Bei der Pressekonferenz im Volksparkstadion sprach der Musiker über sein neues Album, die Stimmung zu Weihnachten und sein Konzert in Hamburg.

Hamburg. Es schien fast, als habe Herbert Grönemeyer Sabbelwasser getrunken. Fragen mussten bei einer Pressekonferenz mit dem deutschen Sänger und Schauspieler anfangs gar nicht gestellt werden, die Infos sprudelten nur so aus ihm heraus. Vielleicht lag Grönemeyers große Mitteilungsfreude daran, dass er sein Arbeitsdomizil in Berlin mal für einen Tag verlassen durfte. Zur Zeit nimmt er ein neues Album auf, das eigentlich schon lange fertig sein sollte und jetzt den 18. März als Veröffentlichungsdatum trägt. „Ich arbeite immer bis auf den letzten Drücker, das bringt mein Umfeld zum Wahnsinn, aber ich kann es nicht ändern“, sagt er. Mitte Januar werden die neuen Songs in den USA gemastert, dann muss jede Nummer im Kasten sein. Die Musik sei fertig, die neuen Songs würden härter und gitarrenlastiger klingen als der Vorgänger „12“, sagte Grönemeyer.

Nur mit dem Songschreiben tue er sich noch schwer. „Ich stehe um sechs Uhr morgens auf, schreibe etwas und wenn ich es dann um elf noch mal lese, denk ich oft: Was ist das denn für ein Mist!“ Seine Songtexte entwickelt er wie schon bei „12“ zusammen mit der Journalistin Arezu Weitholz, aber auch seinen Kindern zeigt er die Entwürfe: „Da kann es dann schon mal passieren, dass meine Tochter sagt: ‚Was hast du denn genommen?“ Aber gerade diese Unsicherheit, ob er mit den neuen Songs wieder den richtigen Ton treffen wird, lassen den 1956 in Göttingen geborenen und in Bochum aufgewachsenen Künstler so sympathisch wirken.

Weihnachtsstimmung kommt angesichts dieses enormen kreativen Drucks kaum auf. „Natürlich haben wir einen Tannenbaum zu Hause, und Heiligabend gibt es wie in vielen deutschen Familien Kartoffelsalat und Würstchen, aber für Besinnlichkeit ist gerade keine Zeit.“ Ein Album mit Weihnachtsliedern, wie es viele internationale Kollegen herausbringen, wird es von Grönemeyer definitiv nie geben. „Da müsste mir schon rein gar nichts mehr einfallen“, sagte er. Mit Weihnachten könne er sowieso nicht viel anfangen, Ostern sei für ihn lustiger.

Drei Jahre nach seiner letzten Tournee mit zwei Auftritten im HSV-Stadion wird Herbert Grönemeyer am 1. Juni 2011 mit neuen und alten Songs auf der Bühne im Volksparkstadion stehen. „Ich singe gern“, sagt er. „Es ist ein Ausdruck von Lebensfreude. Es macht ungeheuren Spaß, die Atmosphäre in so einer Arena zu spüren. Das Publikum ist da der Partner, auf den du reagieren musst. Jedes Konzert hat seine besonderen einzigartigen Momente. Die suchst du und für die lohnt sich der ganze Aufwand.“ Die neue Bühne entwirft wieder Grönemeyers Freund, der Fotograf und Regisseur Anton Corbijn.

Mit Corbijn verbindet Grönemeyer schon eine lange Freundschaft. Die beiden sind Nachbarn in London, Grönemeyer hat dessen ersten Film „Control“ mitfinanziert, für den zweiten „The American“ hat er diesem Jahr den Soundtrack komponiert. „Diese Arbeit war mein persönlicher Höhepunkt in diesem Jahr“, erzählt Grönemeyer und wartet mit der Nachricht auf, dass er unter Corbijns Regie auch wieder auf die Leinwand zurückkehren werde. Der Regisseur entwickelt gerade einen Thriller, der 2012 oder 2013 gedreht werden soll und in dem Grönemeyer in Rolle bekommen wird. In den 80er-Jahren war er unter anderem in Wolfgang Petersens „Das Boot“ und Bernhard Sinkels „Väter und Söhne“ zu sehen.

19 Millionen Tonträger hat Herbert Grönemeyer in seiner langen Karriere verkauft, seit er 1984 sein Album „4630 Bochum“ herausbrachte, landete jedes seiner Alben auf Platz 1. Doch Grönemeyer glaubt, dass angesichts fortschreitender Digitalisierung das Plattenkaufen als Kultur sterben wird: „Es gibt schon Generationen, die kennen Plattenläden nicht, weil sie ihre Musik nur als Download kaufen.“ Er erwähnte die französische Kette Fnac, die in ihren Läden Sitzecken habe, in denen man lesen und Musik hören könne. „Es wäre schön, wenn man so eine Kultur wieder aufbauen könnte.“