Aserbaidschan gewinnt den Eurovision Song Contest. Das Duo Ell/Nikki ist überglücklich über den Sieg und wird vom Kaukasusstaat gefeiert.

Düsseldorf/Baku/Moskau. Jubelstimmung in Aserbaidschan: Es war erst die vierte Teilnahme der Südkaukasusrepublik beim Eurovision Song Contest, und schon darf das Duo Ell/Nikki mit dem ersten Platz nach Hause zurückkehren. Nach dem Grand-Prix-Sieg hat Aserbaidschan einen Eurovision Song Contest (ESC) auf höchstem Niveau für 2012 versprochen. Der Gewinn des Duos in Düsseldorf sei auch ein Erfolg für Aserbaidschan und sein Volk, sagte Präsident Ilcham Alijew nach Angaben seiner Internetseite. Der autoritär regierende Staatschef empfing die vor überglücklichen Grand-Prix-Sieger am Montag in der Hauptstadt Baku. In der islamisch geprägten Ex-Sowjetrepublik dürfte das Lied „Running Scared“ nun fast jedem als Ohrwurm auf den Lippen liegen.

In der deutschen Online-Hitparade der Grand-Prix-Songs liegt das Siegerlied allerdings nur auf Platz fünf. An der Spitze der Download-Verkaufscharts vom Wochenende stehen die irischen Zwillinge Jedward mit ihrer wilden „Lipstick“-Nummer vor der britischen Boyband Blue mit „I Can“ und Lena mit „Taken By A Stranger“. Platz vier noch vor Aserbaidschan belegt die dänische Band A Friend in London mit „New Tomorrow“, wie das Marktforschungsunternehmen Media Control mitteilte.

Der nächste Eurovision Song Contest wird vermutlich am 26. Mai 2012 in Baku über die Bühne gehen – und das mitten in der Nacht, damit sich für die Fernsehzuschauer in Mitteleuropa nichts ändert. Das vorderasiatische Aserbaidschan liegt in einer Zeitzone drei Stunden vor der Mitteleuropas. Dort ist es also zum traditionellen Finalbeginn um 21.00 Uhr MESZ bereits Mitternacht. „Die traditionelle Anfangszeit des Eurovision Song Contest ist 21 Uhr MESZ und die Shows sind immer für diesen Zeitpunkt produziert worden. Es gibt keine Pläne, dies zu ändern“, sagte ein Sprecher der Europäischen Rundfunkunion (EBU) auf dpa-Anfrage. Die Punktevergabe mit der Entscheidung ist in Baku voraussichtlich also erst zwischen 2.00 Uhr und 3.00 Uhr morgens.

Für Aserbaidschan gilt der erste ESC als große kulturelle und politische Herausforderung. Schwule und Lesben, eine große Fangemeinde beim ESC, haben in dem Staat, der an den Iran grenzt, traditionell einen schweren Stand. Menschenrechtler werfen den Behörden zudem Unterdrückung von Andersdenkenden und Medien vor.

Überraschungssieg des Duos Ell/Nikki

Das Duo Ell/Nikki hat mit ihrem romantischen Song „Running Scared“ überraschend den Eurovision Song Contest 2011 in Düsseldorf gewonnen. MIt vielen Punkten Vorsprung hängten sie die Konkurrenz ab. Gegenüber der Nachrichtenagentur dapd sagte Nigar "Nikki“ Jamal: "Für mich ist ein Traum wahr geworden. Noch vor ein paar Monaten war ich eine Hausfrau, und jetzt bin ich die Gewinnerin des Eurovision Song Contests. Die Musik war schon immer meine Leidenschaft und ich kann mir keinen schöneren Weg vorstellen als diesen jetzt, um zu meiner Musikkarriere zurückzukehren." Auch Eldar "Ell“ Gasimov ist überglücklich: "Wir sind all unseren Fans so dankbar und jedem, der uns unterstützt hat. Selbstverständlich wird dieser Sieg vieles verändern. Für meine Karriere als Sänger ist er der ideale Start. Aber wir stehen erst am Anfang. Wir müssen jetzt hart weiterarbeiten, um zu zeigen, dass wir diesen Sieg verdient haben und hoffentlich noch größere Erfolge erzielen." Bei ihrer Ankunft in Aserbaidschan wurden die beiden Gewinner mit großem Jubel empfangen.

