Oscar-Gewinner Christoph Waltz ist in Österreich zum Nationalhelden mutiert: Sein Bild ziert Zeitungsartikel, sein Name ist aller Munde.

Frankfurt/Los Angeles. Shooting-Star Christoph Waltz war nicht aufzuhalten: Alle hatten auf den Oscar für den überragenden Schauspieler aus „Inglourious Basterds“ gesetzt. So hatte der ebenfalls als bester Nebendarsteller nominierte Matt Damon erklärt, er bereite erst gar keine Dankesrede vor. Waltz durfte als erster Preisträger auf die Bühne im Kodak Theatre in Los Angeles und hatte sich gut vorbereitet. Der vorausgegangene Preisregen hat ihm schon Routine beim Dankesagen verschafft, beim Oscar aber zitterte seine Stimme hörbar.

Penelope Cruz hatte ihm mit einem Kuss gratuliert: „Oscar und Penelope, das ist Über-Bingo“, sagte der 53-jährige Österreicher auf seine freundlich-leise Art. „Bingo“ ist ein Zitat des von ihm so eindrucksvoll verkörperten Nazi-Schergen Hans Landa. Waltz sagte, er könne dem Regisseur Quentin Tarantino gar nicht genug danken, der ihn mit seiner unorthodoxen Art zu führen und seinem furchtlosen Entdeckerdrang dorthin gebracht habe, wo er nun stehe.

Nach seinem Abgang schwärmte Waltz im Gespräch hinter den Kulissen: „Es ist umwerfend, es ist fantastisch, es ist sehr intensiv, und morgen werde ich wohl traurig darüber sein, dass es vorbei ist.“

Die Rolle seines Lebens

Der Triumphzug des Schauspielers ist beispiellos: Christoph Waltz hat mit der Rolle seines Lebens alle wichtigen internationalen Filmpreise abgeräumt. Im Mai 2009 wurde er beim Filmfestival von Cannes als bester Schauspieler ausgezeichnet. Damals sagte er, Tarantino habe ihm die Berufung zum Schauspieler zurückgegeben. Ende Oktober erhielt er den Hollywood Award beim Hollywood Film Festival in Beverly Hills. In Deutschland folgte der Bambi des Burda-Verlags im November im Potsdamer Filmpark Babelsberg, wo große Teile von „Inglourious Basterds“ gedreht wurden. Dort beließ er es bei einer ultrakurzen Dankesrede. Die Kategorie „Schauspieler international“ sei „die richtige für mich - ich bin Österreicher“.

Hinzu kamen insgesamt fünf Preise von großen und regionalen Filmkritiker-Verbänden in den USA, darunter der Critic's Choice Movie Award und als Höhepunkt am 17. Januar der Golden Globe der Vereinigung der Hollywood-Auslandspresse. Waltz knüpfte in seiner Dankesrede an das Symbol der Auszeichnung an: „Vor anderthalb Jahren wurde ich den Gravitationskräften von Quentin Tarantino ausgesetzt. Er nahm meine bescheidene kleine Welt, meinen Globus, und schleuderte ihn mit der Kraft seines Talents und seiner Worte in seine Umlaufbahn - eine atemberaubende Erfahrung.“

Am 23. Januar wurde sein Name wieder aufgerufen, als die Schauspielergewerkschaft (Screen Actors Guild) in Los Angeles ihren Preis für die beste männliche Nebenrolle vergab. In London nahm er dann noch am 21. Februar die Auszeichnung der Britischen Film- und Fernseh-Akademie (BAFTA) in Form einer Theatermaske entgegen.

Waltz ist in Hollywood weiter gefragt

Wenn er auch noch den Deutschen Filmpreis, die Lola, erhalten sollte, wäre dies nur noch eine Zugabe. Denn nun firmiert Christoph Waltz unter „Hollywood-Star“. Er wird nach allem, was zu hören ist, mit Rollenangeboten überhäuft. Bereits abgedreht ist die Comic-Verfilmung „The Green Hornet“; darin mimt er einen Mafiaboss.

