Er ist der Prototyp des Geheimagenten. Er ist der “Sexiest Man of the Century“ und eine lebende Legende: Sean Connery wird 80 Jahre alt.
Hamburg. Können Sie sich vorstellen - vorausgesetzt, Sie sind ein Mann -, einen Schottenrock zu tragen? Oder - vorausgesetzt Sie sind eine Frau - einen Mann im Schottenrock attraktiv zu finden? Klar, kann doch die Antwort in beiden Fällen nur heißen. Das passt, wenn man aussieht wie Sean Connery . Connery, der smarte Schotte, der es geschafft hat, mit Charme, Witz und Stilsicherheit irgendwo zwischen Coolness und Animalität das ultimative und unwiderstehliche Bild von Männlichkeit zu prägen. Noch mit 59 Jahren wurde der Schauspieler vom amerikanischen "People"-Magazin zum "erotischsten Mann des Jahres" gewählt - er, der wie kein Zweiter den britischen Geheimagenten 007, James Bond, definierte und der 1988 einen Oscar für seine Darstellung des Cops Jim Malone in "Die Unbestechlichen" bekam. Zehn Jahre später wurde er dann "Sexiest Man of the Century". Man stelle sich das mal vor, der Mann war damals fast 70 Jahre alt!
Zu allem Überfluss hatte ihn der Regisseur Steven Spielberg da schon als "einen der fünf besten Schauspieler der Welt" gepriesen. Und, als sei das alles noch nicht genug, wählten ihn die Briten 2006 auch noch zum "Mann mit der erotischsten Stimme". Manchmal ist Gott beim Verteilen seiner Talente sehr ungerecht. Connery war das allerdings alles nicht wichtig: "Ich war immer mehr an der Höhe meiner Gagen interessiert" sagte er einmal.
Sean Connery, der heute 80 Jahre alt wird, sieht immer noch verdammt gut aus. Als er in den 90er-Jahren - also als sein Kurs in Sachen Erotik besonders hoch stand - einmal die Hamburger Redaktion der "Bild"-Zeitung besuchte, herrschte im Springer-Haus kurzfristig der Ausnahmezustand. Es hatte sich in Windeseile herumgesprochen, dass Connery im Haus sei, und aus allen Zimmern, allen Stockwerken rannten kreischende Frauen auf die Flure. "Wo ist er?", riefen sie in heller Aufregung und stürzten zu den Fahrstühlen. Wohl kein anderer Schauspieler hat seine Fans, die weiblichen jedenfalls, je so verwirrt. Und was das Beste ist, selbst Männer finden ihn cool.
Kein Wunder. In "007 jagt Dr. No" spielte Connery 1962 den ersten James Bond. Es folgten "Liebesgrüße aus Moskau", "Goldfinger", "Feuerball", "Man lebt nur zweimal" und "Diamantenfieber". Stets verkörperte er den Helden einer neuen Generation.
Anfang der 60er-Jahre steckte die Ideologie des Westens in Schwierigkeiten. Nach anderthalb Jahrzehnten des Kalten Krieges schien es vielen Menschen, als breite der Kommunismus sich aus. Die Schlagzeilen der Zeitungen verkündeten sowjetische Siege im Rennen um den Weltraum, während sich zugleich Menschenrechtstragödien in Südafrika, Algerien und Südamerika abspielten. Die Einteilung der Welt in Gut und Böse wurde täglich komplizierter.
Der Westen brauchte eine Ikone, die seine Werte vertrat. Jemand, der Ordnung in das Durcheinander der Welt mit einem schnellen Schlag bringen konnte. Die Welt brauchte James Bond. Man fand einen Helden, der geistreich, gefährlich und geheimnisvoll war, eine zündende Mischung aus Wunschträumen und Realität mit einem Leben, das aus Luxus, Sex und Knallkörpern bestand. Nicht ganz untypisch verkocht der Bösewicht des ersten Bond-Films, "Dr. No", im siedenden Reaktorwasser.
Als 1962 der erste Bond-Film entstand, wusste natürlich niemand, dass diese Werke eine neue Film- und Fernsehkultur schaffen würden. Dass erst hiernach Blockbuster und Actionfilme entstehen, sich Modeschöpfer und Architekten von Bonds Universum inspirieren lassen würden, dass sich die Technik-Verliebtheit der Filmemacher über den gesamten Globus ausbreiten würde.
Zur selben Zeit, als die Beatles ihre Karriere begannen, prägte das Bond-Bild eine ganze Generation. Die Beatles standen für das Verspielte, Bond für das Kernige. Beide schulten unseren Blick für Musik, Kleidung, Sex, eine neue Art des lässigen Umgangs. Der essenzielle Kern James Bonds wurde zu einem Bestandteil unserer kulturellen Begriffswelt. Alles durfte, ja musste nun Witz haben. So traten Bond-Dialoge wie "Wer sind Sie?" "Mein Name ist Pussy Galore." "Ich glaube, ich träume." ihren Siegeszug durch die Welt an.