Lesen Sie dazu auch den Abendblatt-Artikel:

Ein Abend voller Gewinner: Lena belegt zehnten Platz

Der Grand-Prix-Abend war auch in diesem Jahr wieder ein voller Erfolg mit vielen Siegern: Aserbaidschan gewinnt zum ersten Mal den Contest, die ARD kann sich über eine Spitzen-Quote freuen, Anke Engelke (45) ist der TV-Star des Kontinents und Stefan Raab (44) hat wieder mal fast alles richtig gemacht. Auch Lena, die im Vorjahr den Eurovision Song Contest gewann, scheint zufrieden, vor allem aber erleichtert zu sein. Sie belegte diesmal den zehten Platz. „Ich fühl mich wie auf Wolke 2000. Von mir fällt ein Riesenstein“, sagte sie nach der dreistündigen Show am Sonnabendabend in Düsseldorf. „Es geht mir fantastisch“ Fazit: Mission Titelverteidigung nicht geglückt, aber Deutschland gut vertreten.

+++Hamburg feiert Lena und den ESC auf dem Kiez+++

In Hamburg wurde der Eurovision Song Contest wieder wild gefeiert. Mehrere Tausend Fans verfolgten auf dem Spielbudenplatz den Wettbewerb. Kaum hatte die Punktevergabe der 43 Teilnehmerländer begonnen, stand Ina Müller auf der Bühne bereit und wartete auf ihren Einsatz. „Hamburg is flipping out!“, rief sie ihrer Kollegin und ESC-Moderatorin Anke Engelke in Düsseldorf über das Mikrofon zu - jubelnde und Deutschland-Fähnchen schwenkende Hamburger auf dem diesmal nur für 5000 Besucher zugelassenen Platz im Hintergrund.

Auch Stefan Raab kann sich wieder als Gewinner fühlen: Zwar belegte Lena nicht den ersten Platz beim ESC, dafür kommt ihr Album jedoch sehr gut an. Und ihr Auftritt? Viele waren begeistert. Sie schaute verrucht in die Kamera, hauchte mystisch „Taken By A Stranger“ und wirkte so schrecklich erwachsen. No more Göre, Lena? Noch einmal hängt ihr die ganze Grand-Prix-Nation an den Lippen. Als sie sich drei Minuten später tief vor den 36 000 Zuschauern in der Halle verneigt und die Bühne verlässt, ist das so etwas wie ein Abgang. Es könnte ihr letzter ganz großer Auftritt gewesen sein.

+++Die Ergänzung zum Fernsehbild: Das war die Live-Kritik auf abendblatt.de+++

Berti Vogts: In Aserbaidschan kann man sich wohlfühlen

Berti Vogts (64), derzeit Trainer der aserbaidschanischen Fußball-Nationalmannschaft, hält das Land als Grand-Prix-Gastgeber für bestens geeignet. Das gelte besonders für die offene und junge Hauptstadt Baku mit ihren vier Millionen Einwohnern, sagte der ehemalige deutsche Nationalspieler und -trainer am Sonntag der Nachrichtenagentur dpa. „Baku ist eine europäische Stadt, wo schon in den nächsten drei, vier Wochen der Song Contest stattfinden könnte. Es ist eine moderne Stadt, zu vergleichen mit einer italienischen Stadt vom Flair her.“ Vor allem im Sommer sitze man draußen in der Sonne, genieße die gute Küche und das Meer. Viele junge Leute sprächen auch Englisch. Der Eurovision Song Contest biete dem Land nun eine einmalige Chance, sich einer großen Öffentlichkeit zu präsentieren.

(Mit Material von dpa)