Das Bild stammt vom französischen Fotografen Roberto Neumiller, der im Auftrag der Organisation „SOS Sahel“ in Afrika unterwegs war.

Hamburg. 51.929 Abendblatt-Leser haben über die 57 für den Abendblatt-Publikumspreis nominierten Fotos abgestimmt – und dabei einen klaren Gewinner ermittelt (Foto oben). Das Siegerbild zeigt eine Momentaufnahme aus einer langen Reise – einen Lastwagen, mit dem afrikanische Pendler 1000 Kilometer von der libyschen Grenze quer durch die Sahara heim nach Agadez in Niger fahren. Der Lkw ist überladen mit Menschen, Gepäck und Wasserkanistern, denn auf der viele Tage dauernden Reise gibt es unterwegs nur zwei Brunnen, an denen sie nachfüllen können.

Das Bild stammt von dem vielfach preisgekrönten französischen Fotografen Roberto Neumiller, der im Auftrag der Hilfsorganisation „SOS Sahel“ in Afrika unterwegs war. Er findet in seinen Fotos immer wieder einen besonderen menschlichen Blick auf Personen und Situationen. Auch dieses Bild kommt nicht als soziale Anklage daher, sondern es gewinnt seine Kraft daraus, dass es ästhetisch komprimiert zeigt, wie die Wirklichkeit ist. So bringt es unsere Gedanken in Bewegung: Was nehmen diese Menschen auf sich, um fern von ihrer Heimat Arbeit zu finden? Wie geht es ihnen da oben – nach Tagen in Sand und Staub und glühender Sonne? Worüber beklagen wir uns hier im komfortablen Europa? Neumillers Bild berührt auch, weil es eine faszinierende Visualisierung des globalen Themas „Schicksalsgemeinschaft“ ist.

Das Foto erschien in Heft 3 der Zeitschrift „View“; die Sieger-Urkunde übergab Abendblatt-Chefredakteur Claus Strunz an „View“-Chefredakteur Hans-Peter Junker.

Tagsüber war auf dem Symposium der Lead Awards über Zeitungs- und Zeitschriftendesign, das Ende der klassischen Werbung und in der Chefredakteursrunde über das Verhältnis von Online zu Print diskutiert worden. „Mich hat es genervt, wie in den letzten zehn, 15 Jahren in quasi religiöser Anmutung Online angebetet und Print schlechtgeredet wurde“, sagte „Zeit“-Chefredakteur Giovanni di Lorenzo. Dass sich Qualitätsjournalismus online nicht refinanzieren lässt, ist für ihn ein „Geburtsfehler“ des Internets. Es sei völlig falsch gewesen, journalistische Gratis-Inhalte im Netz anzubieten.

Er warnte davor, bei der Einführung mobiler Endgeräte wie dem iPad von Apple diesen Fehler zu wiederholen. Der Einsatz, um den es laut di Lorenzo dabei geht, ist nicht gering: „Es gibt hier eine freie, unabhängige Presse, und für die sollten wir mit allen Mitteln kämpfen.“

Dagegen warnte „Spiegel“-Chefredakteur Mathias Müller von Blumencron davor, alle journalistischen Inhalte im Netz kostenpflichtig zu machen. Das Internet wandle sich gerade von einem Informations- zu einem Kommunikationsmedium. Schon heute verbrächten junge Leute mehr Zeit bei Facebook als auf den Sites klassischer Medien. Mit kostenpflichtigen Angeboten könne man diese Zielgruppe erst recht nicht erreichen: „Wenn wir im Netz aber gar nicht mehr auffindbar sind, bekommen wir ein Riesenproblem.“

Die Überzeugung vieler Verleger, Bezahlinhalte auf Geräten wie dem iPad durchsetzen zu können, teilt Müller von Blumencron nur bedingt: „Ich glaube daran, aber sicher bin ich mir nicht.“

„SZ-Magazin“-Chefredakteur Dominik Wichmann findet es zwar „nicht richtig“, dass alle Ausgaben seines Blattes im Internet frei verfügbar ist. Er warnt aber davor, alle Inhalte gleich monetarisieren zu wollen. Einen US-Internetinvestor habe er gefragt, warum er nicht in Deutschland investiere. „Weil ihr uns alles nachmacht“, habe der geantwortet. Wichmann plädiert deshalb dafür, mehr Kreativität zu riskieren, ohne stets an die Refinanzierung zu denken. „In kontrolliertem Rahmen müssen wir die Möglichkeit des Scheiterns zulassen.“

Nicht nur an Kreativität mangelt es der Branche. Di Lorenzo macht auch ein Glaubwürdigkeitsproblem aus. Beispielhaft dafür sei, dass der Jahreszeiten Verlag seinen Entschluss, sich von allen Redakteuren ohne Leitungsfunktion trennen zu wollen, der laut di Lorenzo der Not geschuldet sei, als „Qualitätssicherung“ ausgegeben habe. „Kein Leser ist so blöd, das zu glauben“, sagte er.