Unbestritten hat Sean Connery maßgeblichen Einfluss darauf gehabt, wie ein Mann, der ein Held sein will, Außergewöhnliches vollbringen und sich über Konventionen hinwegsetzen kann. "Pistole weg. Ich bin schneller" ist nur einer dieser Sätze, die den Witz und die Fähigkeiten des Agenten einfangen. Die Namen seiner "Gespielinnen" genannten Partnerinnen, etwa "Honey Ryder" oder "Kissy Suzuki", sagen ein Übriges.
Als der 1961 noch ziemlich unbekannte Schauspieler für die Rolle des Bond im Gespräch war, schien Produzent Cubby Broccoli unsicher, ob Connery der Richtige sei. Er fragte seine Frau Dana, ob Connery Sexappeal habe. Und sie bestätigte, was offensichtlich war. Autor Ian Fleming war nicht begeistert vom vorgesehenen Darsteller seines Helden, hielt die Ausstrahlung des Sohnes eines Lastwagenfahrers und einer Putzfrau für zu wenig weltgewandt oder elegant. Schließlich trägt Connery bis heute zwei Tätowierungen, die "Mum and Dad" lauten und "Scotland forever". Aber Fleming ahnte, dass Connery richtig sei, als er sagte: "Das Ziel meiner Bücher liegt irgendwo zwischen dem Solarplexus und, tja, dem Oberschenkel." Connery nahm Tanzunterricht, lernte schnell, sich wie eine Raubkatze zu bewegen. Er schlief in dem teuren Anzug, den er maßgeschneidert bekam, um ein Gefühl für das Tuch zu erwerben. Die tiefe Stimme mit dem rollenden R, den zischenden S-Lauten, die klingt, als käme sie geradewegs aus einem Bergwerk, in dem noch richtig geschuftet wird, hatte er schon von Natur aus.
Seinen oft parodierten Dialekt wollte er sich jedoch nie abgewöhnen. "Mir wurde immer wieder geraten, Sprechunterricht zu nehmen, damit ich auch Rollenangebote bekomme, die man ohne Kilt spielen kann", hat er einmal bekannt, "aber ich hab Ratschläge noch nie gerne angenommen." Als hundertprozentiger Schotte verkörpert er Eigenschaften wie Dickköpfigkeit und Knorrigkeit und gilt als äußerst geldbewusst.
1964, als Sean Connery "Goldfinger" drehte, in dem Bond von einem Laserstrahl in zwei Hälften zerschnitten werden soll (ausgerechnet zwischen den Beinen!), besetzte Alfred Hitchcock Connery in "Marnie ". Doch der Regisseur, der völlig besessen von seiner Marnie-Darstellerin Tipi Hedren war und deshalb unbedingt eine Vergewaltigung in seinem Film haben wollte, konnte sich mit Connery nicht anfreunden. Der Durchbruch für Connery und Bond kam also erst mit "Goldfinger". In Italien gab man ihm damals den Spitznamen "Mister Kiss Kiss Bang Bang". Doch Sean Connery wollte zeigen, was noch alles in ihm steckt. Nach "Man lebt nur zweimal" (1966) spielte er den kühlen Agenten erst 1971 wieder in "Diamantenfieber" und 1983, gelockt von einer gigantischen Gage, in "Sag niemals nie" - die Neuverfilmung von "Feuerball".
Lange arbeitete Connery daran, sein Bond-Image loszuwerden. Bei der Preisverleihung des Golden Globe 2006 sagte er: "Ich habe viele Filme gemacht. Manche davon hab ich vergessen, manche würde ich gern vergessen." Möglicherweise gehört "Zardoz" (1974) dazu, in dem Connery eine Art "Mankini" tragen musste, eine Badehose, wie sie später nur noch Borat trug. Aber meist bekam Connery das Raffinierte des Action-Helden, dessen Eleganz und Zynismus er weiterhin in seinen Rollen kultivierte, sehr gut. Über seine Darstellung in "Marnie" schrieb ein Kritiker: "Connerys Individualismus ist genau das Richtige für James Bond, der in der Liebe nicht lange fackelt, beim Weintrinken ein Snob ist und seine Gegner tötet, ohne einen Fleck auf dem Teppich zu hinterlassen." Als Connery 1986 in "Der Name der Rose" den mittelalterlichen Mönch William von Baskerville mit Sherlock-Holmes-Eigenschaften spielte, brachte er genau das Maß an Charisma, Intelligenz und Humor mit, die so Bond-typisch waren und die sich Regisseur Jean-Jacques Annaud für die Rolle wünschte.
Unvergesslich ist Connery in "Die Unbestechlichen", "Jagd auf Roter Oktober" oder "Highlander", als schrulliger Professor in "Indiana Jones" oder in der Verfilmung von John le Carrés "Russland-Haus", in dem der 60-Jährige sogar noch die schöne Michelle Pfeiffer erobern durfte.
Sean Connery ist zweifellos einer der bekanntesten Schauspieler der Welt. "Mein größter Wunsch wäre es, ein alter Mann mit einem guten Gesicht wie Hitchcock oder Picasso zu werden", hat er einmal gesagt. Die hat er jedenfalls um Längen überholt.