Die Kulturbehörde stand seit 1945 mehrfach auf der Kippe, aber auf einen Senator wurde in der Hansestadt letztlich nie verzichtet.
Hamburg. Die Stadt lag in Trümmern, der Krieg war noch keine zwei Monate vorüber, als zum ersten Mal in der Geschichte ein Hamburger Kultursenator sein Amt antrat. In einer Senatsveröffentlichung heißt es: "Die aus der Verwaltung für Kunst- und Kulturangelegenheiten der Gemeindeverwaltung hervorgegangene Kulturverwaltung wurde am 4. Juli 1945 erstmals einem Senator unterstellt."
Hamburgs erster Kultursenator hieß Hans-Harder Biermann-Ratjen, war FDP-Mitglied und hatte einen vorzüglichen Ruf als Kulturpolitiker. Der Jurist, Autor und Nazi-Gegner war Vorsitzender des Hamburger Kunstvereins gewesen, bis ihn die Nationalsozialisten 1936 absetzten. Seit 1978 ehrt der Senat Persönlichkeiten, die sich um die Kultur der Hansestadt verdient gemacht haben, mit der Biermann-Ratjen-Medaille. Doch zunächst blieb Biermann-Ratjen nur bis November 1945 im Amt, kehrte jedoch 1953 zurück und führte bis 1966 das Kulturressort.
Von 1971 bis 1978 verlor die Behörde ihre Eigenständigkeit. Sie wurde mit dem Wissenschaftsbereich der ehemaligen Schulbehörde zur Behörde für Wissenschaft und Kunst zusammengefasst. Danach folgte wieder die Trennung in Behörde für Wissenschaft und Forschung und Kulturbehörde. Dabei blieb es bis zur Bürgerschaftswahl im Februar 2008, nach der die Kulturbehörde unter Karin von Welck bisherige Zuständigkeiten von Schulbehörde und Wissenschaftsbehörde übernahm und in die Behörde für Kultur, Sport und Medien umgewandelt wurde.
+++ Alle Hamburger Kultursenatoren auf einen Blick +++
In der Vergangenheit ist die Existenz der Kulturbehörde immer mal wieder infrage gestellt worden. Schon 1949 gab es eine heftige Debatte darüber, ob Hamburg überhaupt eine Kulturbehörde brauche oder ob die kulturellen Belange nicht auch von der Schulbehörde vertreten werden könnten. Zu den Verteidigern der Kulturbehörde gehörte damals auch der Musikwissenschaftler Wilhelm Heinitz, der mit zeittypischem Pathos in einem Zeitungsbeitrag schrieb: "Warten wir also mit Hoffnung und Geduld auf den in Aussicht gestellten Kultursenator. Ganz gleich, von welcher Seite er kommen möge - wenn er nur selbst genügend Vertrauen hat zu dem, was er zum Besten unseres kulturellen Ansehens nicht nur in Hamburg, sondern in der Welt zu tun und zu verteidigen hat: das Ansehen der deutschen Kultur."
Dieselbe Diskussion flammte 1970 erneut auf. Ein damals diskutiertes Szenario bestand darin, die Kunsthochschule und die Musikhochschule der Schulbehörde anzugliedern und den Rest von einer "Senatsstelle für Theater, Musik und Bildende Kunst" verwalten zu lassen. Die Kulturbehörde galt als eines der weniger wichtigen Ressorts. Jost Nolte schrieb damals in der "Welt": "Wie man es auch dreht und wendet: Die Kultur steht bei den Politikern nicht hoch im Kurs. Sie ist Nebensache im Leben des Stadtstaates, und ein Mann von Ehrgeiz gibt sich mit dem einschlägigen Amt nicht zufrieden." Auf die Idee, dass es vielleicht auch eine Frau sein könnte, kam man damals natürlich nicht. Schließlich fand sich mit dem FDP-Politiker Reinhard Philipp doch noch ein Anwärter für das Senatorenamt.
Anders als Biermann-Ratjen, dem es etwa gelang, Gustaf Gründgens 1955 als Intendant ans Deutsche Schauspielhaus zu holen, waren manche seiner Nachfolger eher farblos. Zu den profilierten Kulturpolitikern zählten die ursprünglich der FDP angehörende parteilose Helga Schuchardt, Ingo von Münch (FDP) und Christina Weiss (parteilos), die anschließend von 2002 bis 2005 dem Kabinett von Bundeskanzler Schröder als Bundesbeauftragte für Kultur und Medien angehörte.
Als Ole von Beust am 31. Oktober 2001 in der Koalition mit der von dem Rechtspopulisten Ronald Schill geführten Partei Rechtsstaatliche Offensive seinen Senat vorstellte, blieb das Kulturressort zunächst unbesetzt. Monatelang wurden mehr oder weniger plausible, aber auch merkwürdige bis absurde Namensvorschläge wie Vicky Leandros in die Öffentlichkeit getragen - der Bürgermeister holte sich dennoch einen Korb nach dem anderen. Das Abendblatt begleitete die ebenso mühsame wie peinliche Suche mit der täglichen Glosse "Tag X ohne Kultursenator". Am 23. Januar 2002 erschien die 84. Folge, am selben Tag überraschte Ole von Beust nicht nur die Kulturszene, als er die frühere tschechische Bürgerrechtlerin Dana Horáková, die inzwischen als Kolumnistin bei der "Bild"-Zeitung tätig war, als neuen Präses der Kulturbehörde vorstellte.
Mit offenen Armen wurde die konservativ eingestellte Parteilose keineswegs aufgenommen. Trotz einiger zukunftsweisenden Entscheidungen, wie zum Beispiel der Etablierung der Sammlung Gundlach als "Haus der Photographie" in den Deichtorhallen, tat sie alles, was in ihrer Macht stand, um den Vorurteilen gerecht zu werden. Daher verwunderte es nicht, dass von Beust sie nach seiner Wiederwahl im Frühjahr 2004 gegen Karin von Welck austauschte, die zuvor Generalsekretärin der Kulturstiftung der Länder war. Von Welck trat ihr Amt mit einem großen Vertrauensvorschuss an, aber durch umstrittene Entscheidungen zum Beispiel im Bereich der Filmförderung, der Museen und Theater, bekam sie bald heftigen Gegenwind zu spüren. Die Hartnäckigkeit, mit der sie eine Erhöhung des Kulturetats durchsetzte, wurde ihr in der Kulturszene jedoch wenig gedankt. Sie ist (noch) Hamburgs 12. Kultursenatorin . Bleibt zu hoffen, dass sie nicht als letzte Kultursenatorin in Hamburgs Stadtgeschichte eingehen wird.