Nach Ansicht der Autoren seien es höchstens fünf bis zehn Prozent der Bevölkerung, die sich für das Hochkulturangebot interessierten.

Hamburg. Auf die Hälfte der subventionierten Theater, Museen und Bibliotheken in Deutschland könnte verzichtet werden - diese provozierende These vertreten vier Kulturexperten in einem neuen Buch und fordern einen radikalen Umbau des Subventionssystems. Die Kulturpolitik befinde sich in einer Lähmung, weil sie bei schrumpfenden Haushalten eine wachsende Zahl von Kultureinrichtungen erhalten müsse. Zugleich sinke die Nachfrage für die Angebote, weil sich die Zahl der Kulturnutzer nicht vermehrt habe, schreiben die Autoren in einem Beitrag für den „Spiegel“.

Am 20. März erscheint das Buch „Der Kulturinfarkt“ von Dieter Haselbach (Leiter des Zentrums für Kulturforschung bei Bonn), Armin Klein (Professor für Kulturmanagement in Ludwigsburg), Pius Knüsel (Direktor der Kulturstiftung Pro Helvetia) und Stephan Opitz (Leiter des Referats für Kulturelle Grundsatzfragen im Bildungsministerium von Schleswig-Holstein). Im „Spiegel“ fordern die Autoren, das System der Kulturförderung völlig neu auszurichten.

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„Was wäre, wenn die Hälfte der Theater und Museen verschwände, einige Archive zusammengelegt und Konzertbühnen privatisiert würden?“ fragen sie. „3200 statt 6300 Museen in Deutschland, 70 staatliche und städtische Bühnen statt 140, 4000 Bibliotheken statt 8200 – wäre das die Apokalypse?“ Die freiwerdenden Mittel müssten neu verteilt werden auf die verbleibenden Einrichtungen, auf neue Formen und Medien kultureller Produktion, auf die Laienkultur und die Kunstausbildung.

Nach Ansicht der Autoren ist die aus den 70er Jahren stammende Forderung „Kultur für alle“ gescheitert. Noch immer seien es höchstens fünf bis zehn Prozent der Bevölkerung, die sich für das Hochkulturangebot interessierten. Doch der Kulturbetrieb verteidige seine Privilegien unter allen Umständen. Jede kulturelle Kraft strebe nach Institutionalisierung, jeder Kulturmanager nach dem Beamtenstatus. Der nötige Rückbau der Subventionssystems werde nicht angegangen: „Politiker eröffnen lieber ein neues Museum oder gründen ein weiteres Festival, als nach dem Sinn der Veranstaltung zu fragen.“