Härter, kürzer und rasanter als “Casino Royale“, aber nicht zwingend besser: Der neue James-Bond-Film “Ein Quantum Trost“ präsentiert Daniel Craig in einem atemberaubenden Action-Feuerwerk. Aber wird der Held seinem Image überhaupt noch gerecht?

Härter, kürzer und rasanter als "Casino Royale", aber nicht zwingend besser: Der neue James-Bond-Film "Ein Quantum Trost" präsentiert Daniel Craig in einem atemberaubenden Action-Feuerwerk. Aber wird der Held seinem Image überhaupt noch gerecht?

Am Ende von "Casino Royale" hatte James Bond endlich seinen Gegenspieler Mr. White gestellt. Kalt lächelnd, die Maschinenpistole im Anschlag, stellt er sich vor: "Mein Name ist Bond, James Bond". Abspann.

Der neue Bond

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Und vorweggenommener Auftakt zum nächsten 007-Abenteuer "Ein Quantum Trost", das gestern in London Premiere feierte und den Weg von "Casino Royale" konsequent weitergeht, die Doppelnull-Serie neu zu erfinden. Aus dem charmanten, selbstironischen Salonlöwen, wie ihn noch Pierce Brosnan verkörperte, ist in der Interpretation von Daniel Craig endgültig ein von Zweifeln und Rachsucht geplagter einsamer Wolf geworden, der keine Mittel scheut, um mehr über Mr. White (Jesper Christensen) und seine Geheimorganisation "Quantum" zu erfahren, deren langer Arm bis in die Spitzen von Politik, Gesellschaft und Geheimdienst reicht. Gleich zu Beginn von Daniel Craigs zweitem Auftritt im Geheimdienst Ihrer Majestät rast Bonds Aston Martin mit Mr. White im Kofferraum durch die toskanischen Straßen Sienas, um ihn bei Chefin "M" (Judi Dench) abzuliefern und zu verhören - auch um mehr über den Tod von Bonds Geliebter Vesper Lynd (Eva Green) aus "Casino Royale" herauszufinden. Doch White entkommt mithilfe eines MI6-Maulwurfs, und 007 verfolgt seine Spur nach Haiti, die zum schmierigen Öko-Tycoon Dominic Greene (Mathieu Amalric) führt ... "Seine Tage des Nachfragens sind gezählt, sein Kampf aber geht weiter", sang Tom Jones 1965 im Titelsong zu "Feuerball" und nahm den Ansatz von Regisseur Marc Forster und Drehbuchschreiber Paul Haggis für "Ein Quantum Trost" vorweg. Bond stellt keine Fragen mehr, beschränkt sich textlich auf Einzeiler und kämpft getrieben

von äußeren Umständen, die Forster präsentiert wie ein Gladiatorenspektakel: Eine prächtige Kulisse folgt der nächsten für Martinis ("sechs davon") und brutale Spiele. Atemberaubende Verfolgungsjagden zu Lande, zu Wasser und in der Luft machen den Großteil des mit 106 Minuten kürzesten aller Bondfilme aus.

Rasante Schnitte und schwindelerregende Stunts setzen den Zuschauer unter Hochdruck und stellen in dieser Hinsicht alle Vorgänger in den Schatten - und Daniel Craig spielt erneut mit beängstigender Dynamik einen Instinktmenschen ohne Regeln, ohne Vorbehalte und Hemmungen. Aber Bonds Intuition und Fähigkeiten reichen nur zum Überleben, mit jedem Sieg über seine Gegner treibt er nur weiter in einen Strudel der Verzweiflung, während sein einziger Schutzschild aus herber Männlichkeit und Kaltblütigkeit ebenso zusammenbricht wie das Netzwerk seiner Freunde und Helfer.

Und doch erreicht der Film nicht die Spannung von "Casino Royale", der in seinen besten Momenten eher einem Kammerspiel glich und den Nebenrollen vom Bösewicht bis zum Bondgirl mehr Platz zur Entfaltung ließ als die Fortsetzung. Fans der alten Bondfilme werden auch weiterhin die beliebten Zitate aus vier Jahrzehnten vermissen. Die Szene, in der eine Agentin mit glänzendem Rohöl übergossen in der gleichen Pose tot auf dem Hotelbett liegt wie 1964 die vergoldete Shirley Eaton in "Goldfinger", ist die einzige offensichtliche Verbeugung vor frühen Zeiten.

Nur Insider dürften eine gut versteckte Anspielung auf "Der Spion, der mich liebte" (1977) oder Bonds seit zehn Jahren nicht mehr benutzte Walther-PPK-Pistole entdecken. Ist "Ein Quantum Trost" also nur ein actionreicher Rachefeldzug ohne bemerkenswerte Handlung, ein neuer "Lizenz zum Töten" (1989, der Tiefpunkt)? Nein. "Casino Royale" bot ungewohnte Blicke auf Bond, gewitztere Dialoge, den Reiz des Neuen und das bessere Gesamtpaket von den Darstellern bis zum Titelsong. Aber alleine die vorzügliche, auf der Bregenzer Seebühne gefilmte Komposition von Oper und Schusswechsel zeigt, dass die 007-Macher immer noch das Talent für Momente haben, von denen noch in Jahren gesprochen werden wird. Das Psychogramm Bonds ist in "Ein Quantum Trost" ein reines Psychogramm der Tat, nicht der Worte, aber dadurch nicht weniger intensiv.

Und: Obwohl sich Craig weiter vom alten "O James!" entfernt hat, kaum noch Girls vernascht und sich jedem gesunden Menschenverstand widersetzt, sind sich Bond und Kinobesucher am Ende vielleicht näher denn je.

Nach allen Verfolgungsjagden und Prügeleien hat 007 so gut wie nichts erreicht, ist dem Phantom "Quantum" nur einen winzigen Schritt näher gekommen. Wir fühlen mit, sind wie er erschöpft, verletzt, ratlos. Halten kurz inne. Und wollen, nein, müssen weiter zum nächsten Teil. Wir sind wieder am Abspann angelangt, der erneut Teil des kommenden Vorspanns ist. Das macht den Film ein Quantum trostlos. Aber gut.

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