung „gegenüber jeder Form nationalsozialistischen Gedankenguts“.

Die Zeit des Nationalsozialismus und die Nähe von Siegfried Wagners Witwe Winifred zu Adolf Hitler markieren das dunkelste Kapitel in der Geschichte der Festspiele. Hitler hatte Bayreuth zuletzt 1940 besucht. Ab diesem Zeitpunkt wurden auf seine Anordnung sogenannte Kriegsfestspiele durchgeführt. Die letzte Aufführung gab es am 9. August 1944. Seit einigen Tagen erinnern mannshohe grauen Info-Tafeln vor dem Festspielhaus an die Judenfeindlichkeit auf dem Grünen Hügel.

Nikitin bezeichnete Auftritt in Bayreuth als Traum

Der russische Bassbariton hatte erst vor wenigen Tagen im dapd-Interview gesagt, mit seinem Auftritt in Bayreuth gehe für ihn ein Traum in Erfüllung. Nikitin ist inzwischen ein gefragter Sänger an den großen Opernhäusern, vor allem für die schweren deutschen Rollen, für den „Holländer“, überhaupt für Wagner, aber auch für Richard Strauss. Noch während seines Studiums in St. Petersburg wurde er vom Mariinsky-Theater engagiert. 2002 gab er sein Debüt an der Metropolitan Opera in New York. 2008 trat er im „Fliegenden Holländer“ am Festspielhaus Baden-Baden auf. Im gleichen Jahr debütierte er an der Bayerischen Staatsoper München.