Das Leben in den USA ist ihm vertraut; Waltz war mit einer Amerikanerin verheiratet; mit ihr hat er drei Kinder, ein weiteres hat er mit seiner Lebensgefährtin, der Kostümbildnerin Judith Holste. Die Familie hat bisher in London gelebt. In seiner österreichischen Heimat gratulierten ihm am Montag auch Bundespräsident Heinz Fischer und Bundeskanzler Werner Faymann.

Waltz wurde am 4. Oktober 1956 in Wien als Sohn eines Bühnen- und Kostümbildner-Paares geboren. Nach einer Theaterkarriere konzentrierte er sich auf Film und Fernsehen. Eine herausragende Darstellung gelang ihm mit der Rolle des Schlagersängers in Peter Keglevics TV-Film „Du bist nicht allein - Die Roy Black Story“. Unter der Regie von Keglevic glänzte er abermals in „Tanz mit dem Teufel - Die Entführung des Richard Oetker“ als brutaler Entführer des Industriellensohns.

Dennoch bekam Christoph Waltz nicht viel Bewunderung der Branche in Deutschland zu spüren. Keglevic sagte: „Sogar kurz vor Tarantino habe ich ihn bei einer Besetzung nicht durchgekriegt. 'Der Waltz', hieß es, 'der ist doch so zynisch'.“ Der Regisseur fügte hinzu: „Da wurde wirklich der Schauspieler mit seinen Rollen verwechselt.“ Als Konsequenz erwartet Keglevic, dass der Schauspieler jetzt einige Jahre weg sein werde, „er war ja auch zu viele Jahre da, ohne dass von ihm etwas gewollt wurde“.

Tarantino hatte „Inglourious Basterds“ mit einer ganzen Reihe deutscher Schauspieler besetzt, zunächst aber keinen für den Nazi Hans Landa gefunden. Er sagte später, er habe das Projekt eigentlich schon in die Schublade gelegt. Doch dann erschien im Jahr 2008 Christoph Waltz zum Vorsprechen. Der Rest ist nun Geschichte.

Kathryn Bigelow schreibt Filmgeschichte

Als erste Frau gewann sie am Vorabend des Weltfrauentages einen Oscar für die beste Regie - und heimste zudem fünf weitere der Goldtrophäen ein.

Bei der 82. Oscar-Verleihung schlug sie ihre Regiekollegen vom anderen Geschlecht mit deren eigenen Waffen, denn ihr knallharter Action-Kriegsfilm „Tödliches Kommando – The Hurt Locker“ ist eigentlich ein klassischer Männerfilm. Doch in diesen Kategorien denkt sie selbst am wenigsten.

„Ich sehe mich als jemanden, der Filme macht, und freue mich auf den Tag, wenn Mann oder Frau keine Rolle mehr spielt“, sagte die 58-Jährige mit dem Look eines Ex-Models kürzlich in der CNN-Talkshow mit Larry King. Dennoch sei sie natürlich stolz, die erste Frau zu sein, die diesen Preis gewinnt, sagte sie direkt nach der Oscar-Gala: „Ich hoffe, ich bin die erste von vielen (Frauen).“ Aber bisher höre sie immer noch die ewig gleiche Frage: Was, eine Frau hat das inszeniert?

Und dies nicht nur bei ihrem aktuellen Film: Die 1,82 Meter große Regisseurin hat seit jeher einen Hang zu Action, Thrillern und harten Kerlen. In dem Cop-Thriller „Blue Steel“ (1990) machte sie Jamie Lee Curtis als toughe Polizistin, die einen Serienkiller austrickst, zur Heldin. Ein Jahr später schleuste sie Keanu Reeves in „Point Break - Gefährliche Brandung“ als Undercover-Agent in die Surfer-Szene ein, mit Patrick Swayze als zwielichtigem Bankräuber. Der Action-Film spielte allein in den USA mehr als 43 Millionen Dollar ein, bis dato Bigelows größter Kassenschlager. Produziert wurde er von ihrem damaligen Ehemann, „Titanic“- und „Avatar“-Regisseur James Cameron.

Das Power-Paar hielt es nur zwei Jahre miteinander aus, doch seit der Scheidung 1991 sind sie noch gut befreundet. Cameron schrieb auch das Drehbuch für Bigelows Science-Fiction-Film „Strange Days“ (1995), mit Ralph Fiennes als Ex- Polizist, der eine Verschwörung aufdeckt. Nun trumpfte sie ausgerechnet gegen ihren Ex-Mann auf, der auch für den Regie-Oscar nominiert war.

