Die US-Regiebrüder Joel und Ethan Coen zeigen mit “True Grit“ ein starkes Antihelden-Kino. Ein Remake, das so gar kein typischer Coen-Film ist.

Berlin. Auf dem roten Teppich vor dem Berlinale-Palast am Potsdamer Platz waren neben den Coens die furios spielenden Hauptdarsteller fast komplett versammelt: Jeff Bridges, der für seine Rolle als versoffener, Waffen schwingender Marshall Cogburn für einen Oscar als bester Schauspieler nominiert ist. Die erst 14-jährige Hailee Steinfeld, die mit ihrem Spielfilmdebüt als eigensinnige Farmerstochter Mattie auf der Suche nach dem Mörder ihres Vaters Chancen auf einen Nebendarsteller-Oscar hat. Und Hollywoodschauspieler Josh Brolin, der den verschlagenen Mörder Chaney spielt, nach dem Mattie und Cogburn suchen. Nur Matt Damon, der als Ranger ebenfalls Jagd auf Chaney macht, fehlte. Er steckt mitten in neuen Dreharbeiten.

"True Grit“ ist ein Remake von "Der Marshall“ mit John Wayne, der 1969 dafür einen Oscar bekam. "John Wayne war erstklassig“, räumte Bridges ein. Er habe aber "nicht eine Minute“ an Wayne gedacht, als er vor der Kamera stand. "Ich messe mich nicht an anderen“, sagte Bridges. "Ich fand es toll, mich in diese Zeit zurückzuversetzen. Die Dialoge haben mich begeistert, auch wenn die Sprache und der Slang nicht ganz einfach waren.“ Mit Bridges, der schon der legendäre "Dude“ im Coen-Film "The Big Lebowski“ war, haben die Regisseure den perfekten Mann für die Rolle des starrsinnigen Eigenbrötlers Cogburn gefunden.

Der im Jahr 1872 im US-Staat Arkansas spielende Western ist kein typischer Coen-Film. Die sehr geradlinig erzählte, epische Geschichte ist trotz komischer Momente viel weniger zynisch und ironisch als frühere Coen-Werke. Nachdem Mattie den rüden Cogburn überredet hat, ihr bei der Mördersuche zu helfen, tauchen zwar alle typischen Western-Zutaten auf: Schießereien und brutale Kämpfe, Begegnungen mit Indianern, ein durch den Fluss schwimmendes Pferd und jede Menge beeindruckende Landschaft. Doch die Coens ("No Country for Old Men“, "Burn After Reading“) lassen dieses Mal echte Gefühle zu und auch ein bisschen Romantik und Poesie.

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Zur Festivaleröffnung waren mehr als 1600 Zuschauer geladen, darunter die versammelte deutsche Filmprominenz und natürlich die internationale Jury mit ihrer Vorsitzenden Isabella Rossellini. Sie forderte die Freilassung des iranischen Regisseurs und Jurymitglieds Jafar Panahi. „Wir haben die Hoffnung noch nicht aufgegeben, dass er noch kommen kann und seinen Platz in der Jury einnimmt“, sagte Rossellini. „Die Meinungs- und Redefreiheit ist die Grundlage des Filmemachens.“ Der regimekritische Panahi wurde in seiner Heimat zu einer Haftstrafe verurteilt und konnte deshalb bisher nicht nach Berlin reisen. Am Freitag zeigt die Berlinale in einer Solidaritätsvorführung Panahis Film „Offside“, für den er 2006 einen Silbernen Bären erhielt.

Auch die deutsche Schauspielerin Nina Hoss sitzt in der Jury, die über die diesjährigen Bären-Gewinner entscheidet. Der Eröffnungsfilm "True Grit“ hat allerdings keine Aussicht auf eine Berlinale-Trophäe, der Film läuft außer Konkurrenz. Im Rennen um den Goldenen und die Silbernen Bären sind 16 Produktionen aus aller Welt. Auch zwei deutsche Regisseure sind dabei: Dokumentarfilmer Andres Veiel ("Black Box BRD“) zeigt "Wer wenn nicht wir“ über die Vorgeschichte der RAF. Ulrich Köhler ("Montag kommen die Fenster“) geht bereits am Samstag mit dem Entwicklungshelfer-Drama "Schlafkrankheit“ an den Start.

Knapp 400 Filme aus 58 Ländern zeigt die Berlinale. Mit 300.000 frei käuflichen Kinotickets ist sie das größte Publikumsfestival der Welt. Stars wie Vanessa Redgrave, Madonna, Colin Firth, Helena Bonham-Carter, Gabourey Sidibe, Ralph Fiennes, Harry Belafonte und Liam Neeson werden erwartet. Am Freitag stellen Kevin Spacey und Jeremy Irons den Börsen-Thriller "Margin Call“ von US-Regisseur JC Chandor vor.

Vier Abendblatt-Redakteure berichten live von der Berlinale im Festivalblog