Heute erscheint “12“, das zwölfte Album mit zwölf Songs. Eine Annäherung an den populären Sänger in zwölf Teilen.

Köln. 1. Der Dukatenesel

Mehr als zwei Millionen Mal verkaufte sich "Mensch", das Vorgängeralbum von "12" vor vier Jahren. Für die Tournee im Sommer sind bereits 800 000 Tickets abgesetzt. Wer Herbert Grönemeyer unter Vertrag hat, verdient viel Geld. Deshalb leistete sich die EMI eine spektakuläre Albumpräsentation in Köln. Im ersten Stock des Rheinforums, einem leer stehenden Prunkbau, erhielt jeder Song einen individuell gestalteten Raum. Mit Videoprojektionen von Wolken an einer Decke, Sand und Laub auf den Fußböden, Holzstümpfen und Gartenbänken zum Sitzen.

2. Der Weltverbesserer

Afrika lag ihm immer am Herzen. Schon 1985 beteiligte Grönemeyer sich am Band-für-Afrika-Projekt "Nackt im Wind". Der Song "Marlene", mit sanftem Getrommel instrumentiert, knüpft daran an. Er prangert an, dass es in Afrika nicht genug Medikamente für Aids-Kranke gibt und dass in manchen Familien entschieden werden muss, ob Vater oder Mutter weiterleben können.

3. Der Religionskritiker

In dem bereits als Single veröffentlichten " Stück vom Himmel" geht Grönemeyer mit den Weltreligionen hart ins Gericht. Bei der Pressekonferenz setzte er nach: "Am westlichen christlichen Wesen soll die Welt genesen, das ist der falsche Weg. Die Welt retten wir nur gemeinsam."

4. Der Romantiker

Über seine neue Liebe spricht er nicht. Doch es gibt mehrere Songs auf "12", in denen Grönemeyer sehr poetische Liebeserklärungen eingefallen sind. "Ich wär so gern dein Zufluchtsort", singt er in "Du bist die". Und "Wenn dir ein Engel fehlt, hab ich einen zur Hand", heißt es in "Leb in meiner Welt", das er als "lyrische Glanzleistung" bezeichnet.

5. Der Volkstribun

Sein Maul hat er schon immer aufgerissen. Viele waren von seiner political correctness genervt. In "Flüsternde Zeit" macht er sich zum Sprecher des Volkes und benutzt dabei die Klischeesprache der Fußball-Reporter. "Aber ihr rennt ohne Plan ins Abseits", singt er über die politisch Regierenden. Kanzler möchte er nie werden sagt er in Köln. "Ich singe. Und tanze manchmal. Kanzler will ich nicht sein."

6. Der Chaot

"Chaos" hieß eins seiner früheren Alben. Grönemeyer selbst bezeichnet sich als "Chaoten". "Für meine Mitstreiter ist es oft nicht so einfach, mit mir zu arbeiten", sagt er. Das neue Album sei entstanden, weil sein Team ihn geschubst habe. Fertig sei man nur geworden, weil es einen Veröffentlichungstermin gab.

7. Der Therapeut

Popmusiker geben ihren Fans durch ihre Songs oft ungewollt Lebenshilfe. Das ist bei Grönemeyer nicht anders. "Mensch" zum Beispiel war ein Paradebeispiel für positive Trauerarbeit. Auch auf "12" gibt es wieder aufbauende Lieder. In der Ballade "Zur Nacht" heißt es "Zieh den Stecker raus" als Warnung an alle, deren Leben auf der Überholspur läuft.

8. Der Tanzbär

Fred Astaire oder Michael Jackson ist er nicht gerade. Auf der Bühne bewegt sich Herbert Grönemeyer eher mit der Grazie eines Innenverteidigers. Aber er ist begeisterter Tänzer. "Kopf hoch, tanzen" heißt ein Song, der mit seinem einfachen Beat an Nenas 80er-Jahre-Hits erinnert und Chancen hatte, Titel des Albums zu werden.

9. Der Exilant

Seit neun Jahren lebt Herbert Grönemeyer mit seinen Kindern Marie (17) und Felix (19) in London. Dort bewältigte die Familie den Tod seiner Frau Anna. Jetzt hat er angekündigt, nach Berlin zu ziehen. "Ich liebe Deutschland", sagt er. "Ich habe zwar zurzeit eine Außenansicht, aber ich habe mich nicht so weit von hier entfernt, dass ich nichts sagen dürfte."

10. Der Bochumer

Zwar in Göttingen geboren, aber mit vier Monaten nach Bochum gekommen, fühlt er sich immer noch als Ruhrpottler, egal ob er sich nun in London oder Berlin aufhält. Etwas schroff und stur seien die Menschen dort, aber verlässlich. Einmal im Monat besucht er seine Heimatstadt, deren Fußballklub ihm ebenfalls sehr am Herzen liegt. "12 wäre ein guter Platz für den VfL am Ende der Saison", findet Grönemeyer. "Dieses Album ist Voodoo für den VfL."

11. Der Familienmensch

Die musikalischen Ergüsse werden im Hause Grönemeyer nicht nur diskutiert, sondern von seinen Kindern Felix und Marie auch mit Sternchen benotet. "Von fünf bis zu einem Stern war alles dabei. Leider", sagt Grönemeyer. Wobei seine Tochter nicht ganz so streng mit ihm umgegangen sei.

12. Der Sänger

"Ich singe gern", sagt er, "auch wenn einige glauben, ich kann das nicht." Es mache ihm großen Spaß, auf Tournee zu gehen. "Und weil ich nicht immer nur ,Mensch' singen will, habe ich neue Songs geschrieben." Ein Vorbild für die deutsche Musikszene will Herbert Grönemeyer übrigens gar nicht sein: "Als Vorbild tauge ich nicht. Ich bin einer von denen."