Der Druck auf die deutsche Schau in China wächst. Der Außenminister lehnt einen Abbruch ab, zeigt sich aber mit Künstler Ai Weiwei solidarisch.

Berlin. Auch knapp einen Monat nach Eröffnung der deutschen Schau zur „Kunst der Aufklärung“ in Peking reißt in Deutschland die Diskussion über die Kulturbeziehungen zu China nicht ab. Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) forderte am Freitag eine öffentliche Debatte über einen vorzeitigen Abbruch der Ausstellung als Zeichen des Protests gegen die Verschleppung des regimekritischen Künstlers Ai Weiwei am 3. April.

Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) wollte am Nachmittag demonstrativ an einer Ausstellungseröffnung mit Werken von Ai Weiwei in Berlin teilnehmen. Der PEN Deutschland und das unabhängige chinesische PEN-Zentrum warnten vor einer weiteren Kulturkooperation mit China. Die Präsentation wurde mit 6,6 Millionen Euro vom Bund finanziert.

Man dürfe die Option einer vorzeitigen Schließung der Schau im Pekinger Nationalmuseum nicht von vornherein ausschließen, sagte Lammert im RBB-Inforadio. Die Festnahme Ais nur zwei Tage nach Eröffnung der Ausstellung sei eine „demonstrative Brüskierung“ der Initiatoren gewesen. Damit werde auch der Aufklärungsgedanke der Ausstellung konterkariert.

Ai Weiwei war kurz nach dem Abflug der deutschen Delegation, darunter Westerwelle, auf dem Pekinger Flughafen festgenommen worden. Der documenta-Künstler sollte an diesem Freitag in der Berliner Galerie Neugerriemschneider eigene Werke präsentieren. Seit seiner Verschleppung gibt es keine Informationen über den Verbleib des Künstlers. An der Eröffnung wollte neben Westerwelle auch Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) teilnehmen.

Wie zuvor Kulturstaatsminister Bernd Neumann (CDU) kritisierte auch Lammert die Museumsdirektoren aus Berlin, München und Dresden als Initiatoren der Pekinger Ausstellung. Er habe die Sorge, dass es entweder „ein hohes Maß an Naivität“ gegeben habe oder dass die chinesischen Verantwortlichen „nicht belastbare Zusagen“ gegeben hätten, von denen sie sich nun „in einer bedenklichen Weise freimachen“.

Westerwelle hatte einen Abbruch abgelehnt. Eine Schließung käme einem Verbot gleich und würde die freiheitlichen Strömungen in China schwächen. Damit würden viele hunderttausend Menschen keine Möglichkeit mehr haben, sich mit der Geistesgeschichte der Aufklärung zu befassen, sagte der Minister dem „Tagesspiegel“.

Auch die CDU-Kulturexpertin Monika Grütters sprach sich für eine Fortsetzung aus. Die Verschleppung Ais sei zwar eine Provokation gewesen, sagte die Vorsitzende des Bundestagskulturausschusses der Nachrichtenagentur dpa. „Eine Schließung würde aber keinen chinesischen Funktionär beeindrucken und nicht zur Freilassung von Ai Weiwei führen, sondern vor allem das deutsche Gewissen beruhigen“, sagte sie.

Die PEN-Autorenverbände verzichteten in einem Brief an Kanzlerin Angela Merkel (CDU) darauf, für die Schließung der Ausstellung zu plädieren. Dafür sei der PEN nicht „das geeignete Organ“, heißt es in einer Mitteilung. Die vom inhaftierten Regimekritiker Liu Xiaobo mitverfasste „charta 08“ sei aber als Dokument moderner chinesischer Aufklärung angemessener als die historische Schau aus Deutschland.