Bigelow wuchs nahe San Francisco als einziges Kind einer Bibliothekarin und eines Managers einer Farbenfabrik auf. Sie entdeckte früh ihre Liebe zur Malerei, schrieb sich an der Kunstakademie in San Francisco ein und zog mit einem Stipendium für talentierten Nachwuchs nach New York. Dort wechselte sie schließlich zum Film. „Malerei ist ein bisschen elitär, Film dagegen überschreitet Kultur und Klassen“, erklärte sie 2002. Mit 30 Jahren drehte sie ihren ersten Spielfilm. Für das Biker- Drama „Die Lieblosen“ – im Stil von Marlon Brandos „Der Wilde“ - holte sie Willem Dafoe vor die Kamera.

„The Hurt Locker“ ist Bigelows achter Film, den sie mit einem kleinen Budget von 15 Millionen Dollar unter härtesten Bedingungen realisierte. „Jeder Tag war eine Art Spiel mit dem Feuer, mit Sandstürmen, Windstürmen und der strapaziösen Hitze im Nahen Osten“, sagte sie der „Los Angeles Times“, nachdem sie Anfang Februar von ihren neun Oscar-Nominierungen erfahren hatte. Den Thriller über Bombenentschärfer der US-Armee im Irak drehte sie in Jordanien, dicht an der irakischen Grenze. An den US-Kinokassen floppte das Kriegsdrama, doch Kritiker und Filmpreisverleiher waren begeistert.

Im Kopf-an-Kopf-Rennen um einen Golden Globe mit Cameron unterlag Bigelow dem „Avatar“-Regisseur, doch der war über seinen Sieg im Januar sichtlich überrascht. „Ich habe nichts vorbereitet. Offen gesagt, ich dachte, dass Kathryn gewinnt“, stotterte er auf der Bühne. „Sie hätte es verdient“. Dann steckte sie als erste Frau die Top-Trophäe des US-Regisseurverbandes „Directors Guild of America“ ein und räumte bei der Verleihung der britischen Bafta-Filmpreise mit „The Hurt Locker“ gleich sechs Auszeichnungen ab – ebenso viele wie bei den Oscars.

Leer ging "Avatar" allerdings auch bei den Oscar nicht aus. Der Film bekam eine Auszeichnung für die beste Ausstattung, zudem noch für die Kameraführung von Mauro Fiore sowie für Spezialeffekte.

Die deutsche Oscar-Hoffnung, „Das weiße Band“ von Regisseur Michael Haneke, blieb allerdings ungekrönt. Die Trophäe für den „besten nicht-englischsprachigen Film“ holte „El Secreto de Sus Ojos“ aus Argentinien. Der deutsche Beitrag, ein Schwarz-Weiß-Drama über die repressive Gesellschaft kurz vor dem Ersten Weltkrieg, war als Favorit ins Rennen gegangen und hatte zuvor zahlreiche internationale Auszeichnungen gewonnen.

Den Oscar als beste Schauspielerin und bester Schauspieler gewannen Sandra Bullock und Jeff Bridges. Bullock erhielt den Preis für ihre Darstellung einer Mutter in dem Kassenschlager „The Blind Side“. Es war das erste Mal in ihrer langen Karriere, dass die 45-Jährige den Oscar gewann. „Habe ich den Preis wirklich verdient, oder habe ich Euch einfach nur lange genug zermürbt?“, fragte die Schauspielerin scherzhaft ins Publikum.

Der 60-jährige Bridges erhielt die goldenen Statue für seine Rolle als abgehalfterter Country-Sänger in dem Film „Crazy Heart“. Bridges, der bei seiner fünften Nominierung zum ersten Mal gewann, war überwältigt und bedankte sich überschwänglich – erst bei seine Eltern, dann bei seiner Familie und natürlich bei dem Filmteam. Die britische Schauspielerin Kate Winslet überreichte ihm den Oscar. Sie hatte die Trophäe im vergangenen Jahr für ihre Rolle in „Der Vorleser“ gewonnen.