Die Pressevertreter im Düsseldorfer Capitol zeigten sich begeistert von der TV-Persiflage. Offizielle Premiere wird am Sonnabend gefeiert.

Düsseldorf. Es gibt „Kein Pardon“ – auch nicht für das Publikum. Bei dem Musical aus der Feder von Thomas Hermanns wird gelacht, bis die Bauchmuskeln um Hilfe rufen. Obwohl die Musical-Fassung von Hape Kerkelings Kultfilm „Kein Pardon“ offiziell erst am Sonnabend (12. November) im Düsseldorfer Capitoltheater „Weltpremiere“ feiert, fanden in den vergangenen Tagen bereits erste Previews vor Publikum sowie am Donnerstagabend die große Medienpremiere statt. Und dort gab es bereits vor Beginn herzhaftes Gelächter.

„Kein Pardon“ entführt die Zuschauer in die Fernsehwelt kurz vor Einführung des Privatfernsehens. Ansagerinnen sind noch ein gewohntes Bild. Da erscheint im überdimensionalen Fernseher, der den Bühnenrahmen bildet, niemand anderer als Hape Kerkeling selbst. Er mimt eine beschwipste Ansagerin – und das Publikum liegt ihm zu Füßen.

Im Film war Kerkeling einst Peter Schlönzke, jener Mittzwanziger, der im Mittelpunkt der Handlung steht. Im Musical überlässt er diese Rolle einem anderen. Peter, der noch immer bei Mama, Oma und Opa lebt, wird gespielt von Enrico De Pieri. Die Schlönzkes betreiben einen Schnittkes-Service. Peters Aufgabe ist es, die Schnittchen – natürlich mit Gürksken – an die Kunden auszuliefern. Sein bester Freund ist seit der Kindheit der Fernseher, seine Lieblingssendung heißt „Witzigkeit kennt keine Grenzen“. Dessen Moderator Heinz Wäscher ist sein großes Idol.

Eines Tages erhält Peter die Möglichkeit, am Talentwettbewerb der Show teilzunehmen. Zwar fällt er gnadenlos durch, doch immerhin erhält er einen Job als Kabelträger. Von der Realität hinter den Kulissen ist er geschockt, will sich schnell zurückziehen – doch plötzlich steht er im Rampenlicht. Sein Ausraster vor laufender Kamera führt dazu, dass er künftig die Show moderieren wird – und der nette Junge von nebenan ist bald genauso verdorben wie sein Vorgänger Heinz Wäscher. Wehe, wenn sich Träume erfüllen. Dann kennt das Schicksal kein Pardon.

Das Musical überzeugt inhaltlich wie musikalisch. Trotz allem Klamauk haben Texte und Handlung einen unterschwelligen Ernst. Dabei geht es nicht nur um die Gefahr, im Showbiz abzuheben. Da geht es auch um die Region Ruhrgebiet, deren Bewohner trotz aller Schrulligkeit das Herz am rechten Fleck haben.

Musikalisch ist das Werk abwechslungsreich und ohne Längen. Unter die Haut gehende Balladen wechseln sich ab mit spritzigen Up-Tempo-Nummern. Opa Schlönzkes Sprechgesang mit der trockenen Art eines typischen Ruhrgebietsbewohners begeistert ebenso wie die wogenden Melodien, zu denen das „Fernsehballett“ tanzt. Komponist war Achim Hagemann. Thomas Zaufke und Heribert Feckle schrieben einzelne Songs.

Leben haucht den einzelnen Charakteren ein mehr als spielfreudiges Ensemble ein. Da begeistern Iris Schumacher als Mutter Schlönzke, Susanna Panzner als „Käffchen“ liefernde Doris und später als Talk-Show-Moderatorin und Roberta Valentini in der Rolle von Peters Freundin Ulla. Prominentester Darsteller ist Dirk Bach als Heinz Wäscher, der mit hessischem Dialekt seinem Film-Kollegen Heinz Schenk sehr nahe kommt. Trotz starker Erkältung sang und spielte er sich bei der Medienpremiere in die Herzen der Zuschauer – die schon seinen ersten Auftritt mit enthusiastischem Jubel feierten.

Star des Abends ist jedoch Enrico De Pieri. Er könnte Hape Kerkelings kleiner Bruder sein, so sehr gleichen sich Statur, Mimik, Gestik, Stimme und Aussehen. Mit intensivem Schauspiel und gefühlvollem Gesang avancierte er zum Publikumsliebling. So war es kein Wunder, dass der Schlussapplaus lang und anhaltend war, doch Standing Ovations gab es erst, als Enrico De Pieri an den Bühnenrand trat. Der nahm das aber nur am Rande zur Kenntnis – und bemühte sich stattdessen liebevoll, den Kinderdarsteller an seiner Seite durch die Schluss-Applaus-Choreografie zu manövrieren.